Frage an Heribert Hirte

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Heribert Hirte
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Frage von Guido F. •

Frage an Heribert Hirte von Guido F.

Sehr geehrter Herr Professor Hirte,

ich danke Ihnen für die Antwort und weise gerne darauf hin, dass ich die Quelle am Ende meiner Anfrage aufgeführt hatte.

Der Berliner Zeitung zufolge ( http://tinyurl.com/ybplqsrl ), sprachen sich im Vorfeld gleich mehrere Landesrechnungshöfe gegen die Privatisierung der Autobahnen aus, weil bereits bestehende ÖPP gezeigt hätten, dass alleine diese Partnerschaften mit Privatinvestoren die Kosten um bis zu 40 Prozent gegenüber einer rein öffentlichen Finanzierung ansteigen ließen. Diese Beanstandung bezog sich nicht darauf, dass der geplante Baukostenrahmen nicht eingehalten werden konnte.

Großanleger werden ihr Kapital sicherlich auch nicht aus caritativen Zwecken in deutsche Autobahnen investieren. Sie erwarten eine Rendite, die ganz bestimmt höher ausfallen soll, als beispielsweise Bundesschatzbriefe einbringen würde. Die BRD erhält nun allerdings von allen Ratingagenturen Bestnoten und kann sich daher zu den günstigsten Konditionen mit Fremdkapital versorgen. Warum sollte es also insbesondere im Hinblick auf eine schlechtere Finanzlage sinnvoll sein, wenn man zur Finanzierung des Autobahnbaus, im Rahmen einer ÖPP eine Gewinnausschüttung festschreibt, die ein Vielfaches über den Finanzierungkosten durch Bundeswertpapiere liegt? Wäre denn nicht - ganz unabhängig von der Haushaltslage - stets geboten, unnötige Kosten zu vermeiden und immer die kostengünstigste Finanzierung zu wählen? Und wie könnte es in Zeiten der LKW-Maut und zukünftig auch der PKW-Maut überhaupt dazu kommen, dass nicht genügend Mittel für den Autobahnbau zur Verfügung stehen?

Bezüglich Ihres Hinweises, dass man eine Steuerreform, die untere Einkommensschichten entlastet, in dieser Legislaturperiode leider nicht geschafft hat, bitte ich Sie kurz zu erklären, aus welchem Grund es Ihnen und Ihren Parteikollegen offensichtlich sehr viel wichtiger war, Steuergeld an private Großinvestoren zu verschenken.

Mit freundlichen Grüßen

Guido Friedewald

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CDU

Sehr geehrter Herr Friedewald,

herzlichen Dank für Ihre Nachfrage. Das Zitat aus der Berliner Zeitung war mir bekannt. Ich habe allerdings darauf abgestellt, dass ich nicht ersehen kann, dass IN ZUKUNFT die ÖPP-Bauprojekte 40 % teurer werden als vergleichbare öffentlich finanzierte. Ich habe meine Mitarbeiter die beiden Gutachten des Bundesrechnungshofes

https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/gutachten-berichte-bwv/berichte/langfassungen/2013-bwv-gutachten-wirtschaftlichkeitsuntersuchungen-bei-oeffentlich-privaten-partnerschaften-oepp-im-bundesfernstrassenbau

und

https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/gutachten-berichte-bwv/gutachten-bwv-schriftenreihe/langfassungen/2016-bwv-gutachten-organisationsformen-und-finanzierungsvarianten-fuer-die-bundesfernstrassen

quer lesen lassen. Auch Ihnen empfehle ich die Lektüre, die zeigt, dass Alternativkostenberechnungen gar nicht so einfach sind (daher sollte man vorsichtig sein bei der Aufstellung von Hypothesen...). Auch wird gerade nicht dargestellt, dass ÖPPs systemisch unwirtschaftlicher (teurer ist nicht immer unwirtschaftlicher!) sein müssen. Dass für die Vergangenheit ÖPPs unwirtschaftlicher waren - und dies möglicherweise nach Sicht des Bundesrechnungshofes auch im Vorhinein erkennbar war - bedeutet, dass diese Projekte nicht hätten als ÖPP durchgeführt werden dürfen, denn bei sämtlichem wirtschaftlichem Handeln des Staates gilt das Gebot der Wirtschaftlichkeit, das u.a. in § 7 BHO seinen Widerhall findet.

Ansonsten kann natürlich ein privater Anbieter ein wirtschaftlicheres (und auch preisgünstigeres) Angebot abgeben, als ein "öffentliches": In der Regel arbeiten private Anbieter, die auch selbst im Haftungsrisiko stehen, schneller und effektiver. So sieht selbst der Bundesrechnungshof die ÖPPs als vorteilhaft in der Hinsicht an, dass sie der öffentlichen Hand ein Beispiel für bessere Verwaltung bieten.

Und zu dem Punkte schlechte wirtschaftliche Lage: Das funktioniert wie im Privatleben - wenn man keinen vollen Kredit aufnehmen will, aber doch ein größeres (überhaupt) ein Auto haben möchten, dann least man es. Dies mag nicht die wirtschaftlichste Lösung sein, aber sonst hätten sie gar keines. Eine höhere Kreditaufnahme ist dabei auch auf staatlicher Seite nicht immer (vor allem in Zeiten der Schuldenbremse) möglich und auch nicht immer aus psychologischen Gründen politisch gewollt.

Und zum Thema "Wie kann es sein, dass in Zeiten von Maut nicht genug Mittel zur Verfügung stehen": Das Grundprinzip zumindest von Steuern ist, dass sie zweck-ungebunden erhoben werden - auch heute decken die Einnahmen von LKW- und perspektivisch der PKW-Maut nicht die Kosten für unser Straßennetz. Somit müss(t)en auch "normale" Steuern hinzugeschossen werden. Wenn nun aber der Bundestag (als demokratische Vertretung der der Bevölkerung) entscheidet, das Geld anderweitig zu verwenden, dann fehlt es eben bei den Straßen.... (und wird eher in Sozialleistungen, Forschung oder sonstiges "investiert").

Ihr

Heribert Hirte