Frage an Klaus Hänsch bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Klaus Hänsch
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Frage an Klaus Hänsch von Trim D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Hänsch,

da sich die Europaabgeordnete Niedersachsens mehr mit umweltpolitischen Angelegenheiten befasst, würde ich gerne meine Frage von Ihnen beantwortet haben. (Es könnte ja sein, dass ich demnächst nach Nordrhein-Westfalen umziehe.)

Die Entsendung der EULEX-Mission zur Überwachung und Unterstützung der Unabhängigkeit Kosovos, die den Ahtisaari-Plan als Grundlage hat, wurde einstimmig von allen EU-Mitgliedsstaaten beschlossen. Der UN-Generalsekretär teilte jedoch kurz nach der Proklamation der Unabhängigkeit Kosovos mit, dass weiterhin die UN-Resolution des Sicherheitrates in Kraft bleibt, bis eine Lösung im Sicherheitsrat gefunden sei (so die Aussage zahlreicher Medien). Sowohl Moskau als auch Belgrad sind der Ansicht, dass die "einseitige" Unabhängigkeitserklärung und die EULEX-Mission völkerrechtswidrig seien. Grund dafür ist die Resolution 1244, welche die territoriale Integrität "Jugoslawiens" vorsieht, bis die Statusfrage geklärt ist. Russland hat von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht, um eben diese Statusfrage bis heute nicht zu klären.

Meine Fragen:

Wie lässt sich die EULEX-Mission legitimieren? Wann wird die UNMIK ihre Kompetenzen an die EU abtreten? Hat eine solche Mission eine Zukunft aufgrund der Lage in den serbischen Enklaven? Wann kann die Republik Kosovo sich als ein ("echter") souveräner Staat fühlen? Hat die Republik Kosovo überhaupt eine Chance in die UNO aufgenommen zu werden (Vetorecht Russlands)? Wie lange gedenkt die EU ihre Mission im Kosovo zu behalten? Inwiefern ist die Ablehnung Russlands für die Unabhängigkeit Kosovos auf die USA zurückzuführen?

Ich bin mir bewusst, dass das viele Fragen auf einmal sind. Jedoch wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn sie meine Fragen beantworten würden (und noch dankbarer, wenn Ihre Antworten ausführlicher wären).

Vielen lieben Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen,
Trim Demaj.

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Sehr geehrter Herr Demaj,

Die EULEX-Mission für den Kosovo soll im Juni dieses Jahres die Aufgaben der derzeitigen zivilen UN-Verwaltung UNMIK übernehmen und in enger Kooperation mit den KFOR-Truppen der NATO die kosovarischen Behörden beim Aufbau rechtsstaatlicher und stabiler Strukturen unterstützen. Zurzeit befindet sich die Mission noch in ihrer Aufbauphase. Der genaue Zeitpunkt der Kompetenzübergabe von der UNMIK an die EULEX-Mission wird auch von tagesaktuellen Geschehnissen abhängen. Eine enge Koordination zwischen EU und UN ist jedoch in jedem Fall - ggf. auch über den Zeitpunkt der Kompetenzübertragung hinaus - vorgesehen.

Für die Legitimation der EULEX-Mission werden von Experten in EU und UN verschiedene Möglichkeiten diskutiert. Dazu gehört auch die Frage, ob die EU-Mission unter dem Dach der Resolution 1244 legitimiert werden kann. Eine Beauftragung der EU durch den UN-Generalsekretär oder eine offizielle Einladung durch die kosovarischen Autoritäten werden ebenfalls für möglich gehalten. Auch die von Ihnen selbst angesprochene Tatsache, dass die EULEX-Mission von allen EU-Mitgliedstaaten - auch von denen, die die Unabhängigkeit des Kosovo bis heute nicht anerkannt haben - einstimmig beschlossen wurde, kann als Legitimationsgrundlage gelten.

Die Mission wird - wie auch KFOR und UNMIK - gemäß der Resolution 1244 für das ganze Kosovo zuständig sein. Eine besondere Rolle werden dabei die besonderen Minderheitenrechte bzw. der Schutz der (serbischen) Minderheiten im Kosovo spielen. Das Ziel ist und bleibt es, die Regierung in Prishtina im ganzen Land handlungsfähig zu machen.

Das Mandat der EULEX-Mission ist auf zwei Jahre beschränkt. Aufgrund der erheblichen Schwierigkeiten in der Region ist eine Verlängerung allerdings wahrscheinlich.

Wann das aktuelle UN- bzw. EU-Protektorat Kosovo in die vollständige Unabhängigkeit übergehen wird, hängt von den Entwicklungen im Kosovo selbst und in der Region ab und wird sicherlich noch mehrere Jahre auf sich warten lassen müssen.

Eine Aufnahme des Kosovo in die UNO ist derzeit schwer abzuschätzen, auch aus den Gründen, die Sie selbst nennen (Vetorecht Russlands). Russlands Weigerung, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen, hängt wohl kaum mit den USA zusammen, sondern vielmehr mit der Sorge Russlands, dass das Kosovo als Beispiel und Rechtfertigung für andere Abspaltungen (z. B. Tschetschenien) gelten könnte.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Hänsch