Frage an Gabriele Frechen bezüglich Finanzen

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Gabriele Frechen
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Gabriele Frechen von Gerhard R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Frechen,

es gibt noch Subventionen, die für die Allgemeinheit völlig nutzlos sind. Die verschwendeten Milliarden erhöhen die Staatsverschuldung und gehen zu Lasten der Bevölkerung.

Ein Beispiel: Die steuerliche Absetzung der Kirchensteuer verursacht jährliche Einnahmeverluste von mehr als 3 Milliarden Euro. Das Fehlen von vernünftigen Gründen für diese steuerliche Subvention wurde schon vor vielen Jahren von Dr. Norbert Feldhoff in der Kirchenzeitung des Erzbistums Köln vom 21.9.90 wie folgt bestätigt: "Vielfach geht man von falschen Tatsachen aus und operiert mit Scheinargumenten. So wird der Kirche immer wieder unterstellt, sie benötige die Kirchensteuer, um ihre umfangreiche Sozialarbeit zu finanzieren. Die Gegner der Kirchensteuer haben mit diesem Argument leichtes Spiel, weil es in der Tat nicht stimmt und meines Wissens noch nie von einem Kenner der Sache so vorgetragen worden ist. Wie wird die Sozialarbeit der Kirche tatsächlich finanziert und welche Rolle spielt dabei die Kirchensteuer? Die meisten Sozialeinrichtungen "verdienen" die Mittel, die sie benötigen, als Leistungsentgelte und die Finanzierung ist durch staatliche Kostenträger weithin gesetzlich geregelt."
Die Richtigkeit dieser Feststellungen kann nicht glaubhaft angezweifelt werden. Bei dem Verfasser handelte es sich um einen der mächtigsten Manager der kath. Kirche. Er war Generalvikar und Caritasdirektor des Erzbistums Köln.

Wann werden Sie sich für die Streichung der Kirchensteuersubvention einsetzen?

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth

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Sehr geehrter Herr Reth,

vielen Dank für Ihre Frage. Eine gleichlautende Petition hatte ich 2003/2004 in der Berichterstattung. Nach ausführlicher Beratung wurde diese Petition abschlägig beschieden. Ich möchte Ihnen meine Argumentation gerne vortragen.
Sie bezeichnen die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer als eine „für die Allgemeinheit völlig nutzlose Subvention“. Dem muss ich widersprechen. Viele Menschen entscheiden sich bewusst für die Mitgliedschaft in der Kirche, auch weil diese gemeinnützige karitative Zwecke verfolgt und die Kirchensteuer für die Betreuung von Kranken, die Schaffung von Kinder- und Seniorenheimen und andere sinnvolle gesellschaftliche Aufgaben einsetzt. Andere Menschen entscheiden sich, Wohlfahrts- oder Sozialverbänden mit Spenden und Mitgliedsbeiträgen zu unterstützen. Wie die Spenden oder Mitgliedsbeiträge an andere Empfänger kann die Kirchensteuer daher als Sonderausgabe abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Entgegen Ihrer Auffassung bleiben bei kirchlichen Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen oder Krankenhäusern mit den Trägeranteilen große Teile des Budgets in der Eigenverantwortung der kirchlichen Träger.
Bürgerschaftliches und soziales Engagement sollte in jedem Fall steuerlich begünstigt werden. Dass ausgerechnet die Zuwendungen an die Kirche so oft als zweifelhafte Sonderausgaben angesehen werden, liegt nicht zuletzt an der Bezeichnung als Steuer. Diese historisch gewachsene Bezeichnung erweckt fälschlicherweise den Eindruck, der Staat kassiere und verwende die Steuern für eigene Zwecke. Dabei nutzen die Kirchen lediglich die Möglichkeit, die Einziehung der Kirchensteuer auf die Landesfinanzbehörden zu übertragen. Dafür bezahlen die Kirchen eine Verwaltungskostenentschädigung.
Es mag sein, dass die Kirchensteuer weder die einzige Einnahmequelle der Kirche ist, noch dass sie zu 100 Prozent in die Sozialarbeit der Kirche einfließt. Verlässliche Zahlen liegen mir dazu nicht vor. Ich möchte Sie jedoch bitten sich vorzustellen, welche Mittel der Staat aufzubringen hätte, würde er den Beitrag zur Bürgergesellschaft leisten wollen, den die christlichen Kirchen aufbringen. Und damit meine ich nicht nur die finanziellen Mittel. Eine Bürgergesellschaft ist mehr als die Versorgung gemeinnütziger Organisationen mit Geld. Sie lebt von Moral, Ethik und der Bereitschaft, Verantwortung für seine Mitmenschen zu übernehmen. Wenn der Staat Leistungen an die christlichen Kirchen steuerlich begünstigt, leistet er einen wichtigen Beitrag zur Bürgergesellschaft. Daher halte ich Ihren Vorwurf, dass die steuerliche Absetzbarkeit „zu Lasten der Bevölkerung“ gehe, für falsch. Das Gegenteil ist der Fall.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen darlegen konnte, warum ich die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer für nicht sinnvoll halte.

Mit freundlichem Gruß

Gabi Frechen, MdB