Frage an Heiderose Berroth bezüglich Soziale Sicherung

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Heiderose Berroth
FDP
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Frage an Heiderose Berroth von Marko N. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Berroth,

ich habe Ihre Ausführung hier mit Interesse gelesen u. dazu im Internet recherchiert. Dort kann man lesen, dass die FDP den Rentenbeitragssatz bei 19% halten will. Man will aber zugleich die Möglichkeit abschaffen, dass 58-jährige leichter an Arbeitslosengeld kommen. Auch will man das Altersteilzeitgesetz verschärfen. Gleichzeitig setzt die FDP verstärkt auf private Altersvorsorge. Beides zusammen bedeutet, dass man die Arbeitgeber soweit wie möglich v. ihrer sozialen Verantwortung entlasten u. die Renten in die alleinige Verwantwortung der Arbeitnehmer verlagern will. Glaubt die FDP ernsthaft, dass es für Rentner am Ende billiger sei, die Rentenbeiträge an Unternehmen zu zahlen, deren Pflicht es ist, ihren Aktionären möglichst hohe Renditen zu erwirtschaften? Der einzige Gewinner in dieser Sache wird doch am Ende die Versicherungswirtschaft sein! Wiederlegen Sie doch bitte meine Befürchtungen!

Im Übrigen kann ich den Internet-Auftritten der FDP entnehmen, dass Sie die Kinder früher in die Schule schicken u. gleichzeitig die Schulzeit verkürzen wollen. War es nicht in der Vergangenheit gerade das deutsche Fachwissen, das "Made in Germany" stark gemacht hat? Sind die schlechten Pisa-Ergebnisse nicht schon schlimm genug? Was wird besser, wenn zukünftig nicht erst 16- und 17-jährige, sondern schon 14- und 15-jährige bei der Suche nach Ausbildungsplätzen verzweifeln? Länger in irgendwelche Kassen einzahlen kann eh nur, wer auch Arbeit hat. Durch diese Maßnahmen wird es aber nicht mehr Arbeit geben. Vielmehr wird sich die Zahl der Schultern vermehren, auf der sich die immer weniger werdende Arbeit verteilt. Dagegen aber nennt auch die FDP keine tragbaren Konzepte! Oder etwa doch?

Alles was ich zu dieser Thematik von SPD, den Grünen, Union u. FDP lesen kann, bedeutet für Arbeitnehmer, Arbeitslose u. Rentner nichts gutes. Scheinbar haben hier nur WASG und Linkspartei alternative Konzepte!

Mit freundlichen Grüßen,

Marko Neuwirth

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Neuwirth,

zunächst ein Kompliment, Sie haben wirklich gut recherchiert. Deshalb beantworte ich gerne Ihre Fragen, auch wenn Sie selbst wohl schon ziemlich festgelegt sind.

Die staatliche Unterstützung der Frühverrentung - eigentlich in den frühen 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts mal als eine kurze "Übergangsphase" gedacht - hat dazu geführt, dass zu viele Beitragszahler wesentlich kürzer einbezahlen in die Sozialversicherung und stattdessen aus dieser länger Leistungen beziehen. Dass das auf Dauer nicht aufgehen kann ist mit Grundrechenarten nachzuvollziehen. Für Altersteilzeit setze ich mich durchaus ein, aber es kann nicht sein, dass solche Regelungen von den Solidarkassen oder den Steuerzahlern (in den meisten Fällen dürften das die selben Menschen sein) bezahlt werden. Wenn Sie noch im Bericht der Enquete-Komission des Landtags zum demografischen Wandel nachschauen, werden Sie feststellen, dass alle (!) Beteiligten sich für die Abschaffung der Frühverrentung einsetzen.

Bezüglich der privaten Altersvorsorge wäre es vermutlich interessant, einmal die Verwaltungskosten bei staatlich verordneten Einrichtungen und bei den Privaten zu vergleichen. Die Möglichkeit, dass es "für (künftige?) Rentner billiger sein" kann, sich privat zu versichern, besteht aus diesem Grund durchaus. Allerdings sollte jeder, der einen solchen Vertrag abschließt, das genau anschauen, eine gewisse Sorgfaltspflicht kann den Einzelnen hier nicht abgenommen werden.

Das System, Arbeitgebern wie Sie sagen "soziale Verantwortung" in zu hohem Maß zu übertragen hat ja gerade dazu geführt, dass der Arbeitsmarkt in Deutschland in den letzten Jahrzehnten nach und nach ausgezehrt wird. Deshalb ergibt eine gewissen Entlastung Sinn, wenn wir weiterhin Arbeitsplätze in Deutschland erhalten und auch wieder neue entstehen lassen wollen.

Nun noch zu Ihrer Schul-Frage: Gerade Pisa hat ergeben, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen der Dauer oder Länge des Schulbesuchs und dem Schulerfolg gibt. Wichtig ist vielmehr die Art des Unterrichts und z.B. auch, welches Ansehen der Bereich "Schule" in einer Gesellschaft genießt. Und da aus dem obigen Teil meiner Antwort ja schon hervorgeht, dass unser Sozialsystem nur zu sanieren ist, wenn die Einzelnen möglichst lange einzahlen, kommt schon von daher die Forderung nach Kürzung der Ausbildungszeiten (die in den letzten Jahrzehnten sich langsam aber stetig gewaltig ausgedehnt haben und Menschen die in den 50-er Jahren in die Schule gegangen sind, haben sich ja auch nicht gerade als schlecht ausgebildet erwiesen). Wichtig ist, dass Schüler bei Schulabschluss auch ausbildungsreif sind. Dann gibt es auch wieder mehr Angebote an Ausbildungsplätzen und damit kommt eben das von Ihnen beschriebene Horrorszenaria nicht in die Realität. Wenn wir allerdings nur so weitermachen wie bisher sehe ich eine ähnliche Entwicklung wie Sie sie beschreiben.

Arbeit muss bezahlbar bleiben. Nur wenn einem Unternehmer am Ende noch ein Gewinn übrigbleibt, wird der weiterhin seine Zeit und Kraft in einen Betrieb stecken. Das würden Sie doch genauso machen - oder?

Dass es inzwischen leider Betriebe gibt, die im System gegenseitiger Verantwortung nicht zu allen Teilen mitspielen ist eine Feststellung die auch mich beschäftigt. Verantwortlich für solche Entwicklungen sind u.a. die Aufsichtsräte und in denen sind in aller Regel die Gewerkschaften gut vertreten. Vielleicht fragen Sie ja auch dort einmal nach.

Mit freundlichen Grüßen
Heiderose Berroth MdL