Kann ich als Mitarbeiter der Caritas entlassen werden, wenn ich aus der Kirche austrete bzw. ausgetreten bin ?

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Ekin Deligöz
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Frage von Rolf B. •

Kann ich als Mitarbeiter der Caritas entlassen werden, wenn ich aus der Kirche austrete bzw. ausgetreten bin ?

Sehr geehrte Frau Deligös,
der Augsburger Allgemeinen Zeitung vom vergangenen Wochenende entnehme ich in einem halbseitigen Artikel, dass der Austritt aus der Kirche die Kündigung als Beschäftigte/r bei der Caritas haben kann bzw. wird und zwar auch dann, wenn der oder diejenige z.B. in der Altenpflege/Familien/Jugendbetreuung etc.
tätig ist !! Was unternehmen sie gegen diese Form der Diskriminierung ganzer Berufsschichten !?
Viele Grüße
Rolf B.

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Sehr geehrter Herr B.,

in dem von Ihnen beschriebenen Fall handelt es sich um eine individualarbeitsrechtliche Frage des sogenannten Dritten Weges. Einschlägig ist hier die Grundordnung des kirchlichen Dienstes in der Fassung vom 22. November 2022. Darin heißt es u.a., dass

"bei katholischen Mitarbeitenden ... der Austritt aus der katholischen Kirche in der Regel zu einer Beendigung des der Beschäftigung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses [führt]. Von einer Beendigung kann in diesem Fall ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls dies als unangemessen erscheinen lassen."

Die derzeitige Regelung räumt damit dem Arbeitgeber einen gewissen Spielraum ein, ob und welche Konsequenzen sich aus einem Kirchenaustritt nach Zustandekommen des Dienstverhältnisses ergeben. Verfassungsrechtlich führt sich das kirchliche Arbeitsrecht auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen zurück.

Wie Sie richtig anmerken, ist das kirchliche Arbeitsrecht allerdings anfällig für Diskriminierung. Wenngleich die aktuelle Fassung der Grundordnung insofern "fortschrittlich" ist, als dass das Privat- und besonders das Beziehungsleben nicht mehr sanktionierbar sind, besteht weiterhin die Gefahr, dass es zu unzulässiger Diskriminierung kommt. Vor diesem Hintergrund haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz reformieren wollen, um Schutzlücken zu schließen. Dies betrifft beispielsweise auch die Ausnahmen, die im AGG für Kirchen derzeit vorgesehen sind. Weiterhin wollen wir auch das kirchliche Kollektivarbeitsrecht reformieren. Der entsprechende Prozess beginnt nach der Sommerpause und ist im BMAS angesiedelt. Als Grüne setzen wir uns dafür ein, Diskriminierung in der Arbeitswelt wirksam entgegenzutreten. Eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ist uns daher ein wichtiges Anliegen. 

 

Mit freundlichen Grüßen

Ekin Deligöz

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