Frage an Josip Juratovic bezüglich Soziale Sicherung

Josip Juratovic MdB
Josip Juratovic
SPD
96 %
219 / 229 Fragen beantwortet
Frage von Adelbert R. •

Frage an Josip Juratovic von Adelbert R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Juratovic,
Sie sind Mitglied im Ausschuss Arbeit und Soziales. Ich denke dann sind Sie der Richtige um meine Fragen zu beantworten:

1. Ist es sozial, dass das Kindergeld nur um 10€ bzw 16€ erhöht wird?
2.Ist jedes Kind dem Staat gleich viel Wert (monetär)?
3.Warum erhalten HARTZ IV-Empfänger unterm Strich keinen müden €
mehr Kindergeld?
4. Warum wird dieses 1:1 auf das Hartz IV-Almosen angerechnet?
5. Warum ist die Bundesregierung auf den Ferienverdienst von Hartz IV - Kinder angewiesen (Der Verdienst wird, wenn dieser höher als 100 € beträgt auf das Hartz IV-Almosen 1:1 angerechnet)? Werden da die Banken mitfinanziert? Wie sollen da diese Kinder Leistungsbereitschaft entwickeln?
6.Warum wird der Kinderfreibetrag nicht in den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer eingearbeitet?
7..Wurden wir unter der SPD Regierung 1998-2005 und jetzt durch die Große Koalition, belogen und betrogen sowie jetzt verkauft, da diese immer behaupteten der Sozialstaat ist nicht zu finanzieren? Jetzt sind plötzlich über 500 Mrd. € da.+ 40 Mrd. für die Wirtschaft allen voran die Automobilindustrie. Kommen Sie bitte nicht damit, dass diese Summe unterm Strich nicht fällig wird, oder dass später noch ein plus unterm Strich zu erzielen ist wie damals in Schweden, das wäre schon fast prophetisch. Auch würde ich mich darüber freuen, wenn Sie auf diese unbequemen Fragen antworten würden. Dies würde Sie als Politiker befähigen. Die Vogel Strauß-Taktik ist nicht hilfreich.
Die Bürger die jetzt bürgen müssen haben es verdient Antworten auf die Fragen zu erhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Adelbert Ringwald
Dipl.Betriebswirt BA Seuern

Josip Juratovic MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ringwald,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Kindergeld. Anders als von Ihnen angenommen, werden diese Themen nicht federführend vom Ausschuss für Arbeit und Soziales, sondern vom Ausschuss für Familie, Jugend, Frauen und Senioren behandelt. Dennoch möchte ich Ihre Fragen hier beantworten.

