Frage an Gregor Gysi bezüglich Finanzen

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Gregor Gysi
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Frage von Olaf S. •

Frage an Gregor Gysi von Olaf S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi!

Ich habe ein paar Fragen zum neuen § 20 Abs. 6 EStG.
Da Sie ja von Haus aus Jurist sind, würde ich gern Ihre Einschätzung zu dem neuen Einkommenssteuergesetz kennen.
Der Paragraph sieht vor, dass künftig nur noch Verluste an Terminbörsen in Höhe von 10.000 € pro Kalenderjahr mit Gewinnen an Terminbörsen in diesem Jahr verrechnet werden dürfen.
Wenn man jetzt als Optionshändler normale, weitverbreitete Optionsstrategien handelt, ist es nicht unüblich, dass Gewinne in Höhe von 100.000 € und gleichzeitig Verluste in Höhe von 95.000 € erzielt werden.
Der Nettogewinn von 5.000 € wäre zu versteuern.
Nach der neuen Gesetzgebung führt es aber dazu, dass man 90.000 € versteuern muss.
Der mögliche Verlustvortrag in die Folgejahre ist kein Entgegenkommen, da man zum einen im nächsten Jahr ähnliche Strategien handeln müsste, wo ebenfalls wieder Verluste auftreten und unter Umständen sogar der Kontostand nicht mal ausreicht, um die Steuerschuld zu begleichen.
Ich weiß, dass die Linke sich bei der Abstimmung enthalten hat, aber möchte Sie trotzdem um Ihre Einschätzung bitten, ob dieses Gesetz denn mit dem Leistungsprinzip der Steuer überhaupt noch vereinbar ist.
Und denken Sie, dass dieses Gesetz vor dem Verfassungsgericht stand halten wird?

Welche Möglichkeiten hat der Bürger, dieses Gesetz noch zu kippen, bevor es greift und unter Umständen viele Kleinanleger und kleine Optionshändler in den steuerlichen Ruin getrieben werden?

Mit freundlichen Grüßen!

O. S.

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Sehr geehrter Herr S.,

Ihre Nachricht vom 8. Februar hat mich erreicht. Offensichtlich zielte man darauf ab, diese Geschäfte stärker zu besteuern und ein gewisses Spiel mit Verlusten und Einnahmen zu erschweren.
Auf der anderen Seite gebe ich Ihnen aber Recht, dass man nur für Gelder Steuern bezahlen sollte, die man auch real erhalten hat. Wir hatten dasselbe Problem bei der Umsatzsteuer. Handwerker mussten nach einer bestimmten Frist nach Rechnungslegung die Umsatzsteuer abführen, auch wenn die Rechnung gar nicht bezahlt worden war, sie also nicht über das Geld verfügten. Deshalb mussten Handwerker sogar in Insolvenz gehen. Ich habe mich damals an den Bundesfinanzminister gewandt, der mir erklärte, dass das schon immer so gewesen sei. Ich erklärte ihm, dass es dann schon immer falsch gewesen sei. Erst als der zweite Handwerker bei mir war, der ebenfalls in Insolvenz gehen musste, habe ich dann eine Änderung erreicht. Ich glaube, dass ist auch eine Frage des Grundgesetzes. Steuern muss man ja nur von realen Einnahmen oder Vermögenswerten bezahlen, nicht von Fiktiven.

Mit freundlichen Grüßen

Gregor Gysi

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