Frage an Gerhard Schick bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Gerhard Schick
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Frage an Gerhard Schick von Christoph K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schick,

als technisch Versierter gehöre ich laut Aussage unserer Familienministerin Frau von der Leyen zu einem Anteil der Bevölkerung von 20%, der "schwer Pädokriminelle" hervorbringt (im Originalton nachzuhören unter http://www.radioeins.de/programm/sendungen/eine_stunde_zeit/kopf_der_woche/ursula_von_der_leyen.html ). Ich betrachte das als Beleidigung.

Wirtschaftsminister Guttenberg ist der Ansicht, die Zeichner der Petition gegen Internetzensur seien pauschal gegen die Bekämpfung von Kinderpornografieangeboten im Internet. Er hat offensichtlich den Text der Petition nicht gelesen, sonst wüsste er, dass es lediglich um unkontrollierbare, intransparente und ineffiziente Methode geht (umgehbar in 27 Sekunden, Anleitung unter http://www.youtube.com/watch?v=1NNG5I6DBm0 ).

Guttenberg behauptet sogar, die Sperren würden den Zugang erheblich erschweren. Angesichts der extrem leichten Umgehung (siehe Video bei youtube) bleiben mir da die Worte weg.

Anstatt die Angebote vom Netz zu nehmen und die internationale Zusammenarbeit zu fördern, sollen uns die Augen verschlossen werden und zugleich ein gefährliches Zensursystem errichtet werden, das jeglicher Kontrolle durch die Öffentlichkeit entbehrt.

Mir ist bewusst, dass es sich bei der Entscheidung über die Errichtung der Sperren um eine Abwägung handelt. Wegen der Wirksamkeit, die gegen Null geht, und der gleichzeitigen Gefahr durch ein intransparentes System, halte ich die Kreateure des Vorhabens für vollkommen inkompetent. Nicht nur die Aussage Guttenbergs belegt dies, auch beispielsweise Ihre Parteigenossin Waltraud Lehn macht einen, gelinde gesagt, desinformierten Eindruck (Quelle: http://www.abgeordnetenwatch.de/waltraud_lehn-650-5594--f177295.html#q177295 ).

Was könnte man tun um zukünftig solche inkompetenten und beleidigenden Aussagen zu verhindern? Wie stehen Sie zu diesem Gesetzesprojekt?

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Kling

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kling,

das Gesetz zu den Netzsperren ist ein trauriges Beispiel von symbolischer Politik, Aktionismus und der Ignoranz und Unwissenheit der Bundesregierung und der SPD- und CDU/CSU-Fraktionen, die dieses Gesetz ja beschlossen haben.

Vor einigen Wochen habe ich in Mannheim ein Hearing mit einem Juristen und Unternehmern aus der IT-Branche veranstaltet. Heraus kam: Das Gesetz ist wahrscheinlich verfassungswidrig, es ist unnütz, da - wie Sie zu recht bemerken - die Netzsperren sehr leicht zu umgehen sind, es droht Ausgangspunkt für weitere Eingriffe in die Grundrechte zu werden, in dem es eine Struktur für weitere Zensurgesetze legt. Kinder werden damit aber nicht effektiv geschützt. Die pornografischen Inhalte werden auch nicht gelöscht. Darum muss es aber gehen: Kinder schützen, kinderpornografisches Material löschen. Dafür brauchen wir aber nicht die Netzsperren sondern eine Gesamtstrategie gegen Kinderpornografie. National und international, da Server und Computer ja auch im Ausland stehen. Zentrale Ansatzpunkte sind dabei die Aufdeckung und Vermeidung von sexuellem Missbrauch und Ausbeutung, die Identifizierung der Opfer, deren Schutz und Rehabilitation, sowie die Strafverfolgung der Täter und ihrer Netzwerke. Dafür müssen Strafverfolgungsbehördern mit mehr Personal und höheren Sachmittel ausgestattet werden.

Was verschiedene Äußerungen zu dem Thema betrifft: Ich denke, dass wir versuchen müssen, die Diskussion über den Kreis der jetzt schon internet-affinen Leute hinaus in Gang zu bringen. Denn häufig liegen die Gründe für uns merkwürdig erscheinende Äußerungen darin, dass Leute zu wenig unser Verständnis vom Internet teilen können, dass sie Internet nicht als öffentlichen Raum mit Bürgerrechten verstehen. Ich will da auch in meiner Partei und mit Externen noch weiter daran arbeiten.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Schick