Unter der SPD-geführten Regierung zwischen 1998 und 2005 ist das Kindergeld von 112 Euro auf 154 Euro erhöht worden. Das ist eine Steigerung von über 37 Prozent. Ich freue mich, dass wir nun eine weitere Erhöhung durchsetzen konnten.
Natürlich ist dem Staat jedes Kind gleich viel wert. Ihre Frage soll wohl beinhalten, dass es teilweise monetäre Unterschiede zwischen dem Kindergeld und dem Kinderfreibetrag bei der Einkommensteuer gibt. Für Familien, die den Kinderfreibetrag nutzen, beträgt die Steuererleichterung bei einem Steuersatz von etwa 30 Prozent genau die Höhe des derzeitigen Kindergeldes von 154 Euro. Wie Sie sicher nachvollziehen können, ist der Kinderfreibetrag immer prozentual von der Einkommensteuer abhängig. Eine Festlegung auf den exakten Betrag des Kindergeldes ist somit überhaupt nicht möglich. Für eine Absenkung des Kinderfreibetrags haben wir keinen verfassungsrechtlichen Spielraum. Denn er deckt das Existenzminimum eines Kindes - analog zu den sozialhilferechtlichen Regelsätzen - ab. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach, zuletzt 1998, darauf hingewiesen, dass dieses Existenzminimum steuerfrei gestellt werden muss. Die SPD arbeitet derzeit an einem Konzept, das den Familienleistungsausgleich so umgestaltet, dass die Wirkung seiner Komponenten für alle Familien gleich ist.
Die Regelsätze für Kinder im Rahmen des SGB II liegen bei 208 Euro und damit höher als das reguläre Kindergeld. Das Kindergeld ist keine Sozialleistung, sondern eine steuerliche Leistung, die das Existenzminimum und den Bedarf für Betreuung, Erziehung und Ausbildung des Kindes abdecken soll. Daher ist es logisch, dass das Kindergeld als Einkommen von ALG II-Empfängern angerechnet wird, da hier bereits Existenzminimum und zusätzliche Kosten für das Kind mit berechnet werden. Das gleiche gilt für Ihre Frage zum Ferienverdienst.
Zur Förderung von gering verdienenden Familien gibt es seit dem 1. Januar 2005 mit dem Kinderzuschlag eine gezielte Förderung. Der Kinderzuschlag wird an Eltern gezahlt, die zwar mit ihren Einkünften ihren eigenen Unterhalt bestreiten können, nicht aber den ihrer Kinder. Sie wären ohne Kinderzuschlag auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Der Kinderzuschlag kann monatlich bis zu 140 Euro je Kind betragen. Auf Initiative der SPD wurde im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU/CSU vereinbart, den Kinderzuschlag weiter zu entwickeln, um künftig mehr Kinder und Familien aus dem Bezug von SGB II-Leistungen herauszuholen. Dadurch werden ab 2009 rund 160.000 Kinder in 75.000 Familien zusätzlich vom Kinderzuschlag profitieren. Der Anteil der Alleinerziehenden, die Anspruch auf Kinderzuschlag haben, wird von 7 auf 14 Prozent erhöht.
Kinderfreibetrag und Grundfreibetrag sichern das Existenzminimum jedes Bürgers ab. Der Kinderfreibetrag ist aus steuerrechtlichen Gründen gesondert ausgewiesen.
Ihre Frage zur Bankenkrise kann ich nicht ganz nachvollziehen. Es geht nicht um Geschenke an die Banken, sondern um den Schutz der Bürgerinnen und Bürger. Denn ein funktionierender Finanzmarkt ist wichtig für alle: für den, der Altersvorsorge betreibt, für den Sparer und für mittelständische Betriebe, die ohne Kredite keine Investitionen tätigen können. Der Eindruck, die Bundesregierung stelle den Banken 500 Milliarden Euro ?frei Haus? zur Verfügung, ist falsch. Richtig ist vielmehr, dass Bundestag und Bundesregierung mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz einen Fonds gründen werden. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, den Banken im Notfall ?unter die Arme? greifen zu können, um das Bankensystem vor dem Zusammenbruch bewahren zu können. Um es erst gar nicht soweit kommen zu lassen, wird dieser Fonds Garantien für Kredite abgeben, die sich die Banken gegenseitig zur Verfügung stellen. Das Volumen dieser Garantien beläuft sich auf maximal 400 Milliarden Euro. Bei diesen Garantien muss der Bund lediglich dann eintreten, wenn es bei den Krediten von Bank zu Bank tatsächlich zu Ausfällen kommt. Für diese Fälle plant der Bundesfinanzminister vorsorglich fünf Prozent der Bürgschaftssumme, also 20 Milliarden Euro, im Haushalt ein. Mit weiteren maximal 80 Milliarden Euro kann der Fonds bei Bedarf notleidenden Banken direkt helfen. Im Gegenzug dazu erhält er Anteile, die er langfristig wieder veräußern kann. Teilweise wird der Eindruck erweckt, die zur Verfügung gestellten Garantien würden den Banken und den in den Banken Verantwortlichen ein schlichtes ?weiter so? ermöglichen. Richtig dagegen ist, dass Banken, die um staatliche Garantien bzw. Unterstützung nachsuchen, sich mit erheblichen Auflagen bzw. Vorbedingungen konfrontiert sehen werden. Dazu zählen unter anderem Einschnitte bzw. Restriktionen bei den Managervergütungen und eine Überprüfung der geschäftspolitischen Ausrichtung. Eine Aufrechnung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes mit anderen staatlichen Leistungen halte ich aus den oben angegeben Gründen nicht für zulässig.

Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung zur Familienpolitik. Ich bin davon überzeugt, dass sich dieses wichtige Politikfeld nicht nur im Rahmen der Finanzpolitik abspielen darf. Es ist wichtig, dass unser Fokus auch auf Betreuungsangeboten und Bildung liegt. Daher verweise ich Sie auch auf das Konzept der SPD zur Verhinderung von Kinderarmut, das Sie unter http://www.spd.de/show/1750137/100608_SPD-Akt_Kinderarmut.pdf abrufen können.

Ich freue mich, dass ich einen Ihrer zahlreichen Beiträge auf abgeordnetenwatch beantworten durfte, hoffe, dass ich Ihnen damit weiterhelfen konnte und wünsche Ihnen in der Politik weiterhin viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen
Josip Juratovic MdB

Was möchten Sie wissen von:
Josip Juratovic MdB
Josip Juratovic
SPD