Frage an Hubertus Heil bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Hubertus Heil
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Frage von Jörg S. •

Frage an Hubertus Heil von Jörg S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Heil,
erst einmal vielen Dank für ihre Antwort. Ich arbeite als LKW Fahrer im Nahverkehr und verdiene wirklich nicht gut. Außerdem bezahlt die Firma bei der ich angestellt bin auch keine Spesen! Da es eine Transportfirma ist und keine Spedition. So einfach ist es in Deutschland Kosten zu drücken. Wie ihnen vielleicht bekannt ist, gibt es schon einen Tariflohn für LKW Fahrer. Werden sie nun diesen in überschaubarer Zeit für allgemeinverbindlich erklären? Und was gedenken sie gegen die billige Konkurenz aus dem europäischen Ausland zu tun? Denn das ist einer der Hauptgründe das die inländischen Fahrer keinen vernünftigen Lohn mehr bekommen.
MfG
Jörg Schwarz

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Sehr geehrter Herr Schwarz,

vielen Dank für Ihre Frage.

Es gibt mehrere regionale Lohn-, Gehalts- oder Entgelttarifverträge in Deutschland für die Branche Spedition/Güterverkehr sowie auch für das Transport- und Logistikgewerbe. Ob die konkrete Tätigkeit und der jeweilige Betrieb in den Geltungsbereich dieser Tarifverträge fällt, ist eine Einzelfallfrage. Damit ein Tarifvertrag auch für Arbeitgeber gilt, die nicht Mitglied im Arbeitgeberverband sind, muss der Tarifvertrag allgemeinverbindlich sein. Voraussetzung dafür ist ein gemeinsamer Antrag der Tarifvertragsparteien, den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären sowie u.a. ein öffentliches Interesse an der Erstreckung der Rechtsnormen des Tarifvertrages auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer. Eine unterste Grenze für das Arbeitsentgelt setzt das Mindestlohngesetz und die dazu jeweils erlassene Rechtsverordnung.

In welchem Umfang die Mitgliedstaaten ihre nationalen Lohnvorschriften auf Fahrer im internationalen Verkehr anwenden dürfen, war in der Europäischen Union rechtlich und politisch sehr umstritten. Das hat dazu geführt, dass die Europäische Kommission Ende Mai 2017 im Rahmen ihres sog. Mobilitätspaketes I hierzu einen Richtlinienvorschlag unterbreitet hat. Nach langen Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten und im Europäischen Parlament haben der Rat am 7. April 2020 und das Europäische Parlament am 9. Juli 2020 das Mobilitätspaket I schließlich angenommen. Die verabschiedeten europäischen Vorschriften werden in den nächsten Wochen in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten müssen sie dann innerhalb von 18 Monaten umsetzen. Damit wird künftig unter anderem Rechtssicherheit hergestellt, auf welche Beförderungen die Mitgliedstaaten die in der sogenannten Arbeitnehmerentsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG) genannten Mindeststandards anwenden dürfen. Zu diesen Mindeststandards zählen auch Entlohnungsbedingungen, aber auch Mindesturlaubsregelungen und anderes. Voraussetzung ist, dass diese Mindeststandards gesetzlich oder in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag geregelt sind, der bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss; in Deutschland gilt das für allgemeinverbindliche Tarifverträge mit bundesweitem Geltungsbereich. Nach den neuen europäischen Vorschriften können die Entsenderegeln im Straßenverkehr in jedem Fall auf Kabotagebeförderungen angewendet werden. Bei grenzüberschreitenden Beförderungen ist zu unterscheiden: Sogenannte bilaterale Fahrten, bei denen Ware zwischen dem Herkunftsstaat des Verkehrsunternehmers und einem anderen Mitgliedstaat transportiert wird, sind ausgenommen; dabei dürfen unterwegs maximal zwei Beiladungen in einem weiteren Mitgliedstaat erfolgen. Die Entsenderegeln dürfen außerdem nicht angewendet werden auf Fahrer, die einen Mitgliedstaat lediglich im reinen Transitverkehr durchqueren.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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