Frage an Karin Roth von Petra S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Roth,
mit Sorge habe ich gestern in der Zeitung gelesen, dass gegen den türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk ein Verfahren angestrengt wird und ihm die Herabsetzung oder Beschädigung der „türkischen Identität” und des „Türkentums” vorgeworfen wird. Wie, so meine Frage an Sie, wird die SPD im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen sicherstellen, dass den Menschenrechten die erforderliche Aufmerksamkeit entgegengebracht wird? Wird eine kontinuierliche Nichtachtung der Menschenrechte seitens der Türkei dazu führen, dass die SPD sich gegen eine Fortsetzung von Beitrittsverhandllungen ausspricht?
Mit freundlichen Grüßen
Petra Schmettow
Sehr geehrte Frau Schmettow,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 2.9.2005.
Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei werden ein Prozess sein, der große Herausforderungen für die Türkei darstellt und ihr große gesellschaftliche Veränderungen abverlangt. Die EU dabei wird streng auf die Umsetzung der abverlangten Gesetze achten. In den Fragen der Umsetzung der Menschenrechte, des Folterverbotes und der Religionsfreiheit für andere Glaubensrichtungen wird es keinen Rabatt geben. Bei Rückschritten der Türkei in diesem Prozess sehen die Empfehlungen der Kommission ausdrücklich auch die Option der Aussetzung der Verhandlungen vor.
Die Türkei rechnet selbst mit einer Verhandlungsdauer von mindestens 10 Jahren, Ministerpräsident Erdogan hat selbst als Ziel das Jahr 2019 genannt. Es ist davon auszugehen, dass bei einem Beitritt der Türkei in 15 Jahren, sprich 2020, die Türkei nicht mehr die von heute sein wird.
Ich bin aber fest davon überzeugt, dass nur ehrliche und offene Beitrittsverhandlungen zwischen der Türkei und der EU die Fortsetzung des auf Druck der EU eingeleiteten Reformprozesses in der Türkei garantieren. Der notwendige Reformprozess wird nur dann zu einem erfolgreichen Ende kommen, wenn die Türkei eine konkrete Beitrittsperspektive erhält.
Eine SPD-geführte Bundesregierung wird in jeder Phase der Verhandlungen darauf achten, dass die Forderungen der EU erfüllt werden. Dies gilt auch und ganz besonders für den Bereich der Menschenrechte. Die umfassende Achtung der Menschenrechte ist nicht verhandelbar.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Roth, MdB