Frage an Fritz Kuhn bezüglich Innere Sicherheit

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Fritz Kuhn
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Reiner R. •

Frage an Fritz Kuhn von Reiner R. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Kuhn,
mit Interesse hab ich in den Nachrichten von Ihrer Forderung nach dem Wegschließen von Sportwaffen in Vereinsheimen gehört.
Dem hält Frau Zypries offenbar (vielleicht nicht ganz unberechtigt) entgegen, dass Einbrüche in den meist abseits gelegenen Schießanlagen dann noch mehr illegale Waffen verfügbar machen würden.
Vielleicht könnten Sie sich deshalb (als Minimalforderung) zunächst darum bemühen, dass wenigstens die Munition in den Vereinsheimen (oder bei der Polizei) verschlossen wird?
Waffen und Munition sollten dann erst zu den Übungen und Wettkämpfen zusammengeführt werden.

Im Übrigen Verstehe ich nicht, weshalb überhaupt Zielübungen und Wettkämpfe mit extrem tödlichen Waffen nötig sind. Wären nicht Luftdruck- oder Kleinkaliberwaffen ausreichend?
„Keine Mordwaffen als Sportwaffen!“

Mit freundlichen Grüßen
Reiner Rolletschek

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rolletschek,

vielen Dank für Ihre Fragen. Meine Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat am 25.03.2009 im Deutschen Bundestag den Antrag „Abrüstung in Privatwohnungen – Maßnahmen gegen Waffenmissbrauch“ eingebracht (Bundestags-Drucksache 16/12477). Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie ihre Verantwortung wahrnimmt – zumal der Bund nach der Föderalismusreform für das Waffengesetz zuständig ist.
Ich begrüße, dass die Vorarbeiten für das dringend notwendige zentrale elektronische Waffenregister in Hamburg zum Abschluss gekommen sind. Wir drängen intensiv darauf, mit der bundesweiten Einrichtung eines Waffenregisters nicht bis Ende 2014 zu warten, sondern zügig mit der Umsetzung der EU-Richtline zu beginnen.
Im Mittelpunkt des grünen Konzepts steht die Frage, wie wir Amokläufe vermeiden können. Bei den Fällen in Winnenden und Erfurt hat ein psychisch labiler Jugendlicher legale Waffen benutzt. In Erfurt war sogar der Täter selbst der rechtmäßige Besitzer. Familiäre Situation, bewaffnete Haushalte und ein sehr ähnlicher Tatablauf sind hier in Deutschland – wie auch bei Fällen in anderen Ländern – erschreckend. Wir müssen deswegen jetzt ganz konkret über die Lagerung von Waffen außerhalb der Privatwohnungen diskutieren. Mindestens die Munition sollte zukünftig nicht mehr zu Hause aufbewahrt werden. Es gibt bereits heute Vorrichtungen in Sportanlagen, die eine Lagerung ohne zusätzliche Sicherheitsprobleme zulassen. Die pauschale Ablehnung der Aufbewahrung an den jeweiligen Sportstätten lässt die Möglichkeiten einer vernünftigen Sicherung – etwa durch Alarmsysteme – völlig außer Acht.
Die Umrüstung ist sicherlich mit Kosten verbunden. Hier stellt sich jedoch die Frage, warum Menschen häufig erhebliche Summen in neue Waffen investieren – bei deren Sicherung jedoch unüberwindliche Hindernisse sehen. Wir fordern eine verstärkte und effektive Kontrolle aller Gruppen von Waffenbesitzern. Die gesetzlichen Regelungen aus der Novelle zum Waffenrecht von 2003 sollten erst einmal umgesetzt werden. Das gilt sowohl für die Darlegungspflicht bei der Aufbewahrung von Waffen (§ 36 Abs. 3 WaffG) wie auch für die Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG). Leider arbeiten die Behörden der Länder hier sehr unterschiedlich. Insgesamt gibt es noch große Lücken im Gesetzesvollzug. Wir fordern zudem die beschleunigte Einführung des bis 2014 vorgeschriebenen zentralen elektronischen Waffenregisters. Die Bundesregierung weiß gegenwärtig noch nicht einmal, wie viele legale Waffen in bundesdeutschen Haushalten überhaupt aufbewahrt werden.
Ungeachtet der Frage der Lagerung der Waffen, der besseren Kontrolle der gesetzlichen Vorschriften und der effektiveren Verwaltung muss aber auch darüber diskutiert werden, ob ein Privatmann – unabhängig von seinem Status als Jäger, Sportschütze oder gefährdete Person – 15 oder mehr voll einsatzfähige Schusswaffen besitzen muss. Hier sind Beschränkungen unumgänglich.
Jede neu erfundene Sportart kann die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, ein privates Waffenarsenal immer mehr zu erweitern. Das ist nicht hinnehmbar. Großkaliberschießen ist nicht einmal eine olympische Sportart. Wer diesen Sport dennoch ausüben möchte, sollte zumindest für die Sicherheit aufkommen. Wenn entsprechende Betätigungen überhaupt zulässig sein sollten, dann ist die Lagerung von Waffen und Munition zu Hause auf keinen Fall gesellschaftlich zu verantworten. Für alle Waffen, die sich schnell nachladen lassen bzw. über ein großes Magazin verfügen ist bei Umgang und Lagerung äußerste Vorsicht geboten.

Mit freundlichen Grüßen,
Fritz Kuhn