Frage an Franz-Josef Holzenkamp von Dagmar T. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Holzenkamp
Im Mai wurde der Zwischenbericht über dringend notwendige Verbesserungen der Lebenssituation Contergangeschädigter veröffentlicht, in welchem eklatante Versorgungsdefizite festgestellt wurden:
- Die in erhebl. Maß auftretenden, äußerst schmerzhaften Folgeschäden, die zu massiven Einschränkungen der Lebensqualität der Conterganopfer führen
- Die gravierende Benachteiligung bzgl. der Erwerbsbiografie (Viele sind schon jetzt voll erwerbsgemindert und erleiden allein hierdurch weit über die Conterganrente hinausgehende lebenslange finanzielle Nachteile)
- Die gängige Nicht-/Unterversorgung von Contergangeschädigten mit Heil-/Hilfsmitteln, zahn-/medizinischen und therapeutischen Maßnahmen
Ich selber bin ebenfalls betroffen. Noch arbeite ich, aber auch ich werde nicht das Renteneingangsalter erreichen und muss mit dramatischen Rentenabschlägen rechnen!
Ein hoher Preis, den ich neben körperl. Einschränkungen und tägl. Schmerzen dafür zahle, dass es gem. BVerfG dem Gesetzgeber obliegt darüber zu wachen, dass die Leistungen der übernommenen Verantwortung gerecht werden.
Stattdessen werde ich ständig auf meine anrechnungsfreie Conterganrente verwiesen, um schädigungsbed. Defizite zu finanzieren. Dabei bringe ich bereits jetzt neben der Rente einen stetig steigenden Teil meines Gehalts hierfür auf. Und das, obwohl die Bundesrepublik die Haftungsverantwortung vollumfänglich übernommen hat, ihrer Verpflichtung bis heute jedoch nur unzureichend nachkommt, wie auch der internat. Vergleich der Leistungen an Contergangesch. belegt.
Natürl. kann man mit Geld die Schmerzen nicht aufwiegen, aber es könnte uns helfen, ein menschenwürdiges Dasein abseits derzeit vorprogrammierter Altersarmut zu führen.
Meine Frage an Sie:
Was werden Sie/Ihre Fraktion tun, um diese Missstände angemessen/menschenwürdig zu ändern? Werden Sie sich persönlich für eine angemessene Entschädigung (z.B. im Sinne des Antrages der Linken Partei) einsetzen?
M. frdl. Grüßen,
D. Tapken
Sehr geehrte Frau Tapken,
vielen Dank für Ihre Email, in der Sie mich auf Ihre persönliche Situation und die gegenwärtige Lebenssituation contergangeschädigter Menschen insgesamt aufmerksam machen.
Ich stimme Ihnen zu, dass hier Diskussionsbedarf besteht, denn die Lebenssituation contergangeschädigter Menschen hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Viele Opfer des Conterganskandals vor über 50 Jahren sind heute in einem Alter, in dem sie sich zunehmend mit Fragen der gesundheitlichen Langzeitfolgen ihrer Behinderung sowie mit ihrer finanziellen Absicherung im Alter befassen.
Unabhängig von den Zwischenergebnissen der von Ihnen angesprochenen Studie des Gerontologischen Instituts Heidelberg hat die Politik bereits reagiert: So konnten in der letzten Legislaturperiode beispielsweise die Verdopplung der Conterganrenten zum 1. Juli 2008 und ihre automatische Anpassung an die gesetzliche Renten sowie ihre Anrechnungsfreiheit gegenüber anderen Leistungen des Sozialgesetzbuches erreicht werden.
Zudem ist für die Gesundheitsversorgung mit den Krankenkassen vereinbart worden, bestehende Verordnungsmöglichkeiten und Ausnahmetatbestände auszuschöpfen und Genehmigungen zügig und unbürokratisch zu erteilen. Darüber hinaus wurden mit der Erhöhung des Kapitalstocks der Conterganstiftung auf 100 Mio. Euro die jährlichen Sonderauszahlungen auf eine langfristige Grundlage gestellt.
Sehr geehrte Frau Tapken, ich möchte Ihnen versichern, dass meine Kollegen und ich auch zukünftig regelmäßig überprüfen werden, wie die Lebenssituation der Menschen, die Opfer des Conterganskandals wurden, verbessert werden kann. Wenn die endgültigen Ergebnisse und Empfehlungen der Studie vorliegen, wird der /Ausschuss für Familie/, /Senioren, Frauen und Jugend /dieses Thema erneut auf seine Tagesordnung setzen und dabei insbesondere auch die Wirksamkeit der bestehenden Regelungen kritisch beleuchten. Außerdem ist Anfang nächsten Jahres eine öffentliche Anhörung geplant, auf die ich Sie in diesem Zusammenhang gerne hinweisen möchte.
Ich danke Ihnen für Ihr Schreiben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Franz-Josef Holzenkamp