Frage an Eberhard Gienger bezüglich Soziale Sicherung

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Eberhard Gienger
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Frage von W. G. •

Frage an Eberhard Gienger von W. G. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Gienger,

ich bin Wähler in Ihrem Wahlbezirk und habe folgende Fragen an Sie:

Wir Bürger zahlen fleißig in die Rentenkasse ein. Um den Lebensstandard im Ruhestand aufrecht zu erhalten sollen wir uns zusätzlich privat versichern. Wieso zahlen die Politiker und Beamte keinen Cent in die Rentenkasse ein? Allein für Pensionen der Politiker und Beamte muss der Steuerzahler jährlich 24,8 Mrd. Euro aufbringen. Finden Sie diese Regelung gerecht?

Politiker- und Beamtenkinder bekommen im Durchschnitt 45,- Euro mehr Kindergeld im Monat. Wieso denn?

Warum zahlen Politiker und Beamte keinen Cent in die Arbeitslosenversicherung?

Beamte bekommen z.B. bei Versicherungen Beamtenrabatte. Warum gibt es diese Vorteile?

Alle diese Fakten halte ich für eine soziale Ungerechtigkeit. Bevor ich Anderen was weg nehme oder zusätzlich zur Kasse bitte sollten die Politiker was dazu beitragen um den Misstand zu verbessern, oder was meinen Sie dazu?

Gruß

W. Glock

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CDU

Sehr geehrter Herr Glock,

Eine Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung wäre nur dann sinnvoll, wenn auf diese Weise die langfristigen Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung deutlich gemildert werden könnten. Nach einer Ende 2001 veröffentlichten Studie für die Hans-Böckler-Stiftung ist aber das genaue Gegenteil zu erwarten. Danach könnte der Rentenbeitrag zwar zunächst gesenkt werden. Dies wäre aber ein reiner Pyrrhussieg. Denn langfristig müsste mit einem vergleichsweise stärkeren Anstieg des Beitragssatzes gerechnet werden. Das liegt daran, dass sich jede Ausweitung des Versichertenkreises in der Rentenversicherung zeitversetzt auch in höheren Leistungsverpflichtungen niederschlägt. Bei einer Einbeziehung der Beamten in die Rentenversicherung ist langfristig sogar mit einer finanziellen Mehrbelastung der Rentenversicherung zu rechnen. Dies hängt mit der Altersstruktur der Beamten zusammen. Die Zahl der aktiven Beamten geht im Laufe der Zeit zurück, die Versorgungslasten für die pensionierten Beamten bleiben aber weiter bestehen. Vor diesem Hintergrund kommt auch die Enquête-Kommission „Demographischer Wandel“ in ihrem fraktionsübergreifend verabschiedeten Schlussbericht vom 28.3.2002 zu dem Ergebnis, dass sich im Falle der Einbeziehung der Beamten mittel- bis langfristig sogar eine zusätzliche Belastung der Rentenversicherung ergäbe, die über die Auswirkungen der allgemeinen demographischen Entwicklung hinausginge.
Mit der Einbeziehung der Beamten in die Rentenversicherung sind erhebliche Übergangsprobleme verbunden, die in der öffentlichen Diskussion bisher nahezu völlig ausgeblendet werden. Die heutigen Bruttogehälter der Beamten liegen in etwa in Höhe der Sozialversicherungsbeiträge unter den Bezügen, die Rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer für vergleichbare Funktionen erhalten. Diese „ersparten Sozialversicherungsbeiträge“ dienen über das allgemeine Steueraufkommen mittelbar der Finanzierung der Altersbezüge der ausgeschiedenen Beamten. Eine Einbeziehung der aktiven Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung hätte zur Folge, dass Bund, Länder und Gemeinden für die aktiven Beamten den Arbeitgeberbeitrag von künftig 9,75% an die Rentenkasse abführen müssten. Nach Aussage der Bundesregierung würde durch die Zahlung des Arbeitgeberbeitrages auf Bund, Länder und Gemeinden eine finanzielle Belastung in zweistelliger Milliardenhöhe zukommen. Allein der Bund würde mit rd. 1 Mrd. Euro jährlich belastet. Für die Länder und Gemeinden würden Kosten in Höhe von rd. 6 Mrd. Euro jährlich entstehen. Hinzu käme die Arbeitgeberumlage zur Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, die beim Bund mit rd. 700 Mio. Euro und bei den Ländern und Gemeinden mit rd. 4 Mrd. Euro zu veranschlagen sein dürfte. Will man eine betragsgleiche Gehaltskürzung der Beamten vermeiden, wäre sogar eine Zahlung des vollen Rentenbeitrages von 19,5% erforderlich. Daneben hätten die Gebietskörperschaften weiter für die Versorgung der ausgeschiedenen Beamten aufzukommen. Für den Zeitraum einer Generation hätten sie damit eine doppelte Last zu tragen. Das ist angesichts der derzeitigen und der sich mittel- bis langfristig abzeichnenden dramatischen Finanzlage der öffentlichen Haushalte faktisch ausgeschlossen. Falls deshalb die Finanzierung der laufenden Pensionsansprüche nicht vom Steuerzahler getragen werden sollte, müsste sie von den Beitragszahlern übernommen werden. Die einnahmeseitigen Vorteile der gesetzlichen Rentenversicherung wären dann aber durch die Übernahme der bestehenden Pensionslasten sogleich wieder zunichte gemacht. Die vorgenannten Gründe machen deutlich, dass die finanziellen Probleme der Rentenversicherung bei einer Einbeziehung der Beamten deutlich verschärft würden. Aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit ist es allerdings erforderlich, dass Änderungen im Leistungsbereich der gesetzlichen Rente (z.B. Rentenanpassung, Eintrittsalter) wirkungsgleich auf alle öffentlichen Alterssicherungssysteme, insbesondere auch auf die Beamtenversorgung übertragen werden. Dies ist sinnvoller als eine Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung.

