Frage an Jürgen Klimke bezüglich Wirtschaft

Portrait von Jürgen Klimke
Jürgen Klimke
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Jürgen Klimke zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Klaus M. •

Frage an Jürgen Klimke von Klaus M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Klimke,
mit den bisherigen Milliarden-Zahlungen an Griechenland und den weiter zu erwartenden Haftungsübernahmen für griechische Staatsdefizite findet ein Vermögenstransfer statt - und zwar letztlich anteilig von Vermögen jeden Bürgers in Deutschland an Bürger in Griechenland, die bisher jahrzehntelang über ihre Verhältnisse gelebt haben. Oder - falls es sich dabei nur um Kredite handelt - welches sind die Zins- und Tilgungsmodalitäten? Welche Bonität legen Sie diesen Forderungen an Griechenland bei bzw. glauben Sie daran, daß wir von dem Geld je etwas wiedersehen werden?
Haben Sie dem ESM/ESFS zugestimmt in voller Überzeugung, daß durch diese auch mein Vermögen (als Ihr Wähler) durch Transfer an Dritte und/oder durch künftige inflationäre Entwertung in Deutschland teilenteignet wird?
Für eine Antwort wäre ich Ihnen, nicht zuletzt um mir einen Rest an Vertrauen in die Sachbezogenheit politischer Entscheidungen zu bewahren - sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Moerler

Portrait von Jürgen Klimke
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Moerler,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 7.9.2012 in der sie einige Fragen zum ESM stellen.

Ich versichere Ihnen, dass ich die weit verbreitete Sorge über die Entwicklung Deutschlands hinsichtlich des ESM sehr gut nachvollziehen kann. Es ist für alle offensichtlich geworden, dass die Währungs­union in der Form, wie sie in den ersten Jahren ihrer Existenz aufgestellt war, nicht dauerhaft existieren kann. Wir arbeiten daher konsequent an einer verbesserten Stabilitätsarchitektur für Europa, zu der der ESM einen wesentlichen Beitrag leisten wird. Ich spreche mich von daher für den ESM aus und möchte Ihnen meine Gründe dazu gerne erläutern.

Der auf europäischer Ebene beschlossene und unterschriebene ESM-Vertrag setzt aus meiner Sicht ein deutliches Signal für nachhaltige Stabilität innerhalb Europas. Denn es können Situationen auftreten, in denen akut in Schwierigkeiten gera­tene Euro-Länder kurzfristig von ihren Partner unterstützt werden müssen. Denn ein im Falle des Nichthandelns möglicher Flächenbrand hätte unab­sehbare Folgen für ganz Europa und damit auch für die deutsche Wirtschaft und unsere öffentlichen Haushalte. Ziel aller jetzigen und zukünftigen Maßnahmen darf aber nur die kurzfristige zielgerichtete Krisenhilfe sein, ganz ausdrücklich nicht die dauerhafte Alimentierung von Staaten. Zur Überbrückung der Finanzierungsschwierigkeiten kann einem ESM-Mitglied ein Darlehen gewährt werden. Im Gegenzug verpflichtet sich das betreffende Land im Rahmen eines makroökonomischen Anpassungsprogramms zu umfangreichen Reformen, um eine gesunde wirtschaftliche und finanzielle Situation zu erreichen.

Der ESM darf nicht isoliert von den anderen, ebenso wichtigen Bausteinen für eine dauerhaft stabile Währungsunion betrachtet werden. Eine Währungsunion kann nur funktionieren, wenn jedes Mitgliedsland aus eigener Kraft solide wirtschaftet und wettbewerbsfähig ist. Ein fundamentaler Baustein im neuen Regelungsgefüge Europa ist neben dem ESM daher auch der am 30. Januar von den Staats- und Regierungschefs fast aller Mitgliedstaaten beschlossene Fiskalvertrag. Die Einführung von Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild in allen anderen Euro-Staaten, die mit diesem Vertrag verpflichtend sein wird, ist eine entscheidende Weichenstellung für die Stabilisierung unserer Gemeinschaftswährung. Im Vertrag sind auch Maßnahmen zu einer verbesserten wirtschaftspolitischen Koordinierung sowie für mehr Konvergenz enthalten. Nicht zuletzt verbessern wir mit der Schärfung des Stabilitätspakts und der Einführung des Euro-Plus-Pakts die Rahmenbedingungen für eine stabile und wettbewerbs­fähige Währungsunion noch weiter.

Um eine enge Verzahnung der Aspekte kurzfristige Krisenhilfe und mittel- bis langfristige Solidität der Empfängerländer zu gewährleisten, fußt der ESM auf dem Grundsatz, dass Solidarität nur bei entsprechender fiskalpolitischer Solidität gewährt werden kann. Leistungen des ESM dürfen daher auch nur von Staaten beansprucht werden, die die Vorgaben des Fiskal-Vertrages umsetzen - insbesondere die der nationalen Schuldenbremsen. Die Umsetzung einer Schuldenbremse in nationales Recht innerhalb von einem Jahr nach Inkrafttreten des Fiskalvertrags wird durch die Europäische Kommission überwacht. Für den Fall der Nichtumsetzung wird der Europäische Gerichtshof durch die EU-Mitgliedstaaten, die die „Dreier-Präsidentschaft" innehaben, angerufen. Bei Nichtbefolgung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs über die Nichtumsetzung einer nationalen Schuldenregel sieht der Fiskalvertrag Strafzahlungen in Höhe von bis zu 0,1 % des BIP vor.

Es ist in keiner Weise so, dass wir mit dem ESM unsere Verpflichtung für einen verantwortungsvollen Umgang mit deutschen Steuergeldern aus der Hand geben. Der Deutsche Bundestag wird seine Haushaltsverantwortung im Zusammenhang mit dem ESM in vollem Umfang wahrnehmen. Etwas anderes würde auch das Bundesverfassungsgericht nicht zulassen. Der Deutsche Bundestag muss nicht nur den ESM-Vertrag durch ein Zustimmungsgesetz ratifizieren und den deutschen Beitrag zum Stammkapital des ESM genehmigen. Der Deutsche Bundestag oder seine Gremien werden auch danach bei allen Entscheidungen einbezogen, wenn dies die Haushalts­verantwortung des Deutschen Bundestages erfordert. Dies gilt insbesondere für die Ent­scheidungen, einem in Not geratenen Euro-Mitgliedstaat eine Finanzhilfe zu gewähren.

Insgesamt bin ich von der Notwendigkeit des ESM als Teil einer verbessertet Stabilitätsarchitektur in Europa fest überzeugt und setze mich hierfür auch ausdrücklich ein.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Auskunft weiterhelfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen,

Jürgen Klimke