Frage an Jörg Feller bezüglich Wirtschaft

Jörg Feller
AfD
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Frage von Matthias W. •

Frage an Jörg Feller von Matthias W. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Feller,

über Sinn und Unsinn einiger Aussagen Ihrer Parteimitglieder lässt sich trefflich streiten. Aber so ist es nun einmal in der Politik.
Was mich im besonderen interessiert ist aber folgendes:
Wie stehen Sie persönlich zu den Aussagen Ihres Parteimitgliedes Herrn Höcke, im besonderen zu seinen Aussagen zur Ausländer- und Flüchtlingspolitik, zu seiner Aussage zum Mahnmal in Berlin?
Was passiert wirtschaftlich mit Deutschland, wenn Deutschland aus der EU austritt?
Wie soll Deutschland die finanziellen Verluste auffangen die im Export entstehen, falls die wir aus der EU austreten bzw. die EU scheitert?
Besteht nicht die Gefahr einer massiv ansteigenden Arbeitslosenzahl, sollte die EU scheitern?

mfg
M. W.

Antwort von
AfD

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte.

Ja, Sie haben Recht, über Sinn und Unsinn einiger Aussagen vieler Mitglieder diverser Parteien lässt sich in der Tat trefflich streiten. Sätze wie "Wir schaffen das" (Merkel), "Die Rente ist sicher" (Blüm), "Die Menschen die zu uns kommen sind wertvoller wie Gold" (Schulz), "Das Geld für die Integration müssen wir niemandem wegnehmen, das ist bereits hier im Land verdient" (Maas) oder - mein Favorit - "Wir brauchen nicht nur Fachkräfte, sondern auch Menschen die sich in unseren sozialen Systemen wohl fühlen" (Göring-Eckard) sind zu wahren Legenden geworden.

Herr Höcke ist zunächst einmal Vorsitzender des Landesverbandes Thüringen. Dieser hat etwas mehr Mitglieder als unser Kreisverband Köln, von diesen Kreisverbänden gibt es in NRW insgesamt 54 Stück. Nicht alle so groß wie Köln, aber der Größenvergleich kann schon ein Hinweis sein, inwieweit eine Meinung innerhalb des Gesamtmeinungsbildes einer Partei gewichtet werden kann. Und wie zeitweise auch seitens der Presse eine unverhältnismäßige Gewichtung vorgenommen wird.

Seine Aussagen auf die Sie anspielen haben ihm ein Parteiausschlußverfahren eingebracht. Das kann man gut finden - weil man seine Darlegungen irritierend findet - oder man kann es schlecht finden - weil er in Thüringen unbestreitbar gute Arbeit für die Partei geleistet hat und seine Fraktion dort von Anfang an echte Oppositionsarbeit leistet.

Egal aber wie man persönlich dazu steht und wie ich persönlich dazu stehe: Dieses Parteiausschlußverfahren folgt rechtsstaatlichen Regeln, die für jedes Parteimitglied gleich sind. Mir sei dazu der Hinweis erlaubt, daß die Anmahnung rechtsstaatlichen Verhaltens sich als roter Faden durch unser Programm zieht. Sowohl im Landesprogramm als auch im demnächst zu verabschiedenden Bundesprogramm mahnen wir regelmäßig die Einhaltung von Regeln und Gesetzen an und kritisieren dem zu Folge bspw. zu Recht, daß der Maastricht-Vertrag mittlerweile über 160x - man kann es kaum glauben - gebrochen wurde und Artikel 16a des Grundgesetzes (Wer aus einem sichereren Drittland wie Österreich, Bulgarien, Rumänien, Ungarn etc. kommt genießt keinen Anspruch auf Asyl) schlichtweg ignoriert wird.

Ich werde mich deshalb auf den Ausgang dieses Verfahrens verlassen, in das sicherlich auch noch einige Aspekte eingebracht werden die mir selbst nicht bekannt sind. Dem Verfahren kann dann auch noch eine Klärung vor einem ordentlichen Gericht folgen. So die Regeln.

Das mag in dem ein oder anderen Fall unglücklich scheinen. Ich aber bin persönlich sehr froh, daß bspw. die SPD sich nicht ohne weiteres des dort mißliebigen Tilo Sarrazin entledigen konnte. Auch er konnte sich auf diese rechtsstaatliche Würdigung seiner ihm zur Last gelegten Äußerungen verlassen. Und das war gut so.

