Frage an Heribert Hirte bezüglich Recht

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Heribert Hirte
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Frage von Christian K. •

Frage an Heribert Hirte von Christian K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Hirte,

ich würde gerne von Ihnen erfahren, wie Sie bzw. Ihre Partei zu der Finanzierung der Kirchen durch die Allgemeinheit stehen.

Dabei geht es mir ausdrücklich nicht um die Ausstattungen für Staatsleistungen durch Diakonie und Caritas (ca. 45 Mrd. € jährlich, Stand 2010) oder die Einnahmen durch die Kirchensteuer in Höhe von ca. 10 Mrd. €, mir geht es um die weiteren Zuwendungen, Subventionen und Steuerbefreiungen an die Kirchen und ihre Einrichungen in Höhe von rund 19 Mrd. € jährlich.

Mir erschließt sich nicht, warum ich mich als Konfessionsloser bspw. an der Finanzierung der Theologenausbildung beteiligen muss (über 620 Mio € jährlich durch die Länder, wobei ein Theologieprofessor im Vergleich zu einem Wirtschaftsprofessor nur rund ein Zehntel der Studenten zu betreuen hat) oder warum ich die üppigen Gehälter von Bischöfen, Kardinälen etc. zu finanzieren habe.
Völlig absurd wird es dann, wenn man bedenkt, dass die Herren Durchlauchten sich trotz ihrer 5-stelligen Gehälter weder an Renten- noch an Arbeitslosenversicherung beteiligen müssen. Wie christlich!

Wie stehen Sie bzw. Ihre Partei zu dieser Privilegierung christlicher Konfessionen gegenüber Konfessionslosen (deren Anteil in der Bevölkerung wohlgemerkt mittlerweile größer ist als die jeder Konfession)?
Planen Sie bzw. Ihre Partei, gegen diese Ungerechtigkeit vorzugehen und falls ja, wie?

Mit freundlichen Grüßen
Christian Kafka

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CDU

Sehr geehrter Herr Kafka,

haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift. Das von Ihnen angesprochene Verhältnis zwischen Staat und Kirchen und insbesondere die finanziellen Verflechtungen sind wohl in der Diskussion, so lange es Staat und Kirchen gibt. Allerdings kann ich manche der von Ihnen genannten Zahlen (insb. die „weiteren Zuwendungen in Höhe von 19 Mrd. EUR jährlich“ und die Kosten für die Theologenaus-bildung in Höhe von 620 Mio. EUR jährlich) nicht nachvollziehen.

Jedenfalls freue ich mich, dass Sie zunächst zwischen den karitativen Leistungen der Kirchen auf der einen Seite und der Vergütung von höheren kirchlichen Würdenträgern und theologischen Hochschullehrern auf der anderen Seite unterscheiden. Dabei ist Ihnen sicherlich die rechtliche Begründung für die Finanzierung der kirchlichen Würdenträger bekannt (ausführlich dazu http://blog.handelsblatt.com/handelsblog/2013/10/11/warum-zahlt-der-staat-eigentlich-die-bischofsgehalter/ ). Insofern mag ich auf diese und eine evtl. Ablösung der Kirchenlasten nicht ein-gehen.

Die Frage, die Sie aber zu Recht stellen, ist, ob letztere Zahlungen losgelöst von rechtlichen Verpflichtungen auch in Anbetracht der hohen Anzahl von Konfessionslosen „richtig“ sind – das von Ihnen gewählte Wort „gerecht“ will ich bewusst nicht verwenden. Diese Frage muss man allerdings bei jeder Förderung einer abgrenzbaren Gruppe – sei es von Umweltschutzverbänden, der DLRG oder z.B. deutscher Schulen im Ausland – stellen.

Die staatliche Finanzierung der Ausbildung von religiösen Würdenträgern, übrigens auch anderer Konfessionen, mag nicht immer einen direkten Wert für jedes Individuum erkennen lassen. An jener Stelle, an der Sie persönlich keinen direkten Mehrwert für sich selbst sehen, finden viele andere Bürgerinnen und Bürger elementare Hilfe und Unterstützung, übrigens auch Konfessionslose, wie Sie bei dem Thema Militärgeistliche in Auslandseinsätzen der Bundeswehr erkennen wer-den. Zudem möchte ich auf die Vielzahl an Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft, von Kindertagesstätten über Schulen bis hin zu Senioreneinrichtungen, verweisen, die von vielen Menschen sehr gerne und bewusst genutzt werden und bei denen die Betreuung durch Geistliche elementarer Bestandteil der Versorgung ist.
Und auch mit Blick auf die aktuelle Situation in anderen Ländern der Welt wird klar (wir denken z.B. an den Anschlag auf christliche Kopten in Ägypten): Nur wenn eine Gesellschaft sich mit der Vielfalt an Religionen und Weltanschauungen auseinandersetzt, kann Sie Toleranz gegenüber anderen Gläubigen üben. Engstirnigkeit und Ablehnung sind hier keine Lösung, sondern verschärfen nur die Konflikte. Denn Religionsfreiheit, welche nicht nur impliziert, seine Religion frei ausüben zu können, sondern eben auch, keiner Religion anzugehören, ist ein Menschenrecht.

Für mich ist dabei die Antwort klar: Religiöse Berufsgruppen tragen einen besonderen Wert für unsere Gesellschaft als Ganzes und leisten einen großen Dienst an Groß und Klein. Deshalb gilt es, gerade diese Menschen, welche ihr Leben und ihre Arbeit in den Dienst unserer Gesellschaft stellen, zu schützen.

Erlauben Sie mir noch einen Hinweis zum zweiten Teil Ihrer Nachricht: Eine Beteiligung an der Renten- oder Arbeitslosenversicherung wäre für die aus staatlichen Mitteln vergüteten hohen kirchlichen Würdenträger widersinnig, da Kirchenbeamte (wie staatliche Beamte) eben weder eine Ren-te aus der Rentenversicherung bekommen noch (regulär) gekündigt werden können. Sollten die entsprechenden Personengruppen in die staatliche Rente überführt werden, müsste jedoch wegen der Lohnabzüge die Bruttovergütung entsprechend erhöht und wegen der Beitragsbemessungsgrenze (und damit der begrenzten Möglichkeit, Rentenversicherungsbeiträge einzuzahlen) entweder eine weitere Erhöhung der Bruttovergütung zur Finanzierung einer privaten Absicherung oder eine zusätzliche Absicherung vorgenommen werden, um ein vergleichbares Rentenniveau zu sichern. Im Übrigen wäre nicht klar, ob bei der statistisch recht hohen Lebenserwartung von Akademikern und damit einer langen Rentenbezugsdauer der Wechsel der Kirchenbeamten in die staatliche Rente ein gutes Geschäft für die übrigen Rentenempfänger wäre (eine ähnliche Diskussion wurde auch schon in Bezug auf Freiberufler geführt).

Bei weiteren Fragen wenden Sie sich gerne auch direkt an heribert.hirte@bundestag.de.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Heribert Hirte