Frage an Gerhard Schick bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Gerhard Schick
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dr. Thomas O. •

Frage an Gerhard Schick von Dr. Thomas O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schick,

wenn ich es im Youtube-Video richtig gesehen habe, waren Sie an der "Geburtstagsdemonstration" zum "Ackermann-Abendessen vor dem Kanzleramt dabei. Falls dies zutrifft, bitte ich um Antwort auf folgende Fragen:

1. Halten Sie es für angemessen, dass der/die Bundeskanzler/in der Bundesrepublik Deutschland nach eigenem Ermessen Gäste einlädt und angemessen bewirtet um einen Meinungsaustauch zu erleichtern?

2. Ist Ihnen bekannt, dass auch zu Zeiten der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder solche Veranstaltungen regelmäßig statt gefunden haben?

3. Sind Ihnen Protestaktionen der Grünen zu den unter 2. genannten Veranstaltungen bekannt?

4. Ich selbst war zusammen mit anderen Unternehmen bei einer Veranstaltung von Ihnen und Fritz Kuhn ("Maimarktfrühstück") zum Meinungsaustausch eingeladen und wurde dort angemessen bewirtet. Haben Sie diese Veranstaltung zu 100% aus eigenen Mitteln bestritten oder wurden dort öffentliche Gelder (Wahlkampfkostenerstattung, steuerlich begünstigte Mitgliedsbeiträge/Spenden) eingesetzt.

Vielen Dank!

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Dr.Ott,

in der Tat haben Sie richtig gesehen, ich habe an der „Geburtstagsdemonstration“ teilgenommen. Gern beantworte ich auch ihre Fragen dazu.

zu 1.) Selbstverständlich kann die Kanzlerin nach eigenem Ermessen Gäste einladen und bewirten. Allerdings heißt das nicht, dass der Ermessenspielraum unendlich ist und noch weniger, dass sich dieses Ermessen jeglicher Kritik entzieht. Es kann meiner Ansicht nach nicht sein, dass eine externe Person wie Herr Ackermann bestimmt, wer in das Kanzleramt eingeladen wird. Genau das ist nach Aussage von Herrn Ackermann passiert. Die hier demonstrierte Nähe ist einer unabhängigen Behörde wie dem Bundeskanzleramt unangemessen. Es geht nicht darum, einen Meinungsaustausch zu untersagen, sondern darum, dass hier ein Essen aus Anlass eines privaten Geburtstages ausgerichtet wurde. Herr Ackermann ist nicht einfach ein „verdienter Mann“ sondern ein „verdienender Mann“, dessen Aufgabe als Vorstand es ist, für sein in marktwirtschaftlicher Konkurrenz stehendes Unternehmen möglichst hohe Gewinne zu verschaffen, sei es durch „profit seeking“ oder durch „rent seeking“.

zu 2.) Die Amtszeit der Regierung Schröder liegt vor meiner Zeit als Bundestagsabgeordneter, unmittelbare Informationen habe ich dazu nicht. Selbstverständlich werden auch in dieser Zeit Bewirtungen im Kanzleramt stattgefunden haben. Nach Aussage von Herr Schröder hat er allerdings niemals externe Menschen die Gästeliste bestimmen lassen, und das Kanzleramt als „Geburtstags-Catering-Service“ zur Verfügung gestellt.

zu 3.) Der Beantwortung zu Frage zwei entsprechend gab es keine solchen Protestaktionen.

zu 4.) Als Bundestagsabgeordneter erhalte ich eine Diät und eine Pauschale, über die ich für meine politische Arbeit verfügen kann. Aus meinen Geldern wurde die Veranstaltung komplett finanziert, die dem regelmäßigen Austausch mit VertreterInnen verschiedener Unternehmen gilt und deren Einladungsliste ich zusammenstelle, nicht ein Unternehmer oder Manager. Wahlkampfkostenerstattungen, Mitgliedsbeiträge und Spenden gehen an die Partei, nicht an mich, solche Mittel wurden auch nicht für das „Maimarktfrühstück“ verwendet. Die grundlegenden Zusammenhänge dürften Ihnen als - wenn ich richtig informiert bin - Mitglied der CDU ja auch bekannt sein.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ergänzen, dass die Rolle, die Herr Ackermann und Frau Merkel bei der Rettung der Hypo Real Estate gespielt haben, dem Essen einen besonderen Beigeschmack geben. Die Entscheidung über die Art und Weise der Rettung, die im Endeffekt auch eine Kreditgewährung der Deutschen Bank an die HRE beinhaltete, wurde von diesen beiden Personen gefällt, nur fünf Monate nach dem Essen im Kanzleramt. Die Rettungsvereinbarung bringt der Deutschen Bank nach deren Angaben bei völliger Risikofreiheit bis zu 100 Millionen Euro Zinsen und Gebühren - beides wird letztlich durch Steuergelder aufgebracht. Bei der Rettung der Hypo Real Estate verließ sich der Staat teilweise blind auf die Gutachten und Zahlen gerade der Privatbanken - vor allem auf die der Deutschen Bank. Ich vermisse in beiden Fällen die gebotene kritische Distanz der Bundesregierung.

Mit freundlichem Gruß

Gerhard Schick