Sehr geehrter Herr C.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Wir als Grüne sind davon überzeugt, dass alle mit Regierungsverantwortung jetzt mit voller Konzentration dafür sorgen müssen, unser Gesundheitswesen im Alltag und für die nächste Gesundheitskrise besser aufzustellen. 

Um dies zu gewährleisten, mangelt es der Gesundheitspolitik unserer Einschätzung nach allerdings nicht an Erkenntnissen aus der Pandemie, sondern eher an einem Umsetzungsdefizit. Dazu gehören beispielsweise Reformen zur Digitalisierung, dem Fachkräftemangel, der Krankenhausstruktur und der Nutzung von Gesundheitsdaten für die Forschung. Auch die Gesundheitskommunikation und der Umgang mit Fake News – beispielsweise zu Impfungen – gilt es zu überarbeiten. Dieser Prozess ist in vielen Bereichen bereits in vollem Gange. 

Ein Untersuchungsausschuss oder eine Enquete-Kommission sind für die benötigten Reformen jedoch kein geeignetes Format. Wir sind davon überzeugt, dass ein solcher monatelanger Aufarbeitungsprozess auf offener Bühne den gesellschaftlichen Heilungsprozess, den wir dringend brauchen, um Jahre verzögern und der AfD helfen würde, die gesellschaftliche Spaltung noch weiter zu vertiefen. Dass gewisse Maßnahmen rückblickend nicht in der stattgefundenen Härte nötig gewesen wären, wird von den Wenigsten bestritten. Dazu haben auch Gerichte, wie im Falle Bayerns in Bezug auf die Ausgangssperre, Urteile gefällt. Uns geht es darum, die Pandemieerfahrungen für tatsächliche Veränderungsprozesse zu nutzen, dies passiert wie beschrieben bereits. 

Zum Zeitpunkt der Entscheidung hat die Bundesregierung jedoch stets um Abwägung bemüht gehandelt und nicht leichtfertig Grundrechtseinschränkungen und wirtschaftliche Lasten in Kauf genommen. Grundlage der Entscheidungen waren die Expertise von mehreren Gremien wie zum Beispiel der Expert*innenkommission oder auch zahlreiche Anhörungen des Unterausschusses zur Covid-19-Pandemie. Diese verschiedenen Gremien haben gewährleistet, dass verschiedene Expert*innen angehört und in die Entscheidungsfindung einbezogen wurden sowie vorhandene Evidenz Grundlage der getroffenen Entscheidungen war. Das Ziel war es dabei immer, direkten (durch Erkrankung) und indirekten (durch Systemüberlastung und Versorgungseinschränkung) gesundheitlichen Schaden von der Bevölkerung abzuwenden. 

All das sind die Beweggründe, weshalb ich am 19.04.2023 bei der Abstimmung “Untersuchungsausschuss: Bekämpfung des Coronavirus nicht einsetzen” mit JA gestimmt habe.

Mit freundlichen Grüßen

Ekin Deligöz