Frage an Krista Sager bezüglich Familie

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Krista Sager
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ralf Paul R. •

Frage an Krista Sager von Ralf Paul R. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau / Sehr geehrter Herr
mit einer Gruppe von Interessierten Wählerinnen und Wählern haben wir ein paar Fragen ausgearbeitet, auf die wir gerne persönliche Antworten der Direkt-Kandidatinnen und -Kandidaten haben möchten.

Wir werden Ihre Antworten in unserem kleinen Forum vortragen und diskutieren.

1.) "Als Bürger der Bundesrepublik Deutschland wünsche ich mir als, über Erststimme direkt in den Bundestag gewählten, Volksvertreter eine Person, die "an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen" ist (GG §38.1). Wie ernst nehmen Sie in Abstimmungsfragen, bei denen ein (wenn auch versteckter) Fraktionszwang angemahnt wird, die Verpflichtung, nur dem eigenen Gewissen und den Interessen der Wähler Ihres Erststimmen-Wahlkreises gemäß abzustimmen?"

2.) "Die gewaltigen Schuldsummen von Staat und Ländern sind für mich erschreckend und beängstigend.
Welche Lösungsvorschläge sehen Sie, dieses Schuldenfiasko systematisch in den Griff zu bekommen, ohne mit der Ausrede einer ´allgemeinen Haushalts-Notlage´ wichtige und gesellschaftlich unverzichtbare Leistungsbereiche mit Kürzungen oder Streichungen zu belasten?"

3.) "Der in Wahlkampfreden verwendete Arbeitsbegriff ist m.E. heute nicht mehr zeitgemäß, da er nur die herkömmlichen Arbeitsverhältnisse (sprich: Erwerbsarbeit) berücksichtigt. Wie stehen Sie persönlich zum tradierten Begriff ´Arbeit´? Werden Sie Sich persönlich als Volksvertreter für eine Neuausrichtung des Arbeitsbegriffes auf Themenwelten wie Familienarbeit, soziales Engagement, kulturelle Wertschaffung und Ähnliches unter Berücksichtigung einer angemessenen Entlohnung einsetzen? Wie ist Ihre Meinung zu dem Vorschlag eines allgemeinen ´Bürgergeldes´, bzw. einer ´Grundsicherung für Alle´?"

Wir danken für Ihre aufrichtigen Antworten.
i.A. Ralf Randau, Hamburg.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Randau,

zu 1.: In Deutschland gibt es laut Grundgesetz, wie Sie zu Recht zitieren, kein imperatives Mandat, weder gegenüber der Fraktion oder Partei, noch gegenüber den WählerInnen oder dem Wahlkreis. Seien Sie sicher, dass ich auch zukünftig im Bundestag nach bestem Wissen und Gewissen abstimme werde. Wenn Sie sich mein Abstimmungsverhalten ansehen, werden Sie feststellen, dass ich in manchen Fällen anders votiert habe als die Mehrheit meiner Partei. Politik ist allerdings in erster Linie Teamarbeit. Als Einzelgängerin erreicht man kaum etwas. Deshalb ist es so wichtig, sich in Parteien und Fraktionen zusammenzuschließen und auch zu Regierungsbündnissen, darin den Kompromiss zu suchen, um die politischen Ziele letztlich auch umsetzen zu können.

zu 2.: Durch die Finanzkrise ist die Staatsverschuldung in Deutschland noch einmal sprunghaft angestiegen. Die finanziellen Handlungsspielräume der öffentlichen Hand sind damit abermals eingeschränkt worden. Wir Grünen plädieren daher für eine einmalige und zeitlich befristete Vermögensabgabe nach Art. 106 Grundgesetz, damit vor allem auch ihren Beitrag leisten, die zuvor am stärksten von der finanzmarktgetriebenen Ökonomie profitiert und große Vermögen aufgebaut haben. Darüber hinaus wollen wir Grünen die immer weiter ansteigende Staatsverschuldung durch eine flexible und mit der Konjunktur atmende Schuldenbremse begrenzen. Einnahmen und Ausgaben müssen über den Konjunkturzyklus hinweg übereinstimmen. Bei den Ausgaben kommt es darauf an, sie strikt auf die Infrastrukturen der Zukunft, auf ökologisches Wirtschaften, auf mehr Bildung und auf einen erneuerten sozialen Ausgleich auszurichten. Nur so legen wir mit unseren Ausgaben für die nachfolgenden Generationen den Grundstein künftigen Wohlstands. Das gibt es aber nicht zum Nulltarif. Deshalb ist es so unseriös, großspurig Steuersenkungen zu versprechen. Denn die Steuersenkungen von heute sind die Schulden und die Sozialkürzungen von morgen. In unserem Wahlprogramm finden sie eine Reihe von Vorschlägen, wie wir durch die Umwandlung des Solidaritätszuschlags in einen Bildungssoli, eine gerechtere Erbschaftssteuer, die Streichung von Ausnahmen bei der Ökosteuer und die Anhebung des Spitzensteuersatzes die Einnahmeseite des Staatshaushaltes verbessern wollen.

zu 3.: Arbeit erschöpft sich nicht in Erwerbsarbeit, da haben sie ganz recht -, und ich will ergänzen, dass sie das auch noch nie getan hat. Es gibt eine ganze Reihe von Tätigkeiten, die nicht in Form von Erwerbsarbeit geleistet werden, und ohne denen die Gesellschaft dennoch keinen Bestand hätte: allen voran die Haus- und Erziehungsarbeit, weite Teile der Betreuung und Pflege, aber auch das von Ihnen angesprochene soziale, ökologische oder künstlerische Engagement. Allerdings leben wir auch in einer Arbeitsgesellschaft, und das heißt, dass gesellschaftliche Anerkennung maßgeblich aus der Teilhabe an Erwerbsarbeit resultiert. Die faktische Wirkung von Erwerbsarbeitslosigkeit auf das Selbstwertgefühl der meisten Arbeitslosen zeigt, wie stark sie verankert ist. Bedenken sie bitte, wie groß zum Beispiel der Unterschied für die Betroffenen ist, ob sie ALG II beziehen und in einem Ein-Euro-Job arbeiten oder ob sie für das in der Summe nahezu gleiche Geld im Rahmen des Kommunal-Kombi einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit im öffentlichen Interesse nachgehen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen liefe Gefahr, die Gesellschaft von der Aufgabe zu entheben, sich gemeinsam um die Teilhabe aller zu kümmern. Das Grundeinkommen würde dann wie eine Ruhigstellungsprämie für alle wirken, die nicht am gesellschaftlichen Arbeitsprozess teilhaben können – ob im Rahmen der Erwerbsarbeit oder von Freiwilligenarbeit.

Mit freundlichen Grüßen
Krista Sager