Frage an Karl Voßkühler bezüglich Wirtschaft

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Karl Voßkühler
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Frage an Karl Voßkühler von Friedemann K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Voßkühler,

sehen Sie die Einwirkungsmaßnahmen der deutschen Politik beim Verkauf von 65 % des Opel Europageschäfts an die russische Sberbank/Gaz und Magna Steyr sowie die Zurverfügungstellung von insgesamt 6 Milliarden Euro Steuergeldern (Überbrückungskredit sowie Bürgschaften) als generell taugliches Modell an, wie notleidenden Unternehmen von staatlicher Seite zu helfen ist?

Hätte es für Sie theoretisch einen Grad an wirtschaftlicher Unrentabilität des Opel Europageschäfts gegeben, bei dem Sie, wenn Sie hätten entscheiden müssen/dürfen, die immensen Steuermittel nicht mehr vertreten könnten?

Im Verlauf des Bieterverfahrens hatte auch ein chinesisches Unternehmen ein Angebot unterbreitet. Dieses ist von dem hessischen Ministerpräsidenten Koch insbesondere mit der Begründung abgelehnt worden, hier bestünde die Gefahr, dass deutsches Know How nach China abgezogen würde. Warum besteht im Fall der neuen russischen Anteilseigner nicht die Gefahr des Know How-Abzugs, dieses Mal nach Russland?

Schließlich: Sind Sie, falls Sie nicht schon längst ein solches benutzen, inzwischen auch auf ein Fahrzeug der Marke Opel umgestiegen, um Ihren Teil zur Gesundung des Opel-Konzerns beizutragen?

Ich freue mich auf Ihre Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kobusch

IHRE FRAGE:
sehen Sie die Einwirkungsmaßnahmen der deutschen Politik beim Verkauf von 65 % des Opel Europageschäfts an die russische Sberbank/Gaz und Magna Steyr sowie die Zurverfügungstellung von insgesamt 6 Milliarden Euro Steuergeldern (Überbrückungskredit sowie Bürgschaften) als generell taugliches Modell an, wie notleidenden Unternehmen von staatlicher Seite zu helfen ist?

ANTWORT:
In dieser Form: Nein. Die, von der Bundesregierung umgesetzten, staatlichen Maßnahmen bei der Opel-Übernahme sind unzureichend. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat GM praktisch freie Hand gelassen, die europäischen Regierungen und Beschäftigten gegeneinander auszuspielen. Beschäftigungs- und Standortsicherung setzen einen Kurswechsel Guttenbergs voraus. Es muss auf eine öffentliche Beteiligung und eine Einigung der europäischen Regierungen über ein gemeinsames Vorgehen gegenüber GM hingearbeitet werden. Ziel muss es sein, Opel zu einem sozial-ökologischen Mobilitätskonzern umzubauen. Ich glaube, dass sich nur so, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und der Arbeitsplätze sichern lässt.

Bekanntermaßen hat Magna eine geringe Eigenkapitalquote, was bedeutet, dass der Einsatz von Steuergeldern nicht weiter so freihändig erfolgen kann wie bisher. Für die Zukunft muss gelten: Steuergelder gibt es nur, wenn als Gegenleistung eine öffentliche Beteiligung und ein Mitspracherecht der öffentlichen Hand vereinbart werden. Die Belegschaftsbeteiligung ist mit einer Ausweitung der Mitbestimmung von Betriebsräten und Gewerkschaften zu verbinden. Nur so kann wirkungsvoll Einfluss auf die Verwendung der öffentlichen Mittel genommen werden.

IHRE FRAGE:
Hätte es für Sie theoretisch einen Grad an wirtschaftlicher Unrentabilität des Opel Europageschäfts gegeben, bei dem Sie, wenn Sie hätten entscheiden müssen/dürfen, die immensen Steuermittel nicht mehr vertreten könnten?

ANTWORT:
Sie haben natürlich Recht. Die Summe der aufgewendeten Steuermittel ist immens. Umso mehr muss darauf geachtet werden, dass hierfür auch angemessene Gegenleistungen erbracht werden. Die Bedingungen des Deals sind noch nicht bekannt. Es bietet sich jetzt aber eine Chance und es ist möglich, dass die gefundene Lösung besser ist, als Opel bei GM zu belassen. Wie oben kurz umrissen, muss Opel zu einem europäischen Mobilitätskonzern entwickelt werden, der auf dem Markt mit modernen Fahrzeugen bestehen kann.

Bislang hat die Bundesregierung die Chance nicht genutzt, Einfluss auf die Entwicklung von Opel zu nehmen und den Umbau zu einem europäischen sozial-ökologischen Mobilitätskonzern zu forcieren. Dabei machen VW und Lichtblick mit den Bau von 100.000 kleinen Heizkraftwerken gerade vor, wie durch Innovation und Verbreiterung der Produktpalette zukunftsfähige Arbeitsplätze gesichert werden können.

Auch hier gilt, dass es Steuergelder nur geben darf, wenn als Gegenleistung eine öffentliche Beteiligung und ein Mitspracherecht der öffentlichen Hand vereinbart werden und die Beteiligung von Arbeitern und Gewerkschaften sichergestellt ist.

IHRE FRAGE:
Im Verlauf des Bieterverfahrens hatte auch ein chinesisches Unternehmen ein Angebot unterbreitet. Dieses ist von dem hessischen Ministerpräsidenten Koch insbesondere mit der Begründung abgelehnt worden, hier bestünde die Gefahr, dass deutsches Know How nach China abgezogen würde. Warum besteht im Fall der neuen russischen Anteilseigner nicht die Gefahr des Know How-Abzugs, dieses Mal nach Russland?

ANTWORT:
Die Gefahr besteht. Genaue Details des Magna-Deals sind noch nicht bekannt. Ein Grund mehr, die Abwartehaltung aufzugeben und echte Gegenleistungen für die geleistete Hilfe zu verlangen. Die sinnvolle Nutzung insbesondere des ökologischen "Know-Hows" ist sicherzustellen.

IHRE FRAGE:
Schließlich: Sind Sie, falls Sie nicht schon längst ein solches benutzen, inzwischen auch auf ein Fahrzeug der Marke Opel umgestiegen, um Ihren Teil zur Gesundung des Opel-Konzerns beizutragen?

ANTWORT:
In der Regel fahre ich Bus und Bahn. Wenn ich mal Auto fahre, fahre ich tatsächlich einen Opel. Einen Corsa um genau zu sein.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen bei Ihrer Wahlentscheidung ein wenig helfen.

Es grüßt Sie herzlich

Karl Voßkühler