Die Formulierung einer Wende in der Erinnerungskultur um 180 Grad - ich nehme an daß Sie das u.a. meinen - war auf jeden Fall sehr mißverständlich. Das würde im engen Wortsinn einen genauen Gegenkurs bedeuten, was niemand wollen kann, auch ich nicht. Ich kenne auch niemanden, der das vertritt.

Herr Höcke hat das ja später selbst korrigiert auf die Formulierung von einem Kurswechsel um 30 Grad. Ich glaube ihm geht es insbesondere nicht darum, eine bestimmte Epoche unserer Geschichte zu relativieren, sondern weiteres Augenmerk auf durchaus große Momente unserer deutschen Geschichte zu lenken.

Wohlgemerkt: Nicht das Augenmerk von einer Epoche weg zu nehmen, zu verwischen oder aufzurechnen, sondern auch andere wahr nehmen. Davon gibt es eine ganze Reihe: Die Erfindung des Buchdruckes oder des Computers, die Reformation, Literatur von Weltformat von Schiller, Goethe, Mann, die friedliche Revolution 1989 mit Wiedervereinigung u.v.a.m. - was könnte man an bemerkenswerten Leistungen nicht alles aufzählen. In diesem Punkt bin ich bei ihm.

Was mit Deutschland passiert, sollte es aus der EU austreten, eine Darstellung zu dieser Frage sprengt wahrscheinlich den Rahmen einer Email.

Nur so viel: Was da passiert werden wir uns sehr bald bei den Briten anschauen können. Ich bin mir dabei sicher, daß es viel glimpflicher - und am langen Ende zum Wohle der Briten - funktionieren wird, als es derzeit dargestellt wird. Denn selbstverständlich hat eine riesige Bürokratie und abertausende Politikschaffende in den EU-Ländern eine Heidenangst davor, daß dieser Ausstieg problemlos ablaufen könnte. Es wird alles getan, um Nachahmer abzuschrecken. Die dabei unverholen ausgesprochenen Drohungen Richtung Großbritannien sprechen Bände, wie es um das Demokratieverständnis von bspw. den Herren Schulz und Junker bestellt ist.

Ein Gutes hatte der Brexit aus Sicht der AfD übrigens schon: Die Briten sind gefragt worden.

Mich hat niemand gefragt, ob ich den Euro haben wollte. Jetzt muß ich mich mit einer Währung herum schlagen, die einschließlich diverser Länder gefühlt alle vier Wochen gerettet werden muss. Mußte die D-Mark je gerettet werden?

Die AfD fordert deshalb Volksentscheide nach Schweizer Vorbild, auch das ist eine zentrale Aussage unseres Programms. Wir wollen gefragt werden und wollen, daß Sie gefragt werden.

Ergänzen möchte ich bitte noch, daß der AfD gerne unterstellt wird, "sie will Europa abschaffen".

Nun, das ist schwerlich möglich. Europa ist ein Kontinent mit 42 Staaten (von denen sich 27 zu einer nicht funktionierenden Gemeinschaft zusammen geschlossen haben), da kann man ja nicht irgendwo einen Stöpsel heraus ziehen ...

Das muss auch nicht sein. Denn die Hauptforderung der AfD ist nicht der Austritt aus der EU - auch wenn es gerne behauptet wird. Unsere Forderung im Programm lautet: "Zurückführung der Europäischen Union in einen Staatenbund souveräner Staaten".

Einen solchen Staatenbund souveräner Staaten hatten wir schon einmal - er nannte sich EWG! Die EWG funktionierte wunderbar. Bis zu dem Zeitpunkt, als man anfing einen europäischen, zentralisierten Superstaat zu schaffen. Unglücklicher Weise auch noch ausgestattet mit einer gemeinsamen Währung, die für uns zu billig und die Club Med-Staaten zu teuer ist.

Letzteres war vorher zu sehen.

1950 mussten Sie für einen Französischen Franc eine Deutsche Mark bezahlen. 2001 bekamen Sie für eine Mark bereits drei Francs. Es ist doch völlig klar, daß sich diese Entwicklung - angetrieben durch immer weitere Produktivitätsfortschritte in Deutschland und auch gegenüber Pesete, Drachme, Lira etc. - nicht durch das Eliminieren von Wechselkursen aufhalten ließ! Die Folge sind unerträglich hohe Arbeitslosigkeitsquoten insbesondere bei jungen Leuten in Spanien, Frankreich, Italien und natürlich auch Griechenland! Aber auch extrem hohe Außenhandelsüberschüsse Deutschlands sind die Folge, die zunächst einmal gut sind - die aber auch Probleme schaffen.

