Frage an Jörn Wunderlich bezüglich Familie

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Jörn Wunderlich
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Frage von Annemarie Elisabeth A. •

Frage an Jörn Wunderlich von Annemarie Elisabeth A. bezüglich Familie

Sehr geerhter Herr Jörn Wunderlich,

am 14.05.11 wir haben eine Lebenspartnerschaft begründet.
Wass ist zu tun, dass auch in Sachsen die Anpassung des Landesrechts an das Lebenspartnerschaftsgesetz erfolgt?
Was ist zu tun, dass die Bundesregierung Lebenspartnerschaften endlich vollständig mit der Ehe gleich stellt?

Mit freundlichen Grüßenm,

vorab danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

Annmeaire Elisabeth Arnold-Kistner und K. B.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Arnold-Kistner,
zunächst wünsche Ihnen für Ihre Lebenspartnerschaft alles Gute.

Für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte, danke ich Ihnen:

Nach Inkrafttreten von Bundesgesetze sind die Bundesländer verpflichtet, Landesrecht an das Bundesrecht anzupassen. Bereits in Artikel Art 31 des Grundgesetzes ist festgelegt, dass Bundesrecht Landesrecht bricht. D.h. die Bundesgesetze sind uneingeschränkt auf Landesgesetze zu übertragen und anzuwenden – auch in Sachsen.

Nach Auffassung der LINKEN kann aber die Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft nur der erste Schritt sein. Denn durch die Einführung eines zweiten, der Ehe weitgehend nachgebildeten, Rechtsinstituts, würde kein Beitrag zur Entprivilegierung der Ehe geleistet, sondern ihre Hegemonie weiter zementiert, eine Gleichberechtigung der Lebensweisen ist mit einer Gleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft noch nicht erreicht. Denn es existieren eine Vielzahl von Lebensweisen und Familienformen, für die die Eheschließung oder die Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht in Frage kommt: Einelternfamilien, Singles, zusammenlebende Freunde, Verwandte, Patchworkfamilien, Wahlverwandtschaften oder auch Paare, die sich gegen Ehe und Lebenspartnerschaft entschieden haben. Deshalb kann die Gleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Lebensweisenpolitik sein, in der die Anerkennung aller Lebensweisen leitendes Prinzip ist. Die Fraktion DIE LINKE sieht die eingetragene Partnerschaft als neue Norm für schwule und lesbische Lebensweisen kritisch. Auch mit einer solchen Regelung erhalten homosexuell veranlagte Menschen nicht die gleichen Rechte wie heterosexuell veranlagte. Die grundsätzliche Diskriminierung bleibt bestehen. Gleichzeitig wird mit der gesonderten Rechtsform aber auch eine neue Sonderstellung homosexueller Paare in der Gesellschaft geschaffen.

Die Fraktion DIE LINKE fordert die rechtliche Gleichstellung der Vielfalt der Lebensweisen. Menschen, die anders als die gesellschaftliche Norm aussehen, leben oder lieben, müssen vor Diskriminierung geschützt werden. Der Staat ist verpflichtet, ein gleichberechtigtes Leben in der Gesellschaft für sie zu sichern. Im Rahmen ihrer Forderung nach sozialen Grundrechten fordert die Fraktion DIE LINKE deshalb die Aufnahme des Schutzes vor Diskriminierungen auf Grund der Identität, sexuellen Orientierung und Lebensweise in Artikel 3 Grundgesetz. Um dieses erweiterte Grundrecht zu garantieren fordern wir die Einrichtung von Antidiskriminierungsstellen, ein Verbandsklagerecht, die Beweislastumkehr in Verfahren sowie Maßnahmen, die auf einen Wandel des gesellschaftlichen Bewusstseins zielen.

DIE LINKE will die rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz der Vielfalt der Lebensweisen. Dazu gehört vor allem die vollständige Überwindung der Ungleichbehandlung von heterosexuellen Ehegatten und homosexuellen eingetragenen LebenspartnerInnen. Bisher sind Ehe und Lebenspartnerschaft in den Pflichten (z.B. gegenseitige Unterhaltspflichten) völlig gleichgestellt, die eingetragenen LebenspartnerInnen werden aber in vielen Bereichen des Rechts, etwa im Steuerrecht, im Adoptionsrecht und der Sozialversicherung weiter benachteiligt. So wird weiterhin ein Bild von heterosexuellen Partnerschaften und Familien aufrechterhalten und letztlich die Hegemonie der Ehe gestützt. Es ist unerträglich, eine solche "Ehe zweiter Klasse" für homosexuelle Paare weiter aufrechtzuerhalten. DIE LINKE setzt sich deshalb für die völlige Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft in allen Bereichen des Rechts ein.

Mit freundlichen Grüßen

Jörn Wunderlich