Frage an Klaus Hänsch bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Klaus Hänsch
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Frage an Klaus Hänsch von Markus F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hänsch
Mit Ihrer Argumentation bezüglich dem irischen Referendum liegen Sie ziemlich schief in der Landschaft. Die Auswirkungen auf andere Ländern sind doch nicht im Referendum begründet, sie hängen ganz alleine mit der Entscheidung eines Landes, den Vertrag zu ratifizieren oder nicht zusammen. Wie diese Entscheidung gefallen ist, spielt keine Rolle. Dass diese Auswirkungen auf andere Länder bestehen hat auch nichts mit einem Referendum zu tun, sondern mit der bestehenden Pflicht zur Einstimmigkeit. Ihre Argumentation würde die Ratifizierung jeglicher demokratischen Legitimation entziehen, sind danach doch nicht nur das Volk (immerhin auch in Ihrem Land der Souverän), sondern auch die Parlamente faktisch ausgeschaltet, da sie ja nur ja stimmen können. Na ja, ich bin Schweizer, mich geht´s nicht unmittelbar was an. Ihr Verhalten, und das vieler Ihrer Kollegen bestärkt mich aber doch sehr, dieser EU fernzubleiben.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Freuler,

vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Hier mein Versuch einer Klarstellung:

Die Europäische Union ist eine Union von Staaten, die auf einem internationalen Vertrag beruht. Soll dieser Vertrag geändert oder ersetzt werden, müssen alle Vertragsparteien zustimmen. Das ist ein Grundprinzip des internationalen Rechts. Jedes Land trifft seine Entscheidung nach den Regeln seiner nationalen Verfassung. Irlands Verfassung ist die einzige in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die eine Volksabstimmung zwingend vorschreibt. Dass die Entscheidung des irischen Volkes, den Vertrag von Lissabon abzulehnen, rechtmäßig ist, habe ich nicht in Zweifel gezogen.
Was ich kritisieren wollte, ist die Neigung, in Volksabstimmungen eine höhere Form der Demokratie zu sehen. Wenn, wie bei den Volksabstimmungen über den Verfassungsvertrag, zwei Völker (Frankreich und die Niederlande) mit "Nein" und zwei (Spanien und Luxemburg) mit "Ja" stimmen, setzen sich die Nein-Sager durch. Das ist zwar nach internationalem Vertragsrecht richtig, aber deswegen noch lange nicht demokratisch.
Volksabstimmungen sollten meiner Meinung nach nur über die Grundsatzfrage durchgeführt werden, ob ein Staat in der EU bleiben oder austreten möchte. Dann trifft das Volk seine Entscheidung nur für sich selbst und nicht auch für 26 andere.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Hänsch