Die Antwort der sog. Europäer darauf ist u.a. der Plan einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung. Das ist nichts anderes als die von uns abgelehnte Sozialunion - besser gesagt die von uns abgelehnte Transferunion. In dieser Transferunion wird der im Norden verdiente Wohlstand flächendeckend über den Südstaaten ausgekehrt werden bzw. wird ja aktuell schon nach dort transferiert. Das möchten wir in diesem Umfang nicht.

Unsere Kernforderung ist deshalb eine durchgreifende Reform der derzeitigen EU. Die wird allerdings nur heraus zu handeln sein, wenn auch der komplette Austritt eine Handlungsvariante ist.

Was mit Deutschland passiert, sollte es aus der EU austreten, wie soll es seine finanziellen Verluste auffangen, die im Export entstehen? So Ihre Frage.

Nun, zunächst einmal erinnere ich mich daran, daß wir ja nicht nur Exportweltmeister sind, sondern auch Importweltmeister (lassen wir die Chinesen einmal außen vor).

Was wir exportieren wird in der Regel an andern Orten gekauft weil es hilfreich, qualitativ besser oder unersetzbar ist - der gesamte Maschinenbau lebt davon - oder weil es zudem einfach begehrt ist - die Autoindustrie bspw. So werden die derzeitigen amerikanischen Forderungen nach mehr Protektionismus verpuffen, weil die USA auf diverse Güter aus unserem Land überhaupt nicht verzichten können. Gleiches gilt für alle anderen Außenhandelspartner, auch die europäischen.

Der Austritt aus der EU würde Hand in Hand gehen mit einer Aufgabe des Euro. Wie gesagt, der Austritt wäre die extremste Variante des Möglichen. Die Abwendung vom Euro - sicherlich nicht über Nacht - hätte mannigfaltige Folgen.

Eine Aufwertung unserer deutschen Währung wäre die Folge: Ihr Urlaub in Griechenland würde 20 - 30% billiger. Das in Dollar gehandelte Benzin Ihres Autos würde billiger, ebenso alles andere was auf der Basis von Rohöl hergestellt wird und auch die gesamte Palette der Rohstoffe. Mglw. sind Sie Fahrer eines BMW X-Models: Die werden wie die entsprechenden Wagen von Mercedes alle in USA gebaut. Auch der müßte deutlich billiger werden! Unzählige weitere Beispiele von auch vielen Dingen des Alltages ließen sich noch finden.

Natürlich werden sich gegenläufige Effekte einstellen. Für die Südländer wird es zunächst teuer bei uns zu kaufen. Umgekehrt werden durch die Rückkehr zu Drachme, Lira, Pesete und Franc die unwürdigen, absurd hohen Arbeitslosigkeitsquoten in den Südländern zurück gehen, sowie dort wieder bezahlt werden kann im Einklang mit regionalen Produktivitäten. Die sind - zum Teil ganz schlicht klimatisch bedingt - deutlich niedriger als hier zulande.

Insofern sehe ich die Gefahr einer massiv ansteigenden Arbeitslosigkeit nicht. Ganz im Gegenteil.

Interessant wird noch der Punkt sein, wie dann die sog. Target II-Salden zum Ausgleich gebracht werden. Vereinfacht formuliert, haben sich über die Jahre der Existenz des Euro-Systems Forderungen der Deutschen Zentralbank an die EZB und die Notenbanken der anderen Euro-Länder in Höhe von derzeit 814.ooo.ooo.ooo Euro aufgebaut. Durchgehende Tendenz weiter steigend. Vereinfachter Hintergrund ist, daß zwar der deutsche Lieferant für seine Warenlieferung seine Rechnung bezahlt bekommt, aber in gleichem Umfang nur Forderungen der Bundesbank an die EZB gebucht werden. Aber das ist ein weites anderes Feld, hierzu empfehle ich das auch digital verfügbare Buch "Die Targetfalle" von Prof. Sinn, die ersten achtzig Seiten erklären sehr gut, welchen Risiken wir auch hier im Zusammenhang mit "Europa" ausgesetzt werden.

Ihnen vielen Dank für Ihre Fragen, ich freue mich, wenn ich diese zumindest in Ansätzen beantworten konnte!

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Feller