Frage an Feleknas Uca bezüglich Familie

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Feleknas Uca
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Frage an Feleknas Uca von uwe s. bezüglich Familie

Ich lebe in einer eheähnlichen Gemeinschaft und meine Partnerin erwartet ein Kind von mir.
Obwohl wir also juristisch gegenseitig Unterhaltspflichtig sind werden wir und unser gemeinsames Kind Steuerlich gegenüber einer Ehe benachteiligt.
Wie stehen Sie zu einer gleichstellung von Ehen und Eheähnlichen Gemeinschaften?

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schneider,

die individuelle Lebensgestaltung ist in Deutschland ein Grundrecht und mit dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes garantiert. Der soziale Wandel der letzten Jahrzehnte hat zu einer Pluralisierung der Lebensformen geführt, so dass heute etliche verschiedenartige Haushalts- und Familienstrukturen Realität sind. Nichteheliche Lebensgemeinschaften, Regenbogenfamilien und getrenntes Zusammenleben werden ebenso gelebt wie Patchworkfamilien, Einelternfamilien und klassische Kleinfamilien.

Dieser sozialen Wirklichkeit muss die Politik gerecht werden und Familie in einem offenen Begriff neu definieren. Für mich definiert sich Familie über Menschen, die zusammen leben und für einander Verantwortung übernehmen - egal ob verheiratet oder gleichgeschlechtlich orientiert. Ich fordere eine Politik, die jede Form des freiwilligen Zusammenlebens von Menschen unterstützt und fördert.

Unser derzeitiges Familienrecht wird der Realität nicht mehr gerecht, denn durch die fast ausschließliche Orientierung an der Ehe werden im Zusammenspiel von Familien-, Sozial- und Steuerrecht andere Lebensweisen benachteiligt: Für eheähnliche Gemeinschaften gibt es beispielsweise im Einkommensteuerrecht nicht die Möglichkeit der Zusammenveranlagung und die gemeinsame Adoption von Kindern ist ebenso wenig möglich wie die Nutzung von Freibeträgen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht. Solche Benachteiligungen lassen sich auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ebenso wenig aus dem Schutz- und Fördergebot der Ehe (Artikel 6 Abs. 1 GG) herleiten wie eine Pflicht, die Ehe stets mehr als andere Lebensgemeinschaften zu schützen.

Zudem darf sich die Gleichbehandlung nicht nur auf die Pflichten beschränken, die von der Bundesregierung mit den Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft des SGB II deutlich vorangetrieben wurden, so dass z.B. unverheiratete Paare mittlerweile unterhaltspflichtig und daher der Ehe vergleichbar sind. Vielmehr müssen im gleichen Zuge auch die Rechte bei der Gleichbehandlung berücksichtigt und angepasst werden.

Die Fraktion DIE LINKE hat am 27.04.2007 einen Antrag (BT -DRS 16/5184) in den Deutschen Bundestag eingebracht, in dem sie u.a. die Entwicklung eines Konzeptes fordert, nach dem der Vielfalt der Lebensweisen durch eine Entprivilegierung der Ehe und der Begründung neuer Gestaltungsmöglichkeiten für alle Lebensweisen Rechnung getragen werden kann. In der ersten BT-Beratung am 21.06.2007 wurde die Überweisung dieses Antrags in den Rechtsausschuss beschlossen.

Ich unterstütze meine Kolleginnen und Kollegen in der Bundestagsfraktion DIE LINKE ausdrücklich in ihrem Bestreben nach einer gerechten und sozialen Politik, die die Vielfalt der realen Lebensweisen berücksichtigt und deshalb die Ehe entprivilegiert. Die Gleichbehandlung von Ehe und eheähnlichen Gemeinschaften muss zu einer politisch fest verankerten Selbstverständlichkeit werden.

Mit dem "Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle 2007" will die Europäische Kommission den Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union ihre Rechte in Bezug auf Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung besser bewusst machen und sicherstellen, dass die europäischen Antidiskriminierungsbestimmungen angewandt und durchgesetzt werden. Ich begrüße diese Aktion und setze mich als Europaabgeordnete der Linksfraktion (GUE/NGL) für eine solidarische, tolerante und respektvolle Gesellschaft ein, in der Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Rasse oder ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Religion oder ihrer Weltanschauung, ihres Alters, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Ausrichtung oder einer Behinderung nicht geduldet werden. Unser Ziel ist ein friedliches und soziales Europa!

Mit freundlichen Grüßen

Feleknas Uca, MdEP