Frage an Ingbert Liebing bezüglich Finanzen

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Ingbert Liebing
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Frage an Ingbert Liebing von Ole S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Liebing,

letzte Woche wurde die isländische Bank Kaupthing verstaatlicht. Über 30.000 Deutsche Anleger, die ihr Erspartes in konservativen Tages- und Festgeldkonten der Kaupthing eingezahlt hatten, bangen nun verzweifelt um ihr Geld. Altersersparnisse sind ebenso betroffen wie die Rücklagen für Kinder oder Investitionen. Ganze Existenzen sind bedroht! Die Verzweiflung ist groß!

Die deutschen Anleger sind derzeit ratlos und wissen nicht, an wen sie sich zu wenden haben.

In Schweden, der Schweiz, England und den Niederlanden wurden bereits Lösungen von den jeweilgen Staatsregierungen erarbeitet, die zur Folge haben, dass die Anleger der isländischen Banken aus den o.g. Ländern ihr Geld erstattet bekommen. Die Niederlande und Schweden vergeben dazu z.B. zweckgebundene Kredite an Island.

Einzig die Anleger in Deutschland erfahren bislang keine Unterstützung durch die Regierung.

Was gedenken Sie zu tun, um uns Kaupthing-Geschädigten zu helfen? Werden Sie Lösungen wie in den Niederlanden und Schweden entworfen auch in Deutschland fordern und unterstützen? Helfen Sie uns Kaupthing-Anlegern in Verhandlungen mit dem isländischen Staat Klarheit zu schaffen und die Situation zu lösen?

Ein beherztes Eingreifen der Bundesregierung ist notwendig und würde das Vertrauen in die Finanzwelt ebenso herstellen, wie es die Handlungsfähigkeit des deutschen Staates beweisen würde. Die "Garantie" für private Anlagen, welche Frau Bundeskanzlerin Merkel und Herr Steinbrück vor wenigen Tagen ausgesprochen haben, darf nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben!

Besten Dank und freundliche Grüßen!

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CDU

Sehr geehrter Herr Singelmann,

vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch. Gern beantworte ich sie Ihnen. Die Kaupthing Bank ist die größte isländische Bank und die sechstgrößte in den nordischen Ländern. Am 9. Oktober 2008 wurde die massiv angeschlagene Kaupthing verstaatlicht. Zuvor hatte die isländische Regierung bereits die Kontrolle über die Institute Landsbanki und Glitnir übernommen. So hoffte der isländische Staat, die schwierige Lage auf dem isländischen Bankenmarkt zu beruhigen und Mittelabflüsse zu stoppen.

Am 9. Oktober 2008 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein Zahlungs- und Veräußerungsverbot über die deutsche Niederlassung der Kaupthing Bank verhängt. Dieses so genannte Moratorium gilt unbefristet und soll einen überstürzten, ungeordneten Abzug der Einlagen verhindern. Nach deutschem Recht müssen laut BaFin spätestens sechs Wochen nach Verhängen des Moratoriums die Weichen für die Entschädigung der Kunden gestellt werden. Die deutsche Niederlassung hat noch Gelder in unbekannter Höhe, darf diese aber aufgrund des Moratoriums nicht auszahlen. Was im Fall einer Insolvenz mit den Geldern geschieht, die noch bei der deutschen Tochter liegen, ist unklar. Unter Umständen müssten diese Einlagen dann in den isländischen Einlagensicherungsfonds überwiesen werden.

Die Kaupthing-Bank ist nicht Mitglied des deutschen Bankenverbandes und als ausländisches Institut auch nicht in der deutschen gesetzlichen Einlagensicherung. Daher nimmt die isländische Bank auch nicht am deutschen Einlagensicherungsfonds, der Sparen Einlagen von mindestens 1,5 Millionen Euro garantiert, teil. Die Kunden profitieren auch nicht von der Garantieerklärung der Bundesregierung für Einlagen auf Tages- und Festgeldkonten.

Die Bank ist dem isländischen – also nicht dem deutschen - Einlagensicherungsfonds angeschlossen. Dieser Fonds schützt die Einlagen jedes einzelnen Kunden - auch in Deutschland - bis zu einer Höhe von 20.887 Euro zu 100 %. Dieser Betrag ist zwar von dem isländischen Staat garantiert und unabhängig vom Kurs der Krone. Der isländische Staat müsste einspringen, wenn das Geld im Fonds nicht ausreicht, hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, nur an isländische Bürger zu zahlen, da die ausländischen Verbindlichkeiten dermaßen groß seien, dass sie zum Staatsbankrott von Island führen würden, wenn sie bedient werden müssten.

Es muss nun zunächst abgewartet, ob die isländische Bankaufsicht den Entschädigungsfall feststellt. Davon kann jedoch ausgegangen werden. Die Finanzaufsicht in Reykjavík hat für die Prüfung drei Wochen Zeit. Sollte der Einlagensicherungsfall festgestellt werden, wird ein Entschädigungsverfahren eingeleitet. Die deutschen Kunden der Kauptink Bank müssten sich dann beim isländischen Einlagensicherungsfonds melden, um ihre Einlagen zurückzufordern. Das notwendige Formular kann man sich auf Englisch unter www.tryggingarsjodur.is/Payments herunterladen.

