Frage an Lars Castellucci

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Lars Castellucci
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Frage von Niklas W. •

Frage an Lars Castellucci von Niklas W.

Was hat Sie dazu bewegt, für einen Anbau von Genmais zu stimmen?

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Sehr geehrter Herr Weiss,

vielen Dank für Ihre Frage.

Die SPD hat bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU auf eine klare Linie im Umgang mit Grüner Gentechnik gepocht. Die Unionsfraktion war jedoch leider nur bereit, folgende Aussage mitzutragen: „Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an.“ Unsere Formulierung, den Anbau zu untersagen, scheiterte am Kanzleramt.

Das Abstimmungsverhalten Deutschlands zur Zulassung der Maislinie 1507 auf europäischer Ebene wurde im Kabinett entschieden. Die SPD-geführten Ressorts und das CSU-geführte Landwirtschaftsministerium sprachen sich gegen, die beiden mitentscheidenden Ministerien für Gesundheit und Forschung (beide unionsgeführt) jedoch für eine Zulassung aus. Diese uneinheitliche Meinung innerhalb der Bundesregierung und die zustimmende Haltung des Bundeskanzleramtes führten dazu, dass sich die Bundesregierung gemäß ihrer Geschäftsordnung im Rahmen der Abstimmung in Brüssel am 11. Februar 2014 ihrer Stimme enthielt. Doch selbst mit den deutschen Stimmen hätte es keine Mehrheit gegeben.

Mir persönlich gefällt diese Entwicklung auch nicht. Ich habe deshalb eine persönliche Erklärung zur namentlichen Abstimmung am 30.01.2014 im Bundestag abgegeben. Dies gab mir wenigstens die Möglichkeit zur Stellungnahme. Denn eines ist klar: Solche Situationen, in denen man entgegen seiner eigenen Auffassung stimmen muss, wird es noch häufiger geben. Warum das so ist, möchte ich Ihnen gerne erklären.

Wie viele andere auch, habe ich mir diese Koalition nicht gewünscht, aber die Wahl ist nun einmal so ausgegangen wie sie ist. Wir haben als SPD viel durchsetzen können, wofür wir nun die Union in der Umsetzung brauchen. Umgekehrt gilt das natürlich auch. Dies alles ist im Koalitionsvertrag geregelt. Was sich für einige Wählerinnen und Wähler nun wie ein gebrochenes Wahlversprechen darstellt, ist also nichts anderes als Vertragstreue dem Koalitionspartner gegenüber.

Natürlich könnte jeder Abgeordnete sich so verhalten wie ihm beliebt. Es wäre dann allerdings so, als würden in der Familie oder im Unternehmen oder Verein auch immer alle nur das machen, was sie wollen. Verlassen könnte man sich dann auf nichts mehr. Wähler könnten auch überhaupt nicht mehr erkennen, was sie jeweils wählen. Deshalb habe ich mich vertragstreu verhalten und dem Grünenantrag nicht zugestimmt.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die Grünen derzeit häufig unsere alten Anträge einbringen, um uns vorzuführen. Auch das gehört eben in der Politik dazu. Die Grünen wären im Übrigen in der gleichen Bredouille, wenn sie regieren würden - und das mit gerade einmal acht Prozent. Darüber hinaus muss ich ganz klar sagen: Wenn 88 Prozent der Menschen gegen Gentechnik sind, dann verstehe ich nicht, warum ganze 42 Prozent die CDU wählen, eine Partei, die sehr deutlich für Gentechnik eintritt.

Schlussendlich kenne ich kein besseres Verfahren als die Demokratie mit ihrer Mehrheitsregel. Davon unbenommen wird es natürlich immer wieder möglich und nötig sein, Dinge in Frage zu stellen und Gewissensentscheidungen zu treffen.

Als SPD werden wir weiter für unsere Positionen kämpfen. Wir suchen jetzt nach parlamentarischen Möglichkeiten, den o. g. Satz im Koalitionsvertrag trotzdem mit Inhalt zu füllen – beispielsweise mit Hilfe von opt out - Regeln oder Kennzeichnungspflichten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Lars Castellucci

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