Frage an Ingo Gädechens bezüglich Verkehr

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Ingo Gädechens
CDU
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Frage von joachim k. •

Frage an Ingo Gädechens von joachim k. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Gädechens,

ich bin als Bürger und Steuerzahler der Meinung, daß Sie als Abgeordneter auch mich Ratekauer vertreten.
Ich las irritiert in den LN, daß die etablierten Parteien eine Sinn- und Nutzen- sowie Kostendiskussion über das Projekt abgebügelt haben.
Eine Chance für Überzeugungsarbeit vertan!
Wer Diskussionen abwürgt, setzt sich dem Verdacht aus, er habe Macht, aber keine Argumente.
Ich frage: welche Vorteile für Ostholstein ergeben sich durch nachts vorbeidonnernde Güterzüge?
Ich bin nicht gegen den Tunnel! Ich glaube, aus allen Veröffentlichungen der Femern AS ermitteln zu können, was sich als immer klarer herausstellt: Das Projekt ist unrentabel!
Rechnen Sie nach: 5,5 Mrd Preisbasis 2008 = 7 Mrd in 2021! Hinterlandanbindung ehemals 900 Mio, lt Rechnungshof mind. auf 1,7 Mrd verdoppelt (ohne die Brücken/Tunnelverbindung!) und ohne den zusätzlichen Lärmschutz durch Wegfall des Schienenbonus!
Bitte erklären Sie, warum die Bundesbahn bestätigt, dass nachts fahrende Güterzüge Lärm, aber keinen Arbeitsplatz bringen!(gefragt bei einer Roadshow/Ratekau)
Floskeln: Europa wächst zusammen! Auf der Basis kann man auch das Zuschütten der Ostsee fordern, um dann auf einem Damm bis nach Helsinki eine Autobahn zu bauen!Die finanzierenden Banken und die Bauunternehmen verdienen,alles andere zahlt drauf!
Tunnel ja, aber ohne Eisenbahn! Die Dänen wollen mehr als 80 % der Maut bei PKW und LKW kassieren, sie werden dann schnell feststellen, daß die Finanzierung bzw Tilgung der Kredite etwas länger dauert als die aktuell veranschlagten 39 Jahre.
Meine Frau hat formuliert: Männer haben diese Entscheidung getroffen, sich durch den schlecht verhandelten Vertrag über den Tisch ziehen lassen, können aber aus Ego-Gründen nicht zurück! Koste es was es wolle (Hamburg, Elbphilharmonie, das gleiche Bild!).
Hier ist noch kein Punkt erreicht, an dem man nicht umkehren könnte!

Also: Welcher Nutzen ergibt sich konkret durch die Güterzüge, die nicht halten?

Gruß J. Krönke

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Krönke,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 28. April 2013 und Ihre erneute Anfrage über das Portal abgeordnetenwatch vom 6. Mai 2013. Ich bitte um Verständnis, dass ich aufgrund der Vielzahl von Anfragen, die mich täglich erreichen, nicht jedem Petenten innerhalb weniger Tage antworten kann. Seit ich direkt-gewählter Abgeordneter bin, erhalte ich viele Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, die sich besorgt zur Festen Fehmarnbeltquerung und zur dazugehörigen Hinterlandanbindung äußern. Als CDU Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Ostholstein/Stormarn-Nord nehme ich jede Anregung gerne auf und sehe es als meine Aufgabe an, die Sorgen und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger an die verantwortlichen Stellen (Bahn, BMVBS, Landesplanungsbehörde) weiterzutragen, damit diese ernstgenommen und im Planungsverlauf berücksichtigt werden.

In Ihrer Frage haben Sie nach dem Nutzen der Festen Fehmarnbeltquerung für Ostholstein gefragt. Hier gehen naturgemäß die Sichtweisen weit auseinander. Anmerken möchte ich hierzu nur, dass sehrwohl einige Unternehmen und Betriebe in Ostholstein einen Mehrwert in der Querung sehen und sich mit neuen Geschäftsmodellen bereits jetzt auf eine wachstumsorientierte Grenzregion einstellen. In Ihrer E-Mail nehmen Sie Bezug auf einen Artikel der Lübecker Nachrichten vom 26.04.2013 („Bund bekennt sich zur Festen Beltquerung“). Der Artikel ist aus meiner Sicht nicht objektiv und gibt die tatsächlich im Plenum geführte Debatte unvollständig wieder. Daher möchte ich Ihnen gerne meine Einschätzung mitteilen, damit Sie sich ein eigenes Bild machen können.

Am 25. April standen im Plenum des Deutschen Bundestages zu TOP 14 Fehmarnbeltquerung drei Anträge zur Debatte:

Antrag der Fraktion der SPD - Schutz vor Schiffsunfällen beim Bau der Fehmarnbelt-Querung sicherstellen

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Feste Fehmarnbeltquerung auf den Prüfstand - Ausstieg aus dem Staatsvertrag mit dem Königreich Dänemark verhandeln

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Chancen und Risiken ergebnisoffen bewerten - Verhandlungen mit dem Königreich Dänemark über den Ausstieg aus dem Staatsvertrag über den Bau einer festen Fehmarnbelt-Querung aufnehmen

Diese Anträge wurden zuvor bereits mehrfach und ausführlich im Verkehrsausschuss beraten und debattiert. Da ich zu diesem TOP selbstverständlich im Plenum anwesend war, kann ich nicht bestätigen, dass hier eine Diskussion „abgebügelt wurde“. Vielmehr ist es bereits das dritte Mal (zuvor bereits im April 2012 und im November 2012), dass die Fehmarnbeltquerung auf der Tagesordnung einer Plenardebatte stand.

