Frage an Josef Göppel bezüglich Umwelt

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Josef Göppel
CSU
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Frage von Sandro S. •

Frage an Josef Göppel von Sandro S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Göppel,

vom 14.-17.09. hat im Landtag von Thüringen ein Schülerparlament zum Thema: "Vom Bohrloch zur Steckdose: Die Energie der Zukunft" getagt. Dort haben sich ca. 100 Oberstufenschüler an 3 Tagen intensiv mit Fragen rund um das Thema auseinandergesetzt, in Arbeitsgruppen Experten befragt und Thesen entwickelt. Diese Thesen wurden schließlich im Plenum diskutiert und im parlamentarischen Verfahren verabschiedet.

In der Arbeitsgruppe zum Thema: " Die Zukunft der Kernkraft: Grüne Zukunftstechnologie oder teure Gefahr?: Was ist die Zukunft der Kernkraft zur Produktion von Strom?" wurden dabei folgende Forderungen verabschiedet:

Wir fordern:
1. Eine neutrale Aufklärung der Öffentlichkeit, insbesondere in Schulen, ist notwendig, um die Emotionalität aus der Debatte herauszunehmen und eine objektive Meinungsbildung zu ermöglichen.
2. Das Moratorium ist sofort aufzuheben, um weiter an Lösungen zur Endlagerung zu forschen.
3. Wir verlangen den Bau und die Nutzung von Wiederaufbereitungsanlagen zur Reduktion des hoch-radioaktiven Mülls.
4. Wir erheben die Forderung einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit bei der Forschung und Überwachung.
5. Deutsche Sicherheitsstandards sollen in der Europäischen Union als Beispiel für die Welt übernommen werden. Des Weiteren bedarf es einer verstärkten Zusammenarbeit in der Sicherheitsfrage.
6. Die Kernkraftwerksbetreiber müssen sich an der Weiterentwicklung der erneuerbaren Energien sowie an den Endlagerkosten beteiligen.
7. Die Problematik des Klimawandels lösen wir mit der Umsetzung unseres Drei-Stufen-Modells. Unser Ziel ist die Ersetzung der fossilen Energieträger durch regenerative Energien. Der unumgängliche Weg dorthin führt über die Kernenergie.

Es wäre schön, wenn Sie als Mitglied des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und Vertreter der Partei CSU ein kurzes Statement zu den Forderungen der Schüler abgeben könnten.

MfG

Sandro Schott

Wissenschaft im Dialog GmbH

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Schott,

vielen Dank für Ihren Brief. Ich finde es wichtig, dass sich insbesondere junge Menschen mit dem Thema Atomkraft auseinander setzen.

Mein Standpunkt zu den von den Schülern formulierten Thesen:

1. Eine neutrale Aufklärung über Atomkraft halte ich für wichtig. Ich halte es aber für nachvollziehbar, wenn Fakten, wie die ungelöste Endlagerfrage, der Systemkonflikt mit den erneuerbaren Energien und das Risiko eines Unfalls bei den Bürgerinnen und Bürgern Sorgen und Bedenken auslösen.

2. Ich halte es für richtig, die Lagerung von Atommüll zu erforschen. Dabei halte ich es für wichtig, dass der Müll zugänglich bleibt. Die Lagerung im Schacht Asse hat gezeigt, dass geologische Formationen, die langfristig stabil sein sollten, schon nach wenigen Jahren die Voraussetzungen für ein Endlager nicht mehr erfüllen. Die Helmholtz-Gesellschaft als ehemalige Betreiberin des Lagers Asse konnte übrigens keine korrekten Inventarlisten vorlegen und hat den Atommüll in erschreckend nachlässiger Weise in das Lager eingebracht. Die Helmholtz-Gesellschaft ist einer der Träger von "Wissenschaft im Dialog", die mit Ihnen den Forderungskatalog entwickelt hat.

3. Wiederaufbereitungsanlagen würden benötigt, wenn wir längerfristig auf Atomkraft angewiesen wären. Uran ist ebenso wie Öl und Gas begrenzt. Wiederaufbereitungsanlagen könnten die Reichweite um einige Jahre verlängern. Selbst nach der geplanten Laufzeitverlängerung werden deutsche Atomkraftwerke aber nicht auf wiederaufbereitete Brennstäbe angewiesen sein.

4. Die nun vorgelegten Atomgesetznovellen sehen eine unabhängige Beurteilung des Sicherheitsstandards deutscher Atomkraftwerke durch internationale Experten vor. Dies halte ich für sinnvoll.

5. Es gibt bereits EU-weite Sicherheitsstandards. Die Sicherheitsprüfung durch internationale Experten soll zum Beispiel wegen einer EU-Richtlinie eingeführt werden. Ich halte es auch für richtig, dass Nachbarländer ein Mitsprachrecht bei Sicherheitsanforderungen erhalten. Österreich wäre zum Beispiel von Unfällen im tschechischen Atomkraftwerk in Temelin und im bayerischen Atomkraftwerk Isar 1 aufgrund der räumlichen Nähe stark betroffen. Die österreichische Regierung hat bei beiden Kraftwerken ernst zu nehmende Sicherheitsbedenken, kann aber keine Nachrüstung durchsetzen.

6. Ich halte es für selbstverständlich, dass die Kernkraftwerksbetreiber die vollständigen Endlagerkosten tragen müssen. Um sicherzustellen, dass die dafür gebildeten Rücklagen auch tatsächlich in Zukunft zur Verfügung stehen, halte ich die Einrichtung eines Fonds unter staatlicher Kontrolle für sinnvoll. Investitionen in erneuerbare Energien sind auch für Kernkraftwerksbetreiber eine Investition in die Zukunft.

7. 80% der deutschen Treibhausgasemissionen entstehen durch die Energienutzung. Davon stammt wiederum knapp die Hälfte aus der Stromerzeugung. Weil in den zentralen Atomkraftwerken die Abwärme nicht genutzt werden kann, erzeugen sie nur Strom. Für den Verkehrssektor und die Gebäudeheizung können sie derzeit keinen nennenswerten Beitrag leisten. Mit den erneuerbaren Energien stehen sie außerdem in einem Systemkonflikt. Atomkraftwerke sind nur sehr begrenzt geeignet, die Schwankungen der erneuerbaren Energien auszugleichen. Die Tage, an denen Wind und Sonne Deutschland komplett mit Strom versorgen können, werden immer häufiger. An diesen Tagen verstopfen unflexible Atom- und Kohlekraftwerke die Netze mit unnötig erzeugtem Strom. Für den Übergang zu erneuerbaren Energien brauchen wir einen schnellen Ausbau der Stromspeicher und flexible und effiziente Gaskraftwerke in
Kraft-Wärme-Kopplung.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Josef Göppel