Frage an Klaus-Peter Willsch bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Klaus-Peter Willsch
CDU
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Frage von Matthias C. •

Frage an Klaus-Peter Willsch von Matthias C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Willsch,

Als Mitglied von Amnesty International Wiesbaden möchte ich meine Wahl-Entscheidung im September vor Allem von der Haltung der Kandidatinnen und Kandidaten zu menschenrechtlichen Fragen und Problemen abhängig machen.

Deshalb würde mich Ihre Meinung zu folgenden aktuellen Forderungen von Amnesty International interessieren. Dankbar wäre ich für eine Stellungnahme, die zeigt, welche Schritte Sie konkret unternehmen würden auf dem Weg zur Durchsetzung der Anliegen von Amnesty International.

* Deutschland muss sich für den Zugang zu fairen Asylverfahren in allen EU-Mitgliedstaaten einsetzen. Rücküberstellungen von Asylsuchenden dürfen solange nicht durchgeführt werden, wie kein Zugang zu einem fairen Asylverfahren ? wie derzeit in Griechenland ? besteht.

* Die Aufnahme von Flüchtlingen darf nicht auf Staaten außerhalb der EU verlagert werden, insbesondere nicht auf Länder, deren Flüchtlingsschutz völlig ungenügend ist.

* Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Ende 2011 eingerichtete Resettlement-Programm für Flüchtlinge in Deutschland zu verlängern und zugleich das Kontingent zu erhöhen. Dringend bedarf es einer Gesetzesänderung, damit neu angesiedelte Flüchtlinge rechtlich mit den hier anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt sind. Nur so können Schwierigkeiten insbesondere bei der Familienzusammenführung vermieden werden.

* Für den umfassenden Schutz von Flüchtlingen muss die neue Bundesregierung wirksamen Eilrechtsschutz gegen Abschiebungen in andere EU-Mitgliedsstaaten gewähren. Das sogenannte ?Flughafenverfahren? ist abzuschaffen, da die Betroffenen (auch Minderjährige) faktisch inhaftiert und Rechtsmittelfristen unangemessen verkürzt werden.
Abschiebungshaft darf immer nur als letztes Mittel angeordnet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Chalmovsky

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CDU

Sehr geehrter Herr Chalmovsky,

für Ihre Anfrage über www.abgeordnetenwatch.de danke ich Ihnen. Zu Ihren Fragen nehme ich wie folgt Stellung:

* Deutschland muss sich für den Zugang zu fairen Asylverfahren in allen EU-Mitgliedstaaten einsetzen. Rücküberstellungen von Asylsuchenden dürfen solange nicht durchgeführt werden, wie kein Zugang zu einem fairen Asylverfahren ? wie derzeit in Griechenland ? besteht.

CDU und CSU treten für den Schutz politisch Verfolgter ein, wie es unserem Grundgesetz und der aus unserem christlich geprägten Menschenbild entspringenden Verantwortung entspricht. Wer politisch verfolgt wird und schutzbedürftig ist, muss auf Deutschland vertrauen können. Deshalb bekennen wir uns zum Grundrecht auf Asyl. Bei der Aufnahme von Flüchtlingen ist zunächst einmal jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union selbst gefordert. Auf EU-Ebene muss verhindert werden, dass es zu einer besonderen Belastung der Asylsysteme einzelner Mitgliedstaaten kommt. Daher ist es richtig und sinnvoll, dass in die neue Dublin-Verordnung eine Regelung zu einem Frühwarn- und Krisenbewältigungsmechanismus aufgenommen wurde. Dieser Mechanismus soll dazu beitragen, dass Defizite in Asylsystemen der Mitgliedstaaten frühzeitig erkannt und alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, um diese Defizite zu beheben.