Die Entscheidung zum Bau der Festen Fehmarnbeltquerung wurde - wie Sie sicher wissen - 2008 auf Grundlage eines Staatsvertrages zwischen Dänemark und Deutschland getroffen und vom damaligen SPD-Verkehrsminister Tiefensee und der dänischen Verkehrsministerin Carina Christensen unterzeichnet. Staatsverträge dienen bei solchen Großprojekten der Rechtssicherheit und dem gegenseitigen Vertrauensschutz. Daher wurde auch in Artikel 22 des Vertrages festgelegt, dass nur bei gravierend veränderten Rahmenbedingungen - „im gegenseitigen Einvernehmen“ - über die Fehmarnbeltquerung nachverhandelt wird. (Dies ist aus den oben genannten Gründen der Rechtsicherheit ein bei internationalen Verträgen üblicher Passus.)

Derzeit sehen weder das Königreich Dänemark noch die Bundesrepublik Deutschland veränderte Rahmenbedingungen. Auch gibt es in beiden Ländern derzeit keine parlamentarischen Mehrheiten, die einen Ausstieg oder Nachverhandlungen zu diesem Verkehrsprojekt fordern. Im Gegenteil, die dänische Planungsgesellschaft ist bereits mit größeren Millionensummen für Gutachten und Studien sowie ersten Ausschreibungen in Vorleistung gegangen und plant sehr konkret erste Baumaßnahmen. Zum besseren Verständnis möchte ich anmerken, dass im Staatsvertrag damals keine konkreten Zahlen für das Projekt genannt wurden. Allerdings wurden zum damaligen Zeitpunkt 5,6 Milliarden Euro für das Verkehrsprojekt veranschlagt, von denen 4,8 Milliarden Euro (für die eigentliche Querung) vom Königreich Dänemark getragen werden sollten.

In den Vorentwurfsplanungen der Deutschen Bahn wurden damals die Kosten für den Ausbau der Hinterlandanbindung - wie Sie richtig erwähnt haben - auf 900 Mio. Euro geschätzt. Wobei sich die Deutsche Bahn in diesen Voruntersuchungen zunächst auf die billigste Variante, den Ausbau der Bestandstrasse beschränkte. Konkrete Kostenschätzungen werden dagegen erst möglich sein, wenn auch ein Trassenverlauf feststeht. Dies wird jedoch erst mit Abschluss des von mir initiierten Raumordnungsverfahrens möglich sein. Und erst wenn diese genaueren Zahlen vorliegen, würde eine erneute Berechnung der Wirtschaftlichkeit Sinn machen. Da bei der letzten sogenannten Bedarfsplanüberprüfung im November 2010 bereits eine sehr hohe Wirtschaftlichkeit (ein Nutzen-Kosten Verhältnis von 6,7 : 1) für das Projekt festgestellt wurde, würden nach meiner Einschätzung Kostensteigerungen die einen gewissen Rahmen nicht übersteigen, die Wirtschaftlichkeit des Verkehrsprojektes noch nicht gefährden. Insofern besteht für mich sogar die Hoffnung, dass mehr Geld in die Hand genommen werden kann, um eine anwohnerfreundliche Trassenvariante mit bestmöglichem Lärmschutz realisieren zu können.

Wie Sie sich sicher vorstellen können, ist das Werben für eine gute Lösung für Ostholstein mühsam und bedeutet das beständige „Bohren dicker Bretter“ bei den verantwortlichen Stellen. Die CDU Ostholstein stellt aufgrund des rechtsgültigen Staatsvertrages das Gesamtverkehrsprojekt nicht mehr in Frage, sieht aber in Teilen noch erheblichen Verbesserungsbedarf. Die CDU - und ich persönlich - setzen sich für eine größtmögliche Bürgerbeteiligung bei der Planung ein. Es hat mich daher gefreut, dass sich so viele Bürgerinnen und Bürger am Raumordnungsverfahrens (ROV) beteiligt haben und dass im ganzen Kreis intensiv über die beste Trassenvarianten diskutiert wurde. In diesem Sinne erwarte ich (und kämpfe auch dafür), dass am Ende die Trasse realisiert wird, die für die Menschen die geringste Belastung darstellt. Das bedeutet ganz konkret, dass Lärmemissionen auf ein Minimum reduziert werden und dass bei der Planung Rücksicht auf die Anwohner, den Tourismus und den Naturschutz genommen wird.

Sehr geehrter Herr Krönke, ich kenne natürlich die besonders schwierige Lage Ratekaus. Die Gemeinde wird sicherlich vom Ausbau der Hinterlandanbindung am stärksten betroffen sein, egal welche Trassenvariante am Ende gewählt wird. In einem Gespräch mit Bürgermeister Thomas Keller sowie den Fraktionsvorsitzenden aller Parteien der Ratekauer Gemeindevertretung konnte ich mir Anfang des Jahres einmal mehr ein Bild von der Situation vor Ort machen. Bei meinen Gesprächen im Bundesverkehrsministerium und mit der Deutschen Bahn spreche ich dies immer wieder an und hoffe, so die Verantwortlichen zu sensibilisieren und ein Problembewusstsein zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Ingo Gädechens, MdB

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