Frage an Gisela Splett von Norbert M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Splett,
vielen Dank für Ihre Antwort. Dazu möchte ich Sie fragen:
1. Mit der Befürwortung der Ethylenpipeline war Ihnen sicher bekannt, daß damit auch die Kunststoffproduktion weiter forciert wird? Haben Sie daran gedacht, daß sich dadurch auch der Kunststoffmüll beträchtlich erhöhen wird?
2.Wieso engagieren sich die Grünen im Landtag nicht für die Verringerung desselben? Ist das kein Ziel mehr in Ihrer Partei?
3.Wissen Sie nicht, daß 80 % des Kunststoffmülls, lt. UNO weltweit jährlich ca. 6 Mio. t über Flüsse in die Meere gelangen, 267 verschiedene Tierarten dem Müll im Meer zum Opfer fallen, jährlich ca. 100.000 Meeressäuger qualvoll durch den Müll verenden und über eine Mio. Seevögel sterben?
4. Sie sagen, die Planungen entsprächen dem Stand der Technik und den Sicherheitsbestimmungen. Halten Sie uns für so naiv, zu glauben, daß deswegen kein schlimmer Unfall passieren kann? Warum verdrängen Sie, daß jede technische Anlage immer wieder von Störungen betroffen ist?
5.Warum fordern Sie nicht, daß eine solche Anlage so weit weg von der Wohnbebauung geplant wird, daß niemand zu Schaden kommen kann?
6.Weshalb blenden Sie ein Szenario, bei dem ein ganzer Stadtteil abbrennen kann und viele Menschen zu Tode kommen können, aus nach dem Motto: weil nichts passieren darf, kann auch nichts passieren?
7.Sie sagen, daß Maßnahmen für evtl. Schadensfälle vorgesehen sind. Sie geben damit zu, daß etwas passieren kann. Warum haben Sie dann dem Gesetz zugestimmt?
8.Wie Sie bei Stuttgart 21 sehen, haben die Bürger es satt, von ihren Vertretern Entscheidungen aufgedrückt zu bekommen, die ihren Interessen zuwiderlaufen. Gilt dies nicht auch im Falle der uns bedrohenden Ethylen-Pipeline, wo anders als bei Stuttgart 21 Menschen nach der Realisierung des Projekts um ihr Leben fürchten müssen?
9. Ist es für Sie so schwer zu verstehen, daß das Wählervolk der Souverän in der Demokratie ist und nicht die Regierung oder das Parlament?
Mit freundl. Grüßen
Norbert Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
die Problematik unseres insgesamt zu hohen Ressourcenverbrauchs ist mir bewusst. Auch die negativen Auswirkungen der Plastikproduktion, wie sie z.B. im Film "Plastic Planet" anschaulich dargestellt werden, sind mir bekannt. Ich glaube aber nicht, dass sich dieser weltweiten Problematik durch die Ablehnung einer Ethylen-Pipeline in Süddeutschland wirksam begegnen lässt. Wie ich bereits dargestellt habe, halte ich die von der Pipeline ausgehenden Sicherheitsrisiken für überschaubar. Ich gehe dabei auch von Erfahrungen mit bestehenden Gas-Pipelines aus.
Ich habe großen Respekt vor Bürgerinnen und Bürgern, die sich politisch engagieren und ihre Interessen in Debatten und Entscheidungsprozesse einbringen. Im Vorfeld der Entscheidung zur Ethylen-Pipeline wurden unterschiedlich gelagerte Bedenken bei uns vorgetragen, die in unsere Abwägung auch eingeflossen sind. Trotzdem ist es Aufgabe des Parlaments, eine Entscheidung zu fällen und wir Grüne haben - wie bereits von mir und mehreren Fraktionskollegen dargelegt - zusammen mit der großen Mehrheit des Landtags dem baden-württembergisches Ethylen-Rohrleitungsgesetz zugestimmt hat. Diese Entscheidung mag aus Ihrer Sicht falsch sein, für undemokratisch halte ich sie jedoch nicht.
Ich würde mich freuen, zukünftig im Vorfeld politischer Entscheidungen so engagierte Fragen von Ihnen und anderen BürgerInnen zu erhalten.
Mit freundlichen Grüßen,
Gisela Splett