In den Staaten, in denen systemische Mängel des Asylsystems festgestellt worden sind, finden keine Rücküberstellungen von Asylbewerbern statt. An systemischen Mängeln leidet zur Zeit nur das griechische Asylsystem. Deshalb hat die unionsgeführte Bundesregierung die Rücküberstellung von Asylbewerbern nach Griechenland auf der Grundlage der Dublin-Verordnung im Januar 2011 zunächst für ein Jahr ausgesetzt. Die Aussetzung wurde um ein weiteres Jahr bis Januar 2014 verlängert.

Unabhängig davon erfährt z. B. Griechenland von Seiten der Europäischen Union vielfältige Unterstützung bei der Umsetzung des im Jahre 2010 vorgelegten und 2013 aktualisierten Nationalen Aktionsplans zur Asylreform und zum Migrationsmanagement. So wird dessen Umsetzung aus Fonds-Mitteln der EU finanziell unterstützt und die Umsetzung durch das EU-Asylunterstützungsbüro (EASO) sowie die EU-Kommission begleitet. Auch Deutschland beteiligt sich an dieser von der EU koordinierten Hilfe.

* Die Aufnahme von Flüchtlingen darf nicht auf Staaten außerhalb der EU verlagert werden, insbesondere nicht auf Länder, deren Flüchtlingsschutz völlig ungenügend ist.

Die Verlagerung der Aufnahme von Flüchtlingen in Staaten, in denen der Flüchtlingsschutz ungenügend ist, ist nach der aktuellen Rechtslage nicht möglich. CDU und CSU werden auch weiterhin an diesem Grundsatz festhalten.

* Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Ende 2011 eingerichtete Resettlement-Programm für Flüchtlinge in Deutschland zu verlängern und zugleich das Kontingent zu erhöhen. Dringend bedarf es einer Gesetzesänderung, damit neu angesiedelte Flüchtlinge rechtlich mit den hier anerkannten Flüchtlingen gleichgestellt sind. Nur so können Schwierigkeiten insbesondere bei der Familienzusammenführung vermieden
werden.

Auch in Zukunft werden wir Flüchtlingen helfen. Dabei setzen wir uns auch für neue Formen des Schutzes ein wie der Aufnahme von Flüchtlingen aus Drittstaaten, wenn ihnen eine baldige Rückkehr in das Herkunftsland nicht möglich ist oder wenn sie nicht dauerhaft in das Land, das sie zuerst aufgenommen hat, eingegliedert werden können. Dabei bauen wir weiterhin, ebenso wie bei der Hilfe für Flüchtlinge weltweit, auf die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen.

Deutschland wird im Rahmen des Resettlement-Programms bis 2014 jährlich weiterhin 300 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aufnehmen. Ob und – falls ja – in welchem Umfang das Programm ab 2015 weitergeführt wird, wird im Anschluss an eine Evaluierung entschieden werden.

* Für den umfassenden Schutz von Flüchtlingen muss die neue Bundesregierung wirksamen Eilrechtsschutz gegen Abschiebungen in andere EU-Mitgliedsstaaten gewähren. Das sogenannte ?Flughafenverfahren? ist abzuschaffen, da die Betroffenen (auch Minderjährige) faktisch inhaftiert und Rechtsmittelfristen unangemessen verkürzt werden. Abschiebungshaft darf immer nur als letztes Mittel angeordnet werden.

CDU und CSU sind der Auffassung, dass das sogenannte Flughafenverfahren in Deutschland sachgerecht und verantwortungsvoll angewandt wird. Es werden nur fachlich besonders qualifizierte Mitarbeiter eingesetzt, die zudem über die nötige interkulturelle Kompetenz und Sensibilität verfügen und speziell geschult wurden. Das Flughafenverfahren bleibt auch im Rahmen der Neufassungen der Asylverfahrensrichtlinie und der Aufnahmerichtlinie unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich anwendbar. Wie bisher wird jedoch auch hier mit besonderer Sensibilität vorgegangen. So wird bislang – abhängig vom Einzelfall – in der Praxis zumeist die Einreise gestattet.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus-Peter Willsch MdB

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