Frage an Jörg Lühmann bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

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Jörg Lühmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Daniel M. •

Frage an Jörg Lühmann von Daniel M. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Lühmann!

Da Sie in der Neustadt wohnen und Architekt sind kennen Sie bestimmt das Bauvorhaben "Neustadt 48". Lobenswert ist der Bau von ca. 200 Wohnungen in innerstädtischen Lage, aber zum Kern des Bauvorhabens gehört auch die Errichtung eines massiven Hotelhochhauses auf dem Zeughausmarkt an der Ecke Neuer Steinweg/Hütten.

Die negativen Auswirkungen des Bauvorhabens haben für sehr viele Emotionen gesorgt. Das Verständnis wird immer kleiner, wie konnte bloß Ihre Partei das Projekt zustimmen? Im Kurzen die Auswirkungen für Anwohner:
* Verschattung von ca. 50 Wohnungen unter DIN-Normen für gesunde Wohnverhältnisse,
* Erhöhung des Lärmeintrags aus der Ludwig-Erhard-Str. über die vorgeschriebenen Grenzwerte durch Verlust der lärmschützenden Funktion des Bestandbautens,
* dabei Verstoß gegen die von den Grünen gewollten EU-Richtlinie zum Erhalt der ruhigen Wohngebiete,
* Versorgung von ca. 900 Hotelzimmern über ruhige Wohnstrassen und Verwandlung dieser in Hauptverkehrsstraßen,
* verordnete Grundrißänderungen und Lärmschutzdämmung in Alt- u. Denkmalgeschützten Bauten
* Verschattung des Großneumarkts insb. Sonne abends
* fehlende Integration mit historischen Fassaden
* Forcieren der Trennung zw. Neustadt-Süd und Nord statt Verbindung
* Attraktivitätsverlust fürs ganze Areal und Widerspruch zum Ziel der Wiederbelebung der Innenstadt

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Bürgerbewegung Pro-Neustadt
i.A. Daniel Morichon

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Morichon,

wie Sie richtig feststellen, lebe ich in der Neustadt und bin Architekt. Trotzdem kenne ich das Bauvorhaben "Neustadt 48" oder auch die "Wallhöfe" nicht im Detail, weil das gesamte Genehmigungsverfahren in der ausschließlichen Zuständigkeit des Bezirks Hamburg-Mitte liegt.

Ich habe mich aber anlässlich Ihrer sehr fundierten Anfrage an unsere Abgeordnete Jutta Kodrzynski gewandt und kann Ihnen daher mitteilen, dass die GAL im Bezirk dem Projekt bisher grundsätzlich zugestimmt hat, weil damit eine der letzten Möglichkeiten zur Stärkung innerstädtischen Wohnens in der Neustadt realisiert werden kann und soll. Ich freue mich, dass Sie diesen Ansatz des Vorhabens auch ausdrücklich "lobenswert" nennen.

Diese Wohnnutzung ist auf Grund der hohen Grundstückspreise, die hier gefordert und bezahlt wurden, nur im Rahmen einer Mischkalkulation realisierbar. Deshalb sieht das Projekt Miet- und Eigentumswohnungen auch ein Boardinghaus, ein Hotel und ein erein gewerbliche Nutzung (inkl. Supermarkt) vor.

Ihre Beschwerde hinsichtlich der Verschattung bestehender Wohnungen nehmen unsere GAL-Abgeordneten sehr ernst. Deshalb wird insbesondere die Höhe des geplanten Hotels im Stadtplanungsausschuss des Bezirks noch eingehend diskutiert werden und auch ein Verschattungsgutachten für den Großneumarkt gefordert. Entsprechende Einwendungen, die im Bebauungsplanverfahren erhoben wurden, werden daher sehr sorgfältig geprüft und bewertet, ebenso die Auswirkungen des Abrisses und veränderten Neubaus auf die dauerhafte Belastung der bestehenden Wohnungen durch Verkehrslärm von der Ludwig-Erhardt-Straße.

Die GAL-Fraktion im Bezirk wird sich darüber hinaus für ein Verkehrskonzept für die Neustadt einsetzen, damit die Belastungen für die Anwohnerinnen und Anwohner möglichst nicht steigen. Zu diesem Konzept gehört sicherlich die Beibehaltung des Anwohnerparkens.

Dass mit dem Projekt die Trennung zwischen nördlicher und südlicher Neustadt forciert würde, kann ich allerdings nicht erkennen. Die bisherige ausschließliche Büronutzung durch die Hamburger Sparkasse hat m.E. einen stärker trennenden Charakter, als die angestrebte "lebendigere" Nutzungsmischung.

Entscheidend für die Trennung zwischen nördlicher und südlicher Neustadt bleibt aber vor allem die Ludwig-Erhardt-Straße, die als Schneise bzw. Barriere zwischen den beiden Quartieren liegt. Deshalb fordern wir die City-Maut, um eine Reduktion der Verkehrsmengen zu erreichen - in Stockholm konnten immerhin 25% weniger Fahrten erreicht werden und damit geringere Belastungen durch Lärm, Abgase und Unfallgefahren. Dann ließe sich auch ein teilweiser "Rückbau" der Ludwig-Erhardt-Straße erreichen, bzw. der Umbau zu einem städtischen Boulevard.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Lühmann