Wie Sie wissen, sind Abgeordnete nach gegenwärtiger Rechtslage nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen, sondern erhalten von staatlicher Seite eine Altersversorgung für den Zeitraum ihrer parlamentarischen Tätigkeit.
Mit Erreichen des 65. Lebensjahres haben ehemalige Abgeordnete Anspruch auf Altersversorgung nach § 19 des Abgeordnetengesetzes. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sie acht Jahre dem Bundestag angehört haben. Der Anspruch auf Altersentschädigung kann mit jedem über eine Mitgliedschaft von acht Jahren hinausgehenden Jahr auch ein Jahr früher geltend gemacht werden, maximal jedoch ab der Vollendung des 55. Lebensjahres.)
Mit dieser Regelung soll – entsprechend dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Angemessenheit der Abgeordnetenentschädigung (Art. 48 Abs. 3 Grundgesetz) – sichergestellt werden, dass die Abgeordneten sich während ihrer Mandatszeit vollständig ihrem politischen Auftrag widmen können und für diesen Zeitraum auch keine Sorge um ihre Altersversorgung machen müssen.
Die Höhe der Entschädigung beträgt nach geltendem Recht für jedes Jahr der Mitgliedschaft im Bundestag 3 % der Abgeordnetenentschädigung, maximal 69 %. Ein Abgeordneter hat also erst nach 23 Jahren den Höchstanspruch auf eine Versorgung erreicht. Abgeordnete, die weniger als acht Jahre dem Bundestag angehört und damit keinen Anspruch auf eine eigenständige Versorgung erworben haben, erhalten stattdessen eine Versorgungsabfindung oder können die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung beantragen.
Dieses Modell der öffentlich-rechtlichen Altersversorgung ist ursprünglich gewählt worden, weil es die typische und für alle anderen öffentlichen Ämter in der Bundesrepublik ebenfalls eingeführte Versorgungsform ist. Ich kann mir auch ein Modell vorstellen, dass Abgeordnete vollständig selbst für ihre Alterversorgung aufkommen. Dazu wäre allerdings eine deutliche Diätenerhöhung notwendig. Deshalb halte ich eine solche Umstellung zur Zeit nicht für durchsetzbar.

Einen höheres Kndergeld gibt es weder für Beamte oder Politiker.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Eberhard Gienger