Frage an Hans-Christian Ströbele bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Joachim P. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Joachim P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Christian Ströbele,

am 9, März 2014 hat der Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder im Verlauf der 47 Minute einer ZEIT Matinee zum Rechtskonsrukt der Selbstanzeige gegriffen und, expressis verbis dokumentiert, erklärt:

"Natürlich ist das, was auf der Krim geschieht, etwas, was auch Verstoß gegen das Völkerrecht ist. Aber wissen Sie, warum ich ein bisschen vorsichtiger bin mit dem erhobenen Zeigefinger? Das will ich Ihnen gerade sagen. Weil ich es nämlich selbst gemacht habe, gegen das Völkerrecht verstoßen."
( http://gerhard-schroeder.de/2014/03/09/matinee-der-wochenzeitung-zeit/ )
Gemeint war von Gerhard Schröder die militärische Intervention im Kosovo 1999 unter deutscher Beteiligung ohne UNO- Mandat

Damals 1999 befanden sich DIE GRÜNEN in einer Regierungskoalition mit der SPD.

Hat Bundesanzler Gerhard Schröder 1999, wider besseres Wissen über das Völkerrecht, DIE GRÜNEN und alle SPD Mitglieder des Deutschen Bundestages zu Komplizen in Tateinheit seines Völkerrechtsbruches gemacht?, wenn ja, wie kann dann heute unser Rechtsstaat angemessen mit einem solchen Geständnis eines ehemaligen Bundeskanzlers umgehen?

Denken DIE GRÜNEN darüber nach, denken Sie darüber nach, Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder in welcher Form auch immer öffentlich zur Verantwortung für sein Geständnis eines eigenen Völkerrechtsbruchs 1999 zu ziehen und sei es durch eine Anklage gegen ihn beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag?

Mit freundlichem Gruß

Joachim Petrick

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Petrick.

Für mich war nicht neu, daß der Krieg der Nato gegen Serbien 1999, an dem Deutschland beteiligt war, gegen das Völkerrecht verstoßen hatte, denn ein Mandat der UNO lag nicht vor. Es fehlte die Zustimmung des Weltsicherheitsrats. Ich hatte das damals auch öffentlich gesagt und den Krieg aus diesem Grund abgelehnt und weil ich ihn politisch für falsch hielt. Neu war für mich, daß der damalige Bundeskanzler dies offenbar auch so gesehen hatte oder zumindest inzwischen auch so sieht. Die damalige Bundesregierung und die große Mehrheit des Deutschen Bundestages hat den Krieg damals damit gerechtfertigt, daß im Kosovo ein Völkermord drohte, weil schon vorher Menschen vom serbischen Militär und der Polizei getötet worden waren. Sie haben sich auf das UN-Prinzip der responsibility to protect (Schutzverantwortung) berufen. Es ist davon auszugehen, daß diese Rechtfertigung auch heute weiter vorgetragen wird. Ich bin nach wie vor der Meinung, daß diese Behauptung keine ausreichende tatsächliche Grundlage hatte. Es gab vor dem Krieg einen bewaffneten Kampf zwischen der UCK, einer Widerstandsbewegung im Kosovo, und den serbischen Regierungstruppen, bei denen von beiden Seiten Menschen getötet wurden. Die serbischen Kräfte gingen immer wieder ein skrupellos und brutal vor. Aber die Massenvertreibung und Tötung im Kosovo fanden erst nach Beginn der Nato-Bombardierungen auf Belgrad und ganz Serbien statt, also nach Beginn der Krieges durch die Nato. Ich kenne niemand bei den Grünen, der über eine Anzeige gegen die früheren Bundesregierung beim Internationalen Strafgerichtshof nachdenkt. Eine Anklage könnte auch nur der Chefankläger erheben.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele