Frage an Gerd-Peter Zielezinski bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Gerd-Peter Zielezinski
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Frage an Gerd-Peter Zielezinski von Bernhard S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Ihre Partei setzt sich für einen öffentlichen Beschäftigungssektor ein, der sehr viel Geld kosten wird. Wie wirkt sich das auf den Standort Deutschland aus?

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Sander,

die seit Jahrzehnten zunehmende Massenarbeitslosigkeit ist keine vorübergehende konjunkturelle Erscheinung, sondern folgt einem unumkehrbaren Entwicklungstrend. Weil sich mit dem Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien die Produktionsprozesse automatisieren und rationalisieren lassen, werden in wenigen Jahrzehnten nur noch 20 Prozent der jetzt Beschäftigten benötigt, um alle erforderlichen Güter und Dienstleistungen herzustellen. Der Übergang von der Industrie- zur Informations- oder Dienstleistungsgesellschaft ist in vollem Gange.

Die arbeitsmarktpolitischen Antworten von Rot-Grün und Schwarz-Gelb auf diese Herausforderung bestehen vor allem im Ausbau des sozial ungesicherten Niedriglohnsektors im Bereich der personennahen Dienstleistungen, die den massiven Wegfall von Jobs in der Industrie kompensieren sollen.

Die Linkspartei fordert stattdessen einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) als Dritten Sektor zwischen Staat und Markt. Er soll Dienstleistungen bereitstellen, die den dringend notwendigen ökologischen und gesellschaftlichen Umbau der Gesellschaft ermöglichen und voranbringen. Pflegen, Betreuen oder Beraten "rechnen" sich nicht im betriebswirtschaftlichen Sinne, sie können nur dadurch rentabel werden, dass sie einen allgemeinen gesellschaftlichen Nutzen erbringen. Deshalb müssen, wie das seit langem bei den staatlichen Diensten der Fall ist, für die Finanzierung dieser Aufgaben gesamtgesellschaftliche Umverteilungsmechanismen geschaffen werden.

Der ÖBS soll Defizite in der öffentlichen Daseinsvorsorge - im Gesundheitswesen oder im Bildungs- und Kulturbereich - abbauen und den Öffentlichen Dienst ergänzen. Dafür gibt es drei Gründe:
sind kleine, bürgernahe und sich selbst verwaltende Einrichtungen effektiver, innovations-offener und auch kostenbewusster. stärken sich selbst verwaltende Träger die Selbstorganisation der Gesellschaft.
stärkt ein gemeinwirtschaftlicher Sektor zwischen Staat und Markt den Bürgersinn.
Der ÖBS soll zusätzliche Leistungen erbringen. Aufgaben des Öffentlichen Dienstes und Aufträge für kleine und mittelständische Unternehmen sollen nicht in den ÖBS verlagert werden. Im ÖBS werden die Beschäftigungsverhältnisse als Dauerarbeitsplätze geschaffen: gefördert werden Projekte, nicht Einzelpersonen.

Für die Finanzierung des ÖBS soll ein Fonds für soziale und ökologische Gemeinschaftsaufgaben aus Zuschüssen des Bundes und der Arbeitsverwaltung gebildet werden. Diese Mittel sollen in Arbeitsplätze und nicht in Alimentierung von Arbeitslosigkeit investiert werden. Damit ließen sich cirka 78 Prozent der Personalkosten des ÖBS ausgleichen.
Der Aufbau des ÖBS wird langfristig die Wertschöpfungs- und Einkommenskreisläufe in Regionen und Kommunen stabilisieren. Der ÖBS bietet die Chance zu einer Neuverknüpfung von Arbeitseinkommen und sozialer Sicherheit. Sein Aufbau würde die Lebensqualität der Menschen verbessern.
Das Gesundheitswesen, der Bildungs- und Kulturbereich gelten als ?weiche? Standortfaktoren. Fortschritte in diesen Bereichen verbessern somit auch den Standort Deutschland.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd-Peter Zielezinski