Frage an Hendrik Siegel bezüglich Wirtschaft

Hendrik Siegel
FDP
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Frage von Jürgen B. •

Frage an Hendrik Siegel von Jürgen B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Siegel

Welche Möglichkeiten der Verhinderung einer „Festen Fehmarnbeltquerung“ sehen Sie noch, angesichts der o. g. neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse, da erst in gut zwei Jahren die Untersuchungsergebnisse, (u. a. ob Tunnel oder Brücke) vorliegen und erst danach das dänische Parlament über das erforderliche Baugesetz beraten und entscheiden muss, bei Berücksichtigung:

1. der aktuellen ökonomischen Situation
2. der für die Feriengebiete, von Bad Schwartau bis Fehmarn durch Schmutz und Lärm zu erwartenden Nachteile und
3. der Gefahren durch Schiffskollisionen (Tanker) für den internationalen Vogelzug und die Schweinswale und besonders für den lebensnotwendigen Wasseraustausch für die Ostsee?

Für eine möglichst kurze Antwort bis zum 15. September wären wir Ihnen dankbar.
Wir werden unsere Fragen und Ihre Antworten in geeigneter Form vor dem Wahltermin in den Medien veröffentlichen; aber auch die Parteien und Kandidaten benennen, die nicht geantwortet haben.
Da der einleitende Text zu lang ist, senden wir Ihnen die vollständige Anfrage per Email. Mit freundlichen Grüßen,

Jürgen Boos
Sprecher des Aktionsbündnisses
gegen eine feste Fehmarnbeltquerung.

Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Boos,

haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich Ihnen nicht bis zum 15. September antworten konnte - neben den Verpflichtungen, die eine Kandidatur mitbringt, stehe ich immer noch im Berufsleben. Ich möchte Ihnen aber gerne ausführlicher antworten - weshalb ich mir heute gerne die Zeit für Sie nehme.

Sie haben schon darauf hingewiesen, dass sich die dänische Seite hinsichtlich der Beltquerung durch den Staatsvertrag zunächst den Weg eröffnet hat, mit dem konkreten Planungsverfahren zu beginnen - wobei ja aktuell noch offen ist, ob sich die Dänen Ende 2012 für eine Brücke oder einen Tunnel entscheiden.

Wie Sie schon richtig bemerkt haben, birgt eine Brücken-Konstruktion sehr viele ökologische Risiken. Daher favorisiere ich eine Tunnel-Lösung, die ja mittlerweile nicht mehr so wesentlich teurer wäre wie noch zu Beginn der 1990er Jahre. Mich erstaunt aber die Vehemenz, die die dänische Seite zeigt, um das Planungsverfahren in Gang zu bringen und abzuschließen. Hier scheint mir, dass die dänische Regierung gewillt ist, dass Projekt tatsächlich umzusetzen - auch wenn alle bisherigen Gutachten (u.a. diejenigen zur Verkehrsprognose) äußerst konservative (sprich: pessimistische) Erwartungen ob der Verkehrsentwicklung auf der Route der Vogelfluglinie abgaben. Allerdings muss man hierzu durchaus anmerken, dass alle Gutachten die geringstmögliche Verkehrsentwicklung zu Grunde liegen und es von den wissenschaftlichen Methoden abhängt, welche Statistiken als glaubwürdig anzusehen sind. Generell muss man wohl davon ausgehen, dass die Mobilität unserer Gesellschaft - wie in den vergangenen Jahrzehnten - weiter zunimmt. Auch die Flexibilität junger Menschen nimmt immer mehr zu; sofern sich in Wohnortnähe kein Arbeitsplatz findet, sind gerade Jüngere eher bereit, auch über größere Entfernungen zu pendeln. Ich selbst bin Pendler zwischen Bad Schwartau und Hamburg. Daher kann man verlässliche Aussagen über die Verkehrsentwicklung wohl erst treffen, wenn eine feste Beltquerung entstanden ist. Das ist natürlich unbefriedigend; wenn man Verkehrsplaner befragt (das gilt übrigens auch für Unternehmen), dann sind aber Prognosen oft nur Berechnungsgrundlagen für die Planungsphase. Unvohergesehene Ereignisse und Entwicklungen, z.B. ein plötzliches Absinken im Verkehrsaufkommen, lassen sich damit keinesfalls abbilden.

Vor dem Hintergrund der aktuellen ökonomischen Situation wird das dänische Parlament Ende 2012 nochmals entscheiden können, ob es nach dem Abschluss der Planungsphase tatsächlich mit dem Bau beginnen will. Hier hat die deutsche Seite auf Grund der rechtlichen Konstruktion des Staatsvertrages keine Möglichkeit der Mitwirkung und Mitentscheidung. Staatsverträge als völkerrechtliche Verträge sind zudem nicht einfach änderbar; deshalb müssen wir uns auf die möglichen Entscheidungen des dänischen Parlaments einstellen.

Richtig ist, dass die Hinterlandanbindung, zu der die deutsche Seite verpflichtet wurde, so umweltverträglich wie möglich geplant und realisiert werden muss. Wobei ihre Realisierung dann in Betracht kommt, sobald Dänemark sich für einen Bau entschieden hat. Ich möchte ebenso wenig wie Sie, dass die Menschen einen Verlust ihrer Lebensqualität hinnehmen müssen - und ich möchte auch nicht, dass durch den von der Bahn AG prognostizierten zunehmenden Güterschienenverkehr die Lärmbelästigung zunimmt. Daher sagt die FDP ganz klar: Es muss eine alternative Schienentrasse für den Güterverkehr geben, abseits der Ostseebäder. Diese Lösung wird teuer - aber wir sollten an die Zukunft unserer Region denken und alles dafür tun, dass der Tourismus nicht eingeschränkt wird. Man muss alle denkbaren neuen Trassenvarianten prüfen, auch eine weite Umfahrung der Städte und Gemeinden im Südkreis: Dort gab es einmal eine so genannte "Kanonenbahn" für Militärtransporte zwischen Kiel und Lübeck - würde man solche alten Routen reaktivieren, und diese führte ab Reinfeld weit an Lübeck und dem Südkreis vorbei, könnte man durchaus akzeptable Lösungen finden. Auf jeden Fall müssen die Menschen am Fehmarnsund entlastet werden - hier kann es aber kein weiteres Brückenbauwerk neben der Sundbrücke geben; zum einen wegen der umliegenden Naturschutzgebiete, zum anderen wegen des unzureichenden Raumes, der dort zur Verfügung steht. Auch hier halten wir eine Tunnel-Lösung für umweltverträglich und für die Bevölkerung am wenigsten belastend.

Mit freundlichen Grüßen,
Hendrik Siegel