Frage an Gerhard Schick von Gerhard R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Schick,
aus Financial Times vom 11.3.09:
Vom Staat gestützte Geldinstitute sollen nach dem Willen der Grünen - es geht um Institute mit weniger als 25 % Staatsanteil - nicht länger an politische Parteien spenden dürfen. Das Finanzministerium wird dies aber nicht(!) zur Auflage bei der Gewährung von Hilfen machen.
Will die Bundesregierung hier die politische Korruption unterstützen?
In der Ihnen vorliegenden "Mitteilung des Rats der Europäischen Union" vom 8.12.08 gibt es folgenden Text zu (39):
Wenn Mitgliedsstaaten Rekapitalisierungen mit dem Ziel vornehmen, die Geldversorgung der Realwirtschaft sicherzustellen, müssen sie dafür sorgen, daß diese Beihilfen tatsächlich sachgerecht eingesetzt werden. Sicherheitsvorkehrungen müssen gewährleisten, daß das zugeführte Kapital tatsächlich zur Kreditvergabe an die Realwirtschaft genutzt wird.
Die Soffin-Anstalt muß also bei der Bewilligung zur Auflage machen, daß Parteispenden unterbleiben.
Werden Sie jetzt(!) - also rechtzeitig - die zuständige EU-Kommission darüber informieren, daß in Deutschland der Mißbrauch der Hilfen von der Bundesregierung ermöglicht wird?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
vielen Dank für Ihre Mail, die ich mit großem Interesse gelesen habe. Ich teile Ihre Bedenken. Bereits als erste Meldungen über Spenden von Bankinstituten aus dem vergangenen Jahr bekannt wurden, habe ich mich mit einer schriftlichen Anfrage an die Bundesregierung gewandt. Darin bat ich um Auskunft, ob das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) die Möglichkeit eröffnet, Parteispenden durch gestützte Bankinstitute zu untersagen und ob die Bundesregierung in geflossenen Spenden die Grundlage für Interessenkonflikte sieht. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort pauschal auf die privatrechtliche Entscheidungshoheit der Leitungsorgane der Institute verwiesen und ist mit keinem Wort auf meine Bedenken eingegangen.
Meiner Meinung nach ergibt sich dagegen eine klare Einflussmöglichkeit der Bundesregierung über § 10 Abs. 2 Nr. 2 FMStG. Wenn man zusätzlich die Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 FMStFV) heran zieht, lässt sich eine Eingriffsermächtigung über folgenden unbestimmten und der Auslegung zugänglichen Passus konstruieren: "An Unternehmen des Finanzsektors, die Stabilisierungsmaßnahmen des Fonds in Anspruch nehmen, sollen Anforderungen gestellt werden, um eine solide und umsichtige Geschäftspolitik zu gewährleisten."
Eine "umsichtige" Geschäftspolitik ist in meinen Augen eine solche, die über den Einzelfall einer operativen Leitungsentscheidung hinaus denkt und die Signalwirkung der Handlungen eines geretteten Unternehmens mit im Blick hat. Danach ist es nicht umsichtig oder solide, nach dem Erhalt von Stützungsmaßnahmen umfangreiche Spenden zu tätigen. Das ist Steuerzahlern und damit der Gesellschaft nicht vermittelbar und birgt obendrein den Vorwurf in sich, Interessenkonflikte bei den politischen Entscheidungsträgern auszulösen.
Diese Argumentation beinhaltet zwar einerseits den Vorwurf an die Bundesregierung, hier nicht deutlich explizite Verbote zu formulieren. So hätte sie beispielsweise in der öffentlichen Kommunikation deutlich machen können, dass sie Spenden durch gerettete Institute nicht hinnehmen wird. Andererseits zeigt die Eingriffsmöglichkeit des FMStG, dass die Bundesregierung zumindest auf dem Papier durchaus die europäischen Vorgaben umgesetzt hat. Die eigentliche Frage europarechtskonformen Verhaltens wird sich stellen, wenn nun tatsächlich von geretteten Unternehmen Spenden fließen sollten. Bislang ist dies scheinbar nicht der Fall gewesen. Es kann also gut sein, dass die Gefahr der Spenden und einhergehender Verschwendung von Steuergeldern eine abstrakte bleiben wird. Sollten hingegen Anhaltspunkte vorliegen, dass es Spenden nach Stützung durch den SoFFin gegeben hat, werde ich die Bundesregierung zum Handeln auffordern. Ihren Hinweis, dass dies der europäischen Kommission zu melden wäre, nehme ich gerne auf.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schick