Politisch scheint es so zu sein, dass die isländische Regierung das Erfüllen des juristischen Anspruchs von Bedingungen abhängig macht. So signalisierte die Regierung in Reykjavik bereits, dass Kunden aus den Niederlanden und Großbritannien im Notfall bis zur Obergrenze von 20.887 Euro pro Person entschädigt werden. Beide Länder hatten nach dem Kollaps von Islands Finanzsystem mit den isländischen Behörden verhandelt. Dafür stellen die Niederlande Island einen Kredit zur Verfügung. Für Großbritannien wurde eine prinzipielle Vereinbarung über den Einlagenschutz von Icesave-Kunden getroffen. Hier sollen die Details noch festgelegt werden. Für Deutschland fehlt eine solche Vereinbarung. Deutsche Kunden können allenfalls Einlagen von bis zu etwa 20.800 Euro bei der isländischen Zentralbank einfordern. Die Ansprüche können sie bei der isländischen Einlagensicherung anmelden. Solange die Bank aber noch keine Insolvenz angemeldet hat, können Ansprüche deutscher Kunden vom isländischen Einlagensicherungsfonds nicht berücksichtigt werden.
Auch die von der Europäischen Union beschlossene Erhöhung des gesetzlichen Schutzschirms von mindestens 50.000 Euro kommt in diesem Fall nicht zum Tragen.
Es gibt Bestrebungen von Seiten der Bundesregierung, mit der isländischen Regierung zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Sie setzt sich dafür ein, dass für die Sparer aus Deutschland Entschädigungen gemäß der isländischen Einlagensicherung gezahlt werden. Derzeit ist davon auszugehen, dass zumindest die Entschädigungssummen gerettet werden.

Hier einige Ratschläge für Kaupthing-Kunden:

1. Eine Verstaatlichung ist noch keine Pleite. Ob Kaupthing Bankrott ist, entscheidet sich erst noch. So lange sind die deutschen Einlagen wegen des Moratoriums der BaFin eingefroren. Die Frist endet am 20. November.

2. Falls die Zahlungsunfähigkeit festgestellt wird, müssen Sparer innerhalb von zwei Monaten ihre Ansprüche anmelden, und zwar über die Website der isländischen Einlagensicherung: www.tryggingarsjodur.is/QA

3. Dem Formular müssen beigefügt werden: möglichst aktuelle Kontoauszüge, Belege über Einzahlungen vom Referenzkonto. Die gelten auch alternativ zu den Kaupthing-Kontoauszügen, falls die nicht vorliegen oder nicht auszudrucken sind.

4. Am besten per Einschreiben einschicken an: Seðlabanki Íslands, Central Bank of Iceland, Kalkofnsvegi 1, 150 Reykjavik, Tel.: 00354 569 9600

Hier noch weitere Hintergrundinformationen:

Die isländische Muttergesellschaft Kaupthing Bank hf. ist seit März 2008 mit einer Niederlassung in Frankfurt am Main vertreten. Am Montag dem 6. Oktober 2008 betrugen die Einlagen der rund 50.000 deutschen Kunden nach Angaben von FTD noch 500 Millionen Euro. Am Mittwoch dem 8. Oktober 2008 war das Call-Center und die Geschäftsleitung in Frankfurt nicht mehr zu erreichen, das Online-Banking funktionierte aber nach wie vor. Am Morgen des 9. Oktober 2008 hat die Bank beantragt, dass die isländische Finanzaufsichtsbehörde FME (Fjármálaeftirlitið) anstelle der Aktionäre die Kontrolle der Bank übernimmt. Ein von der FME berufener Ausschuss übernahm die Befugnisse und Aufgaben des Vorstandes. Der Zugriff auf sämtliche Konten wurde umgehend gesperrt. Am Nachmittag des 9. Oktober 2008 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein Zahlungs- und Veräußerungsverbot über die deutsche Niederlassung der Kaupthing Bank verhängt. Dieses so genannte Moratorium gilt unbefristet und soll einen überstürzten, ungeordneten Abzug der Einlagen verhindern. Nach BaFin-Angaben sind Einlagen von Deutschen in Höhe von 308 Mio. Euro betroffen.

Die Kaupthing Bank hf. ist eine Universalbank und bietet Unternehmen und Privatpersonen Finanzdienstleistungen an, die von geschäftsbezogenen Leistungen über Kapitalmarktdienste bis zur Vermögensverwaltung sowie Private Banking und Investment Banking reichen.

Die Bank ist dem isländischen Einlagensicherungsfonds angeschlossen. Dieser Fonds schützt nach Angaben der Bank die Einlagen jedes einzelnen Kunden – auch in Deutschland – bis zu einer Höhe von 20.887 Euro zu 100 %, dieser Betrag sei von dem isländischen Staat garantiert und unabhängig vom Kurs der Krone. Der Fonds hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, nur an isländische Bürger zu zahlen, da die ausländischen Verbindlichkeiten dermaßen groß seien, dass sie zum Staatsbankrott von Island führen würden, wenn sie bedient werden müssten.

Ich hoffe sehr, Ihnen mit diesen Informationen zunächst weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Ingbert Liebing, MdB