Frage an Grietje Staffelt von Tomas O. bezüglich Umwelt
Guten Tag Frau Bettin,
mich würde interessieren, wie Sie zur Entwicklung von Pflanzenkraftstoffen (oftmals fäschlicherweise als Biokraftstoffe bezeichnet) stehen? Glauben Sie auch, dass nicht die Gefahr besteht, dass dadurch ein globaler Verdrängungswettberb zu (hoffentlich ökologisch produzierten) Nahrungsmitteln entsteht? Sind nicht die Wirkungen der EU-Export-agrar-Subventionen für die Süd-Länder schon fatal genug? Finden B 90/ Die Grünen auch dass diese abgeschafft werden sollten? Welche Aktionen gegen den G(eb)-8(acht, nicht zuviel macht) Gipfel werden von den Grünen in Schleswig-Holstein durchgeführt? Vielen Dank für Ihre Antwort im voraus.
MfG Tomas
Sehr geehrter Herr Oschmann,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 7. März 2007. Gerne möchte ich auf Ihre Fragen antworten:
1. Bio-/Pflanzenkraftstoffe
Biokraftstoffe sind ein wichtiger Bestandteil der Bemühungen zur Verringerung von CO2 -Emissionen. Daher bleibt deren Entwicklung gerade im Hinblick auf den Klimaschutz wünschenswert.
Doch auch wir sehen den Konflikt zwischen der Herstellung von Biokraftstoffen einerseits und der Nahrungsmittelproduktion andererseits. Eine wachsende Nachfrage nach Biokraftstoffen könnte in den Agrarländern der so genannten „Dritten Welt“ (und nicht nur dort) dazu führen, dass die landwirtschaftliche Anbaufläche in überwiegenden Maße zur Produktion der neuen Kraftstoffe genutzt wird und die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrung in den Hintergrund gerät. Dies kann so nicht gewollt sein. Für uns ist es gleichermaßen wichtig, die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sicherzustellen sowie alternative Kraftstoffe zu fördern.
An dieser Stelle muss jedoch berücksichtigt werden, dass Biokraftstoffe eben nicht nur Pflanzenkraftstoffe sind. Ein verengter Blick auf Raps, Mais oder Getreide erschwert die Auseinandersetzung in dieser Frage. Denn Biokraftstoffe können auch aus Biomasse (z.B. Stroh oder Bioabfälle) gewonnen werden. Diese sind im Übermaß vorhanden. Hier gilt es, Technologien zu entwickeln und zu fördern, die zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe beitragen. Dies würde die Nahrungsmittelproduktion kaum beeinflussen.
Für wichtig erachten wir die Einführung von klaren international anerkannten Zertifikaten und Standards mit ökologischen und sozialen Kriterien. Durch sie soll ein nachhaltiger Anbau garantiert werden.
Es bleibt jedoch festzuhalten, dass der Konflikt langfristig nicht behoben werden kann. Der heutige Kraftstoffbedarf kann unter Berücksichtigung der Interessen aller nicht durch Biokraftstoffe ersetzt werden. Zugunsten des nachhaltigen Klimaschutzes und der Armutsbekämpfung muss der Fokus daher weiterhin auf einer Reduzierung des Kraftstoffbedarfs und –verbrauchs liegen.
2. EU-Agrar-Subventionen
Die Exportsubventionen und das Dumping subventionierter EU-Agrarprodukte sind in der Tat für die lokalen und regionalen Märkte in vielen Entwicklungsländern extrem schädlich, daher setzen sich Bündnis 90/Die Grünen für die Abschaffung dieser Subventionen ein. Die grüne Devise lautet: Entwicklungsverträglichkeit geht vor Handelsinteressen. Die Agrar- und Handelspolitik der EU darf dem Ziel der Armutsbekämpfung und nachhaltigen Entwicklung nicht im Wege stehen. Daher fordern wir für die gesamte Agrarförderung eine konsequente Ausrichtung an gesellschaftlichen Zielen.
Dazu muss die begonnene Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik fortgesetzt werden. Die Agrarförderung ist in zwei Säulen geteilt: Die erste Säule beinhaltet Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe und Marktordnungsmaßnahmen. Die zweite Säule umfasst Maßnahmen zur Förderung der ländlichen Entwicklung. Im Rahmen der Finanzverhandlungen für den Förderzeitraum 2007-2013 wurde ein von Frau Merkel maßgeblich vorangetriebener Kompromiss gefunden, der zu drastischen Kürzungen bei den Mitteln für die ländliche Entwicklung geführt hat und die erste Säule weitgehend unangetastet lässt.
Wir fordern in diesem Zusammenhang erstens eine verstärkte Umverteilung von der ersten in die zweite Säule und für die erste Säule eine Qualifizierung der Mittel in Richtung Umweltverträglichkeit und Sozialverträglichkeit. Zentral ist zweitens die Schaffung von Transparenz über die Verwendung von Subventionen. Nur so kann das bestehende System mit seinen Mängeln ausführlich analysiert, bewertet und geändert werden. Dazu haben wir einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht: "Forderung der EU nach Transparenz bei Subventionen im Agrarbereich vollständig umsetzen und die Neuausrichtung der Agrarförderung vorbereiten" (Bundestags-Drucksache 16/2518).
3. G8-Gipfel
„Lasst die Welt nicht außer 8!“ – unter diesem Motto beteiligen sich Bündnis 90/Die Grünen am Aktionsbündnis, das den G8-Gipfel in Heiligendamm kritisch, mit Demonstrationen und dem Alternativgipfel vom 5.-7. Juni in Rostock, begleiten wird. Die G8 sind zu klein für die "Eine Welt": Sie spiegeln die Machtverhältnisse von gestern wider und repräsentieren nur ein Fünftel der Weltbevölkerung. Gleichzeitig fällen sie Entscheidungen, die die ganze Welt betreffen. Die anstehenden globalen Probleme können die G8-Staaten nicht im Alleingang lösen.
Die grüne Beteiligung an den Protesten wird vom Bundesvorstand der Partei organisiert und koordiniert. Am 2. Juni wollen wir mit buntem und kreativem Protest an der Großdemonstration in Rostock teilnehmen. Wir rufen unsere Mitglieder und Sympathisanten deshalb auf, zahlreich nach Rostock zu kommen, um unsere Kritik lautstark zu verkünden. Wir schlagen deshalb vor, gemeinsam mit der Bahn von Kiel nach Rostock zu fahren:
Abfahrt Kiel 07:44
Abfahrt Rostock 21:08, Ankunft Kiel 00:16
Nähere Informationen dazu können Sie unter den folgenden Links finden:
http://www.sh.gruene.de/cms/default/dok/175/175982.newsletter_no_26_vom_30_maerz_2007.htm
http://www.gruene.de/cms/default/rubrik/10/10553.g8.htm
Darüber hinaus sind noch keine zentralen Protestveranstaltungen in Schleswig-Holstein selbst geplant. Der Landesverband ruft jedoch zu dezentralen und kreativen Informations- und Protestaktionen auf. In Eckernförde wird es beispielsweise Anfang Mai einen Stand zum Thema Klimaschutz geben. Außerdem ist zurzeit ein Leitantrag zu Globalisierung und Klimaschutz in Vorbereitung, welcher sich auch mit dem G8-Gipfel, dessen Schwerpunktthema Klima sein wird, auseinandersetzen soll.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zufrieden stellend beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Grietje Bettin, MdB