Frage an Jenny Weggen bezüglich Umwelt

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Jenny Weggen
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Frage von Elke K. •

Frage an Jenny Weggen von Elke K. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Jenny Weggen,

ich schreibe Ihnen in Ihrer Funktion als Gal- und Umweltausschussmitglied. In der Bündnis90/Die Grünen-Pressemitteilung "Jetzt die Weichen für mehr Klimaschutz stellen" vom Dezember 2009 heißt es: "Auch Hamburg kann seinen Teil für mehr Klimaschutz beitragen. Als Europäische Umwelthauptstadt 2011 sind wir verpflichtet, national und international als Vorbild voranzugehen. Mit der Gründung eigener Stadtwerke, dem konsequenten Ausbau des ÖPNV und einem ehrgeizigen Klimaschutzkonzept, das die CO2-Emmissionen bis 2050 um 80 Prozent senken will, sind wir auf einem guten Weg."

Wie wollen Sie denn die CO2-Emmissionen bis 2050 um 80 Prozent senken, wenn zeitgleich das Kohlekraftwerk Moorburg gebaut wird und ans Netz geht? Das Kraftwerk würde jährlich mehr als acht Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen. (Zur Orientierung: das ist mehr als das Doppelte der Menge, die der gesamten Straßenverkehr in Hamburg jährlich an CO2 emmissiert.) Was sagt ihr "ehrgeiziges Klimaschutzkonzept" zu Moorburg?

Ich habe übrigens diese Frage schon ihrem Kollegen Glowsdz, der mir aber zu Moorburg gar keine Antwort gegeben hat. Seine unbefriedigende Antwort: Ein bißchen regenerative Energie hier und vor allem sollen aber die Bürger brav CO2 sparen, während die Politik Kohlekraftwerke baut. Zitat Glowsdz - "Damit werden langfristig auch weitere Großkraftwerke wie Moorburg überflüssig."

Ist das nun GAL-Position mit dem weiteren Bau von Klima-Killer-Kohlekraftwerken wie Moorburg zu argumentieren? Und wo stellen Sie denn als GAL derzeit in Hamburg die wesentlichen Weichen in Bezug auf die regenerative Energie? Oder ist damit das Feigenblatt "Hamburg Energie" gemeint, wo bei der Einführung noch nicht einmal der Bürgermeister Von Beust vorstellen konnte, Kunde zu werden? Wie viele Kunden hat Hamburg Energie nach diesem überzeugendem Start zur Zeit?

Über eine detaillierte Antwort freut sich,

Elke Kleine

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Kleine,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Genehmigung des Kohlekraftwerks Moorburg war für uns eine wirkliche Niederlage. Wir haben bis zuletzt gegen das inakzeptable Klimamonster in Moorburg gekämpft und verloren - auch wenn die wasserrechtliche Erlaubnis teilweise verweigert wurde. Unsere grüne Umweltsenatorin war zu der Entscheidung rechtlich gezwungen, an unserer politischen Haltung zum Thema Kohlekraft ändert sich dadurch aber nichts. Wir engagieren uns weiterhin gegen Kohle und für eine nachhaltige Energieversorgung.
Dies haben wir auch im Koalitionsvertrag festgehalten - nach diesem wäre Moorburg nicht möglich gewesen. Im Wahlkampf haben wir das Kraftwerk zum Thema gemacht, weil sogar Teile der EU-Kommission und die Umweltverbände davon überzeugt waren, dass es noch rechtliche Möglichkeiten zur Verhinderung gab. Die Entscheidung fiel jedoch schon mit der vorläufigen Genehmigung in der Zeit des CDU-Senats, was wir somit nicht richtig eingeschätzt haben.

Dennoch sind wir auch in Hamburg davon überzeugt, dass trotz unserer Niederlage der Umbau der Energieversorgung weiter vorangehen wird. Ganz wichtig ist dabei auch die Betrachtung aus Verbrauchersicht, nicht nur aus Sicht der Erzeugung, wie es Herr Gwosdz in seiner Antwort auch sehr anschaulich erklärt hat. Wir setzten uns für zahlreiche Maßnahmen ein, die den Verbrauch von Energie in Hamburg senken werden, sei es beim Verkehr, bei den Gebäudestandards und vielen weiteren Bereichen. Auf diese Weise können wir unsere Ziele zur CO2-Reduktion erreichen. Ein Kraftwerk Moorburg wird den erzeugten Strom übrigens in das gesamtdeutsche Verbundnetz einspeisen, welcher Anteil davon auch in Hamburg verbraucht wird, kann man also noch nicht genau sagen.
Doch sind wir ganz entschieden gegen diesen Neubau, weil die Umstellung auf Erneuerbare Energien auf diese Weise gebremst wird. Auch der CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage), die Abscheidung von CO2 im Kraftwerk und anschließende Speicherung in tieferen Erdschichten, stehen wir sehr kritisch gegenüber, da Risiken ungewiss und Aufwand sowie Kosten viel zu hoch sind - gerade im Vergleich zu den Regenerativen, die schon bald günstiger und durch neue Speichertechnologien und intelligente Netze zu jeder Zeit verfügbar sein werden. Auch unter diesen Aspekten werden sich die Konzerne noch genau überlegen, ob sie noch lange in Kohle investieren werden. Zahlreiche Neubau-Vorhaben, wie beispielsweise aktuell in Lubmin, werden durch die Energieerzeuger selbst gestoppt, weil sie wirtschaftlich - mit Blick auf die enormen Kosten für Emissionszertifikate oder CCS-Aufrüstung - langfristig nicht mehr rentabel sein werden. Ein weiterer Punkt, den wir GRÜNE schon lange vertreten. Wir kämpfen daher nach wie vor gegen viele andere Kohlekraftwerk-Projekte in ganz Deutschland, denn die Zukunft der Energieversorgung muss nachhaltig und dezentral aussehen.

Unabhängig von Moorburg haben wir eben wegen diesen energiepolitischen Überzeugungen mit ´Hamburg Energie´ einen städtischen Energieanbieter aufgebaut, der Strom ohne Kohle- und Atomenergie zu einem am Gemeinwohl orientierten Preis anbietet. So geben wir den Menschen eine weitere attraktive Gelegenheit, Kohlestrom aus Moorburg abzulehnen und auf regenerative Energie zu setzen und für Investitionen in Energieprojekte in der Region zu sorgen. Wir sind der Überzeugung, dass dieses Angebot noch sehr viele Verbraucher überzeugen wird. Und je mehr Hamburgerinnen und Hamburger ihren Strom bei ´Hamburg Energie´ beziehen, desto mehr regenerative, stadteigene Erzeugungsanlagen werden in Hamburg und Umgebung gebaut. ´Hamburg Energie´ ist so ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen und klimafreundlichen Energieversorgung der Stadt.

Falls Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!

Freundliche Grüße
Jenny Weggen