Frage an Krista Sager bezüglich Umwelt

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Krista Sager
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Frage von Bernd F. •

Frage an Krista Sager von Bernd F. bezüglich Umwelt

Guten Tag Frau Sager!

Wie stehen Sie zu dem ökologischen und ökonomischen Wahnsinn der Mülltransporte aus Italien?
Machen hier nicht nur die Abfallentsorger ein Geschäft auf Kosten der Umwelt und das insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Problematik in Neapel wohl durch die Mafia gesteuert/verursacht wurde?
Aktuell ist es in Hamburg zu Zwischenfällen mit radioaktiven und anderen gesundheitsgefährdenden Stoffen gekommen.
Meiner Meinung nach erfüllt das nun den Tatbestand von illegalen Giftmülltransporten.
Was werden die Grünen dagegen Unternehmen?

In Erwartung Ihrer Antwort und mit freundlichen Grüßen
Bernd Fischer

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Fischer,

zu Recht prangern Sie den Wahnsinn an, dass Müll zur Entsorgung quer durch Europa gefahren wird. Den Problemen, die durch Müll grundsätzlich schon verursacht werden, etwa durch Lagerung, Rückstände und CO2- Ausstoß, müssen wir nicht noch ein weiteres hinzufügen. Einen sogenannten "Mülltourismus" darf es nicht geben. Die EU hat hierzu klare Richtlinien vorgegeben: Für Mitgliedstaaten der EU ist es seit 1993 weitgehend untersagt, Abfälle in Länder außerhalb der EU zu exportieren (Richtlinie 91/156/EG). Auch innerhalb der EU gilt das Prinzip der Nähe, der Müll soll möglichst nahe am Ort der Entstehung entsorgt werden.

In der aktuellen Situation war es dennoch richtig, für den Müll aus Neapel eine Ausnahme zu machen. Neapel bzw. die Region Kampanien bei Neapel, wird mit dem anfallenden Müll nicht mehr fertig. Die Menschen dort befinden sich in einer schlimmen Situation. Durch die sich türmenden Müllberge vergrößert sich nicht nur das Risiko von Krankheiten sondern auch die Grundwasserverschmutzung, und Ratten werden zu einem ernstzunehmenden Problem. Leukämie, Magen- und Darmkrebs treten rund um die illegalen Mülldeponien im Raum Kampanien vermehrt auf. Hier ist es notwendig zu helfen.

Da in der Hamburger Müllverbrennungsanlage noch Kapazitäten frei sind, ist es richtig, die Italiener mit ihrem Problem nicht allein zu lassen.

Zwar ist der Handel mit Müll auch ein lukratives Geschäft, so dass es generell als problematisch anzusehen ist, dass die Stadtreinigung die Auslastung ihrer Müllverbrennungsanlagen mit Müllzukäufen steigert und damit Gewinn macht. Allerdings entspricht die gelieferte Menge in diesem besonderen Fall dem Hamburger Hausmüllaufkommen von 100 Tagen, das ist halb so viel, wie der Kreis Pinneberg nach Hamburg liefert. Genaue Angaben zu den voraussichtlichen Einahmen durch die Müllentsorgung aus Kampanien werden von der Stadtreinigung unter Berufung auf das Geschäftsgeheimnis allerdings nicht gemacht (1) .

Der radioaktive Müll aus Italien wurde entgegen der entsprechenden Klauseln des Vertrages sowie des Artikel 5 der EG-Verordnung Nr. 1013/2006 nicht umgehend nach Italien zurück geschickt, sondern sofort verbrannt. Dies schätzen wir als problematisch ein. Als Konsequenz wurde ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet, sowie ein Maßnahmenpaket veranlasst, für dessen Umsetzung der Sonderkommissar für den Müllnotstand in der Region Kampanien zuständig ist (2). Aus unserer Sicht ist es dringend notwendig, dass die Kontrollen intensiviert werden und eventueller radioaktiver Müll in Zukunft auch tatsächlich wieder nach Italien zurück geschickt wird, damit Vorkommnisse dieser Art sich nicht wiederholen.

Wir leben in einer Staatengemeinschaft. Dies bedeutet auch einen solidarischen Umgang miteinander, vor allem wenn einer der Partner Probleme hat. Als Einzelfall betrachtet ist diese Hilfsaktion also sinnvoll, muss aber trotzdem eine Ausnahme bleiben. Der Ausgleich deutscher Überkapazitäten mit italienischem Müll erzeugt in Italien keinerlei Innovationsdruck, der notwendig wäre, um moderne Entsorgungsstrukturen aufbauen zu können. Das Problem muss vor Ort gelöst werden. Hierzu wird es auch Druck von Seiten der EU und der Anrainerstaaten geben. Wirkliche Hilfe kann langfristig nicht durch den Import von Müll, sondern nur durch den Export von Technologie geleistet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Krista Sager

(1) Vgl. Drucksache 19/231, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Kleine Anfrage und Antwort des Senats vom 13.05.2008
(2) Vgl. Drucksache 19/525, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Kleine Anfrage und Antwort des Senats vom 17.06.2008