Frage an Marianne Linke bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Marianne Linke
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Frage von Tom H. •

Frage an Marianne Linke von Tom H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Dr. Linke,

mich beunruhigt sehr das Aufkommen des Rechtsextremismus in unserem Land. Auch in Mecklenburg-Vorpommern besteht die Gefahr, dass rechtsextreme Parteien in den Landtag kommen. Noch schlimmer finde ich, dass viele Jugendliche sich mit den Parolen der alten und neuen Nazis identifizieren. Perspektivlosigkeit und Arbeitslosigkeit werden Gründe dafür sein, aber auch fehlende Kontakte zu anderen Lebenswelten und der Wunsch nach einfachen Lösungen fördern Feindbilder und Vorurteile.

Wie sehen Sie dieses Problem?

Was machen Sie, was macht Ihre Partei und was macht die Regierung von M-V, um Jugendlichen einerseits Perspektiven zu schaffen, sie zu fördern und zu fordern und was wird ausserdem getan, um auch die Diskussionsfähigkeit und das Denken der Jugendlichen zu entwickeln?
Und nicht zuletzt: Wird den organisierten Rechten in M-V Einhalt geboten? Konnte eine "Aktion Schulhof" verhindert werden?

Mit freundlichen Grüssen
Tom Heyn

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Heyn,

die NPD gehört nicht in den Schweriner Landtag.

Alle im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vertretenen Parteien haben deshalb vor einem dreiviertel Jahr das Landesprogramm „Demokratie und Toleranz – für ein weltoffenes Mecklenburg-Vorpommern“ verabschiedet. Auf dieser Basis wehren sich Parteien und Wähler mit vielen Aktivitäten gemeinsam gegen rechtsextremistische Tendenzen.

Wir leben in einer Gesellschaft, die in den vergangenen 15 Jahren gravierende Veränderungen erfahren hat. Eine permanent verfehlte Steuer- und Finanzpolitik aller Bundesregierungen hat die hohe Arbeitslosigkeit auch in Mecklenburg-Vorpommern immer mehr verfestigt. Kinder und Jugendliche, die in einem Umfeld groß werden, in dem sie täglich die soziale Unsicherheit ihrer Eltern miterleben, brauchen von klein auf Halt.

Braune Rattenfänger hoffen, persönliche Unzufriedenheit in eine Ablehnung der Demokratie ummünzen zu können, indem sie Nationalismus, Fremdenhaß sowie Rassismus propagieren und sich gleichzeitig bürgernah, leutselig und heimatverbunden geben. Ausländer, Anderslebende, Andersdenkende sollen zu Feindbildern und Sündenböcken gemacht werden.

Demokratie und Toleranz müssen erlernt, erlebt, gelebt werden. Die Auseinandersetzung mit den Neonazis bedarf vor allem der Aufklärung unserer Kinder und Jugendlichen, einer Rückschau in die deutsche Geschichte mit den Millionen „willigen Vollstreckern“ der faschistischen Verbrechen aber auch den millionenfachen Opfern im Krieg, im illegalen Widerstand, in den Konzentrationslagern, Haftanstalten und psychiatrischen Vernichtungsstätten, um die eigene Verantwortung für ein friedliches Miteinander der Völker zu erkennen.

Es ist unsere politische Erfahrung, dass die dumpfen Parolen der Rechtsextremen von aufgeklärten Menschen schnell entlarvt und widerlegt werden.

Die Auseinandersetzung mit den Neonazis bedarf auch einer Stärkung unserer eigenen demokratischen Strukturen mit toleranten, pluralen Umgangsformen. Nazis mit ihrer auf Führerschaft, Unter- und Überordnung sowie Ausgrenzung basierenden Strukturen gefährden unser demokratisches Gemeinwesen, dürfen hier kein Podium für ihre menschenverachtenden Vorstellungen erhalten.

Der Einsatz für Demokratie und Toleranz erfordert einen langen Atem; er muss bereits im Kindesalter beginnen. Es geht deshalb darum, gerade Kindern und Jugendlichen, jungen Erwachsenen vielfältige Gelegenheit zu geben, Demokratie zu erleben und sie durch eigenes Handeln erfahrbar zu machen.

Das Ziel der Landesregierung ist eine aktivierende Politik für Kinder- und Jugendliche. Ich bin überzeugt davon, dass Menschen, die sich selbst Perspektiven schaffen und ihren Horizont erweitern, engstirnige Weltbilder wie das der Rechtsradikalen für sich nicht akzeptieren.

Die Landesregierung hat mit ihrer Bildungsoffensive in den Kitas die Grundlagen dafür gelegt, dass sich die Kinder und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern zu eigenständigen und mündigen Bürgern entwickeln können. Hier erleben Kinder, hier entwickeln die Kleinen im Miteinander – wie wohl im späteren Leben nie wieder so intensiv – soziale Kompetenz, gegenseitige Akzeptanz, Respekt und eben auch Toleranz. In allen Lebensbereichen der Kinder und Jugendlichen müssen zugleich die Möglichkeiten der Mitwirkung gestärkt und weiterentwickelt werden. Gerade diesem Aspekt hat die Landesregierung bei der Erarbeitung des Kinder- und Jugendprogramms besonderes Augenmerk geschenkt. Die Landesregierung hat die Möglichkeiten für Partizipation und eine effektive Beteiligung Jugendlicher an politischen und gesellschaftlichen Prozessen ausgeweitet.

Unser Politikansatz lautet: Mitmachen statt Zuschauen. Die als Projektwerkstatt gestalteten Jugendevents Prora03 und Prora06 mit 15.000 bzw. 8.000 Jugendlichen des Landes sind dafür ein beredtes Zeugnis.

Je mehr Menschen lernen, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen, umso kleiner wird die Verlockung, sich überholte, inhumane Weltbilder zu eigen zu machen. Hierin liegt das Rezept, um den vermeintlich Unverbesserlichen zu helfen, dass sie auf demokratische Positionen zurückfinden.

Die Landesregierung, die gesamte Gesellschaft trägt hierfür politische und finanzielle Verantwortung. Ich bin sehr froh, dass wir das einzige Land der Bundesrepublik sind, wo die finanziellen Mittel für die kinder- und jugendpolitischen Massnahmen nicht gekürzt wurden. Egal, auf welchen Platz ich nach dem 17.09.2006 stehen werde, in diesem Sinne werde ich meine politische Arbeit fortsetzen.

Wir werden in den letzten Tagen des Wahlkampfes alles tun, damit möglichst viele Menschen zur Wahl gehen und ihr Engagement gegen Rechts mit einer Stimme für eine demokratische Partei dokumentieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Marianne Linke