Frage an Eberhard Gienger bezüglich Gesundheit

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Eberhard Gienger
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Frage von Armin Frankenhauser, D. •

Frage an Eberhard Gienger von Armin Frankenhauser, D. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Gienger,

Sie haben der Gesundheitsreform letztes Jahr zugestimmt. Die FAZ titelt am 8.3.09: "Arme Ärzte, arme Patienten". Hier ist treffend das Chaos beschrieben, welches mit Inkrafttreten der Vergütungsreform ab 1.1.09 eingetreten ist. Ich hoffe, Sie akzeptieren die FAZ als seriöse Informationsquelle und stellen sich dem geäusserten Vorwurf: " Wir hatten, bemerkt Hans R. Schön über Deutschland, „in der Welt das beste Gesundheitssystem, das jetzt systematisch kaputtgespart wird.“ -
Die ambulante gesetzliche Krankenversorgung funktioniert nur noch durch die Quersubventionierung durch die private Krankenversicherung. Wie stehen Sie zu Ihrer Verantwortung für die Situation in Baden-Württemberg.

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Sehr geehrter Herr Dr. Frankenhauser,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 08.03.2009.

Ich sehe die FAZ durchaus als seriöse Informationsquelle, kann Ihr Zitat aus einem Bericht jedoch so nicht stehen lassen.

Sie und andere niedergelassene Ärzte aus unserer Region berichten, dass Sie durch die Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung zum Regelleistungsvolumen deutliche Einnahmeverluste hätten. Diese Mitteilungen und die öffentliche Diskussion führen zu einer großen Verunsicherung der Betroffenen und ihrer Patienten. Ihre Sorgen und Ängste nehme ich sehr ernst. Es ist sehr wichtig für mich, über die ärztliche Honorarreform und ihre Auswirkungen sachlich zu informieren und damit zu mehr Transparenz beizutragen. Mir ist es ein großes Anliegen, dass wir hier weiterhin wohnortnahe über eine qualitativ hochwertige Versorgung mit niedergelassenen, freiberuflich tätigen Ärzten und Fachärzten verfügen, die gerne und unter für sie guten und verlässlichen Bedingungen ihre Patienten in der Praxis versorgen können.

Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz hat der Gesetzgeber den gesetzlichen Rahmen für ein neues ärztliches Vergütungssystem geschaffen und damit langjährige Forderungen der Ärzteschaft umgesetzt: Die Budgetierung der ärztlichen Honorare ist beendet und die vertragsärztlichen Leistungen werden seit dem 1. Januar 2009 grundsätzlich mit festen Preisen einer nach haus- und fachärztlichen Leistung getrennt ausgestalteten regionalen Eurogebührenordnung vergütet. Damit die finanzielle Lage der Ärzteschaft insgesamt verbessert und ein Absinken der Honorarsituation in Baden-Württemberg in Folge der Bundeseinheitlichkeit der Vergütung vermieden werden kann, wurde insbesondere auf Betreiben der Union das Gesamtvolumen der ärztlichen Vergütung im Vergleich 2007/2009 um mehr als 3 Mrd. Euro angehoben. Die Berechnungen des Instituts der Gemeinsamen Selbstverwaltung zum Ende des letzten Jahres belegen dies und prognostizieren für Baden-Württemberg ein Plus von 2,5 % gegenüber 2007 und ein Plus von 1,7 % gegenüber 2008.

Die weitere Ausgestaltung der ärztlichen Honorarreform ist Aufgabe der gemeinsamen Selbstverwaltung, d. h. von Ärzten und Krankenkassen. Dazu gehört insbesondere auch die Honorarverteilung. Auf Bundesebene hat der Bewertungsausschuss Beschlüsse gefasst, die auf der regionalen Ebene von den Kassenärztlichen Vereinigungen und deren regionalen Vertragspartnern auf Kassenseite konkretisiert werden. Dabei haben sie Gestaltungsraum zur Abbildung regionaler Besonderheiten durch zusätzliche regionale Zuschläge, die sich positiv auf das ärztliche Honorar auswirken können.

