Frage an Karl Schiewerling bezüglich Soziale Sicherung

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Karl Schiewerling
CDU
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Frage an Karl Schiewerling von Winfried N. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Schieverling,

unser Finanz- und Steuersystem ist sehr unübersichtlich geworden. Auch die Arbeitslosenquote ist eine feste Größe geworden sein, fast 7 Mio. Menschen sind auf Transferleistungen angewiesen, die Finanzkrise wird diesen Effekt deutlich verstärken. Um nun allen Bürgern ein würdevolles Leben zu gewährleisten, erscheint die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens als guter Lösungsweg.

Am 17.02.2009 endet die Mitzeichnungsfrist der Petition "Reformvorschläge in der Sozialversicherung - Bedingungsloses Grundeinkommen". Die Petition ist die bisher meist gezeichnete Petition seitdem es Online-Petitionen gibt mit fast 32.000 Mitzeichnern.

Wie stehen sie persönlich zu der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, beschrieben auf den Webseiten: grundeinkommen-muenster.de und auf den Seiten des Netzwerkes - grundeinkommen.de und setzen Sie sich dafür ein, für alle Menschen, existenzsichernd und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichend, auf das ein individueller Rechtsanspruch besteht, das ohne Bedürftigkeitsprüfung, ohne Zwang zur Arbeit und ohne Zwang zu anderen Gegenleistungen garantiert wird?

Mit freundlichen Grüßen
Winfried Naumann

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CDU

Sehr geehrter Herr Naumann,

ich teile Ihre Auffassung, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise zu einem Anstieg der Empfänger von Transferleistungen führen wird. Dem möchten wir vor allem durch das Kurzarbeitergeld sowie den weiteren Maßnahmen aus den Konjunkturpaketen I und II entgegenwirken.

Momentan werden in Deutschland verschiedene Modelle diskutiert, u.a. ein vom thüringischen Ministerpräsidenten Althaus (CDU) entwickeltes Modell, das sog. Solidarische Bürgergeld.

Dieses sieht für jeden ein bedingungsloses Grundeinkommen von 800 Euro brutto vor (abzüglich 200 Euro für eine Basis-Krankenversicherung). Das Bürgergeld sinkt mit wachsenden eigenen Einkünften. Ab einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.600 Euro beträgt es dann 400 Euro. Alle staatlichen Transferleistungen sollen damit gebündelt werden. Verbunden ist das Konzept mit einer umfangreichen Umgestaltung ("Systemwechsel") in der Steuer- und Sozialpolitik. Finanziert werden soll das Konzept durch die Besteuerung des Einkommens.

Das Althaus-Modell würde Berechnungen zufolge dem Staat jährlich Kosten in Höhe von 583 Milliarden Euro verursachen. Das heutige System kostet den Staat durch die Zahlung von Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Rente, Kindergeld und ähnliche Sozialleistungen dagegen 735 Milliarden Euro pro Jahr. Damit wäre ein bedingungsloses Grundeinkommen nach Althaus günstiger als das heutige System. Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hat das Konzept von Althaus nachgeprüft und kommt zur Feststellung, dass das Konzept finanzierbar wäre.

Bei dem von Ihnen favorisierten Modell eines bedingungslosen Grundeinkommens sehe ich jedoch folgende Schwächen:

Ein individueller Rechtsanspruch ohne Bedürftigkeitsprüfung gibt dem Betroffenen zwar Sicherheit, verhindert aber, dass sich der Betroffene durch Eigeninitiative nach Möglichkeiten umschaut, seinen Lebensunterhalt durch eigene Mittel zu bestreiten. Dieses fördert die Grundsicherung des SGB II.

Ich sehe auch die Gefahr, dass das Bürgergeld Menschen dazu verführen könnte, sich endgültig aus der Arbeitsgesellschaft zurückzuziehen. Dies betrifft insbesondere Personen, die schon in zweiter oder dritter Generation von Sozialhilfe bzw. ALG II leben. Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte häufiger zur Untätigkeit verleiten, da der materielle Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit sinken würde. Insbesondere für Menschen mit geringer Qualifikation würde sich Arbeit möglicherweise kaum lohnen.

Der Verzicht auf eine Bedürftigkeitsprüfung kann auch nicht durchgesetzt werden. Die Mittel werden von der Solidargemeinschaft aufgebracht. Die Verwendung dieser Mittel muss nach bestimmten Regeln sichergestellt werden. Es gilt einerseits Missbrauch zu verhindern, andererseits aber auch das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit und die Notwendigkeit der bewilligten Mittel in der Bevölkerung sicherzustellen.

Gegenleistungen dürfen erwartet werden. Es wäre für die Solidargemeinschaft nicht nachzuvollziehen, warum ein Arbeitsloser in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit nicht an Weiterbildungen teilzunehmen braucht, die zu einer schnelleren Wiedereinstellung des Arbeitssuchenden führen könnte.

Ich bin mir sicher, dass eine Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens mit den sich daraus ergebenden, möglichen Folgen noch weiter untersucht werden muss. Derzeit habe auch ich mir noch kein abschließendes Urteil gebildet. Dies gilt auch für die Meinungsbildung innerhalb der CDU und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Mit freundlichen Grüßen

Karl Schiewerling