Frage an Hans-Christian Ströbele bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Hans-Christian Ströbele
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hans-Christian Ströbele zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Ralf O. •

Frage an Hans-Christian Ströbele von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Ströbele,

1)von Seiten der SPD (Gernot Erler) und der CDU (Eckehardt von Klaeden)stammt der Vorschlag in den Nahostkonflikt im Gazastreifen Kontingente der Bundeswehr zu schicken.Sei es als UNO-Truppe oder als EU-Truppe--die Modalitäten werden scheinbar noch verhandelt.Wie steht Ihre Partei dazu?Wird der inzwischen bei Madeileine Albright Consulting auf der Lohnliste stehende Ex-Außenminister Joschka Fischer hier auch noch für einen Paradigmenwechsel bei den Grünen eintreten?

2)Eine Vorraussetzung für eine Frieden in Palästina/Israel ist, daß die Hamas das Existenzrecht Israels anerkennen würde.Die PLO brauchte 30 Jahre, bis sie nach einer Reihe von Niederlagen und targeted killing der radikaleren Elemente von Seiten des Mossads das Existenzrecht der Israelis anerkannte?
Halten Sie eine ähnliche Entwicklung bei der Hamas für möglich?
Auf welcher Grundlage sollte man 2 Staaten gründen--auf dem Fast-Übereinkommen von Seiten Barak/Arafats in den 90ern oder anhand der Grenzziehung der neuen israelischen Mauer, die ebenso als Grenze dienen könnte?Umgekehrt müßte aber Israel auch das Existenzrecht eines palästinensischen Staates reziprok anerkennen.Nehmen wir einmal den Fall an, daß die Hamas das Existenzrecht anerkenn würde, aber trotzdem einen Gottesstaat haben wollte--würde man sie dann von der Terrorliste nehmen und normale diplomatische Kontakte aufnehmen oder wäre eine Demokratisierung und der Erhalt der PLO oder anderer Parteien als alternative Kraft eine Vorbedingung?

Mit freundlichen Grüßen

Ralf Ostner

Portrait von Hans-Christian Ströbele
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Ostner.

Soweit ist es offenbar noch lange nicht. Die Stationierung von UN-Blauhelmsoldaten würde voraussetzen, daß ein Waffenstillstand vereinbart, eingehalten und die Stationierung von allen beteiligten Konfliktparteien akzeptiert wird.
Von dem Kollegen van Klaeden ist mir eine zustimmende Äußerung zu einer Stationierung deutscher Soldaten nicht bekannt. Verteidigungsministerium und andere CDU-Politiker haben sich aber eher ablehnend zu solchen Überlegungen geäußert.
Die grüne Partei und Fraktion hat dazu noch keine Meinung gebildet, sieht solche Einsätze der Bundeswehr aber wohl eher skeptisch. Es wird auf die konkrete Situation und auf die konkrete Aufgabenstellung ankommen.
Joschka Fischer mischt sich in die Willensbildung der grünen Partei seit der Niederlegung seines Mandats nicht mehr ein.
Wie eine Entwicklung aussieht, die im Nahen Osten wirklich zum Frieden führt, kann ich nicht wissen. Aber Vorbedingung für einen Frieden wird wohl kaum sein können, daß gesellschaftliche Verhältnisse in einem palästinensischen Staat herrschen, wie Westeuropäer oder US-Amerikaner sie sich wünschen.
Ich halte es aber für möglich, daß auch die Hamas einen ähnlichen Prozeß durchmacht wie die PLO und irgendwann auch bereit ist, die Existenz des Staates Israel anzuerkennen. Allerdings wird es - wenn überhaupt realistisch - ein langer Weg sein und einen völlig anderen Umgang mit der Hamas voraussetzen als derzeit. Krieg mit Bomben und Raketen, gezielte Tötungsangriffe auf Hamasverdächtige mit zahlreichen getöteten Zivilisten werden den Weg nicht ebnen, sondern neuen Haß schüren und zu immer neuer Gewalteskalation führen.

Mit freundlichem Gruß
Ströbele