Frage an Katarina Barley bezüglich Soziale Sicherung

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Katarina Barley
SPD
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Frage von Matthias K. •

Frage an Katarina Barley von Matthias K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Ministerin Barley,

die aktuelle Sozialgesetzgebung z.B. zur Scheinselbständigkeit und zur Begrenzung von Leiharbeit führt besonders in der IT-Branche zu einer Behinderung von Selbständigkeit und Gründertum. Aufgrund der seit Jahren diesbezüglich herrschenden Rechtsunsicherheit setzen besonders DAX-30 Konzerne zunehmend auf internationale Unternehmensberatungen wie Accenture, IBM, und HPE, statt in Deutschland lebende und dort steuerpflichtige Freiberufler und Selbständige zu beschäftigen. Meine Fragen dazu:
1. Ist dies beabsichtigt?
2. Wenn ja: warum?
3. Wenn nein: was werden Sie dagegen unternehmen?

Vielen Dank

Mit freundlichen Grüßen
M. K.

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Antwort von
SPD

Mit dem Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, die Leiharbeit auf ihre Kernfunktion hin zu orientieren und den Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen zu verhindern. Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträge sind wichtige Instrumente in einer arbeitsteiligen Wirtschaft. Arbeitnehmerüberlassung ist eine etablierte Form des flexiblen Personaleinsatzes, die Unternehmen Möglichkeiten zur Abdeckung von Auftragsspitzen und kurzfristigen Personalbedarfen bietet.
Zur Kernfunktion der Arbeitnehmerüberlassung gehört jedoch auch, dass sie vorübergehend erfolgt. Der dauerhafte Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern kann zur Verdrängung von Stammarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern im Einsatzbetrieb führen. Dem soll gesetzlich entgegengewirkt werden. Hierzu wurde eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten eingeführt, die bestehende Regelungen aus der betrieblichen Praxis aufgreift. Um die notwendige Flexibilität zu erhalten, kann von der Überlassungshöchstdauer durch Tarifvertrag der Einsatzbranche oder durch eine auf Grund eines Tarifvertrages geschlossene Betriebs- oder Dienstvereinbarung abgewichen werden. In tarifgebundenen Unternehmen können damit längere Einsätze über 18 Monate hinaus möglich sein. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können in nicht tarifgebundenen Unternehmen die tarifvertraglichen Regelungen zur Überlassungshöchstdauer durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung inhaltsgleich übernommen werden. Sofern der Tarifvertrag eine Öffnungsklausel für Betriebs- oder Dienstvereinbarungen enthält, könnten auch nicht tarifgebundene Entleiher davon Gebrauch machen; allerdings nur bis zu einer Überlassungshöchstdauer von längstens 24 Monaten, wenn der Tarifvertrag keine abweichende Überlassungshöchstdauer für Betriebs- und Dienstvereinbarungen festlegt.
Nicht zu den Kernfunktionen der Arbeitnehmerüberlassung gehört es, Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer als Streikbrecher einzusetzen. Dies werde künftig verhindert u. a. m.
Ferner sollen missbräuchliche Gestaltungen des Fremdpersonaleinsatzes verhindert und die Rechtsicherheit bei Nutzung von Werkverträgen erhöht werden. Deshalb wurde die von der Rechtsprechung entwickelte Abgrenzung von abhängiger zu selbstständiger Tätigkeit gesetzlich niedergelegt. Die Rege-lungen dienen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei der Anwendung des geltenden Rechts, ein-schließlich des gesetzlichen Arbeitsschutzes. Wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (Arbeitsvertrag), ist eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer. Sie oder er steht in einem Arbeitsverhältnis zum Vertragspartner, dem Arbeitgeber.
In der Vergangenheit sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilweise im Rahmen von vermeintlichen Werkverträgen überlassen worden. Der vermeintliche Werkvertragsunternehmer hat für den Fall, dass diese Konstellation aufgedeckt wird, eine Verleiherlaubnis vorhalten können. Auf diese hat er sich berufen und damit die im AÜG vorgesehenen Rechtsfolgen einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung vermeiden können. Künftig sollen der vermeintliche Werkvertragsunternehmer und sein Auftraggeber in diesen Fallkonstellationen auch bei Vorlage einer Verleiherlaubnis nicht besser gestellt sein als derjenige, der unerlaubt Arbeitnehmerüberlassung betreibt. Die Überlassung des Arbeitnehmers wird ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet. Bei einer verdeckten Arbeitnehmer-überlassung wird ebenso wie bei der illegalen Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher fingiert. Außerdem begingen Verleiher und Entleiher eine Ordnungswidrigkeit, wenn sie eine Arbeitnehmerüberlassung nicht offenlegten, sondern verdeckt vor-nahmen. Es wird gesetzlich klargestellt, dass der Weiterverleih von Leiharbeitnehmerinnen und Leih-arbeitnehmern verboten ist u. a. m.
Die Gesetzesänderung in der letzten Legislatur soll den Missbrauch eindämmen. Die ehrliche selbständige Arbeit haben wir nicht eingeschränkt.

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