Nachdem Ihre Schilderungen aus der Praxis in weiten Teilen nicht mit den Berechnungen der Gemeinsamen Selbstverwaltung, die uns vorlagen, übereinstimmen, hat meine Kollegin Annette Widmann-Mauz als gesundheitspolitische Sprecherin meiner Fraktion die Klärung der offenen Fragen und Transparenz über die Arbeit der Gemeinsamen Selbstverwaltung eingefordert. Dazu hatte sie in den letzten Wochen zahlreiche Gespräche mit Vorständen der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, sowie der Leitungsebene des Bundesgesundheitsministeriums geführt.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung stellt fest, dass das "gesetzliche Instrumentarium, das die Politik mit der jüngsten Honorarreform entwickelt hat, in enger Abstimmung mit der KBV entstanden ist. Damit lassen sich alte Forderungen der Ärzteschaft realisieren. Dazu zählen feste Preise bei der vertragsärztlichen Vergütung, die Abschaffung der Budgetierung in der bisherigen Form und die deutliche Aufstockung des gesamten Honorarvolumens". Zu den Honorarbescheiden, die die niedergelassenen Ärzte über die Regelleistungsvolumina (RLV) Anfang des Jahres erhalten haben, stellt die KBV fest: "Das RLV ist für manche Ärzte die größte, aber nicht die einzige Einnahmequelle. Hinzu kommen Honorare für Leistungen, die außerhalb der Gesamtvergütung, bezahlt werden. Zusätzlich zu berücksichtigen sind außerdem qualitätsgebundene Zuschläge und abgestaffelt zu vergütende Leistungen."

Auf Bundesebene liegen, nach Auskunft des Gesundheitsministeriums, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen, noch keine vollständigen Daten über die konkreten Auswirkungen in den einzelnen Bundesländern vor. Von daher sind gesicherte Aussagen dazu derzeit noch nicht möglich. Die Quartalsabrechnung für das erste Quartal 2009 wird, wie bisher auch, frühestens im Mai dieses Jahres vorliegen. Über diese Tatsachen hat die gemeinsame Selbstverwaltung zu informieren und die erforderliche Transparenz, auch gegenüber der Öffentlichkeit, herzustellen. Nach aktuellen Berechnungen der KBV und der KV - und nur diese stehen der Politik zur Verfügung - kann für Baden-Württemberg im Vergleich der Jahre 2007 und 2009 ein Honorarplus von 2,5 % realisiert werden. Im Vergleich 2007 zu 2008 war die Steigerungsrate der Gesamtvergütung 6,2 %; dagegen wird hochgerechnet, dass 2009 gegenüber 2008 die Veränderung -3,6 % betragen wird. Was das für den einzelnen niedergelassenen Arzt in Baden-Württemberg bedeutet, d. h. die konkreten und vollständigen Zahlen für jede Arztpraxis, wird sich erst mit den ersten Quartalsabrechnungen herausstellen.

Die gemeinsame Selbstverwaltung kann, nach Aussage der KBV, "auf der Grundlage der bestehenden Rechtslage die noch ausstehenden Probleme in der Selbstverwaltung mit den Krankenkassen selbst lösen, ohne, dass Gesetzgeber oder Politik eingreifen müssen." Dies betrifft insbesondere Regelungen zur Vergütung zwischen den Arztgruppen und innerhalb der Arztgruppen und zu den abgestaffelten und zusätzlichen Leistungen außerhalb des Regelleistungsvolumens. Dies betrifft ebenso die generellen bzw. spezifischen Vorwegabzüge in den Fachbereichen.

Die Politik - und ich ganz persönlich - fordern die gemeinsame Selbstverwaltung sowohl im Gemeinsamen Bewertungsausschuss als auch auf der Ebene der Kassenärztlichen Vereinigungen auf, den eindeutigen politischen Willen umzusetzen, dass das zusätzliche Honorarvolumen von mehr als 3 Mrd. Euro auch tatsächlich realisiert wird und in der ärztlichen Honorierung ankommt. Das bedeutet für mich auch, dass es für alle Regionen, auch für Baden-Württemberg, in 2009 gegenüber 2008 ein Honorarplus oder zumindest ein gleiches Honorarvolumen geben muss.

Ich hoffe, dass es bald zu entsprechenden Beschlüssen im Bewertungsausschuss kommen wird. In den vergangenen Wochen hatte ich mit Kollegen von Ihnen Gespräche in Bietigheim und ich bin auch gerne bereit mit Ihnen ein Gespräch zu führen. Bitte wenden Sie sich dazu an mein Wahlkreisbüro in Bietigheim-Bissingen eberhard.gienger@wk.bundestag.de

Mit freundlichen Grüßen

Eberhard Gienger MdB