Frage an Marieluise Beck bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Marieluise Beck
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Frage an Marieluise Beck von Kerstin R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Beck,

Welche Schritte werden Sie einleiten um die prekäre Lage der Pflege - insbesondere der Altenpflege, zu verbessern und die Kriminalisierung eines Berufsstandes zu stoppen?
Was denken Sie über die Validierung der Altenpflegeeinrichtungen mittels eines nicht validierten Instrumentes, wie es der MDK verwenden wird?
Wie denken Sie , Wie denken die Grünen über die Gründung von Pflegekammern?

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Reinelt, Dipl. Berufspädagogin Pflege, verantwortliche Pflegefachkraft im Alten- und Pflegeheim der Bremischen Schwesternschaft vom roten Kreuz GmbH

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Reinelt,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen, die ich folgendermaßen beantworten möchte:

1. Welche Schritte werden Sie einleiten um die prekäre Lage der Pflege - insbesondere der Altenpflege, zu verbessern und die Kriminalisierung eines Berufsstandes zu stoppen?

Antwort: Wir stimmen Ihnen vollkommen zu, die Negativ-Berichterstattung oder die Belastungssituationen von Pflegekräften durch unzumutbare Arbeitsbedingungen, tragen nicht dazu bei, dass Ansehen des Berufes zu verbessern und auch nicht, um neue Bewerberinnen und Bewerber für den Beruf zu gewinnen. Deshalb ist für uns grundlegend, dass Pflege ein deutlich positiveres Image erhalten muss, was auch über die Medien transportiert werden sollte.

Ein positiveres Image fängt bei einem ressource- und teilhabeorientierten Pflegebegriff an, der an den individuellen Bedürfnissen der Pflegebedürftigen ansetzt. Einen solchen Paradigmenwechsel werden wir nur mit einer mutigen und umfassenden Pflegereform bewirken können. Dafür werden wir uns einsetzen. Um das Negativ-Image des Pflegeberufs zu beseitigen, gehört aber auch, dass Pflege nicht mehr automatisch mit großen Pflegeeinrichtungen, die kaum Raum für menschliche Begegnung ermöglichen, assoziiert wird. Wie man heute weiß, ist die Berufszufriedenheit von Pflegekräften, dort am höchsten, wo eben diese Zeit zur Begegnung möglich ist und lebensweltliche Bedingungen existieren wie bspw. in Wohngemeinschaften für alte Menschen, oder aber auch in deren häuslicher Umgebung. Für solche Orte der Pfleg werden wir uns besonders stark machen.

Der Pflegeberuf darf zudem nicht mehr auf ärztliche Assistenz reduziert werden. Pflege ist inzwischen eine eigenständige Profession mit zunehmend mehr eigenen wissenschaftlichen Grundlagen. Nicht zuletzt deshalb braucht Pflege mehr Entscheidungs- und Handlungsautonomie. Deshalb halten wir es aber auch für notwendig, die Handlungsfelder innerhalb der Heilberufe neu zu definieren und aufzuteilen.

Die Attraktivität des Berufsbildes hängt ebenso mit Weiterentwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten zusammen. Deshalb werden wir uns für ein durchlässiges und abgestuftes Ausbildungssystem einsetzen, in dem jeder/jede die Möglichkeit hat den Pflegeberuf zu erlernen und sich bis hin zum Hochschulstudium zu qualifizieren.

Pflege ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe und leistet einen sehr wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Das muss sich in den Löhnen und Gehältern der Menschen widerspiegeln. Dieses Ziel zu erreichen ist uns ein wichtiges Anliegen. Die Einführung eines Mindestlohns kann dabei nur ein erster Schritt sein. Wir halten noch viele weitere Aspekte zur Attraktivitätssteigerung des Berufes für erforderlich, wie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, mehr betriebliche Gesundheitsförderung usw., wollen hiermit jedoch nicht den Rahmen der Beantwortung sprengen.

2. Was denken Sie über die Validierung der Altenpflegeeinrichtungen mittels eines nicht validierten Instrumentes, wie es der MDK verwenden wird?

Antwort: Aus der Frage geht leider nicht deutlich hervor, welches Instrument Sie genau meinen. Ich nehme aufgrund der aktuellen Debatte an, dass ihre Frage auf die neuen Bewertungssystematik der Qualität von Pflegeeinrichtungen ("Schulnotensystem") des MDK zielt. Grundsätzlich begrüßen wir, dass die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen in der ambulanten wie stationären Pflege künftig veröffentlicht und für die Versicherten verständlicher dargestellt werden sollen. Das neune Bewertungsinstrument des MDK zur Darstellung der Qualität von Pflegeeinrichtungen nach Schulnoten, sehen wir Grüne jedoch skeptisch und werden die Wirkung dieser neuen Systematik kritisch begleiten.

Natürlich ist es leicht verständlich, wenn bei einer Prüfung am Ende ein ?sehr gut? oder ein ?ausreichend? steht. Entscheidend ist jedoch, wie es zu dieser Benotung kommt und ob sie ein wirklich objektives Bild der Pflegequalität abgibt. Unseres Erachtens besteht die Gefahr der ?Schein-Transparenz?. Zwar werden künftig mehr und auch wichtige Kriterien geprüft, zum Beispiel ob bei Demenzerkrankten auch die Angehörigen in die Pflege einbezogen werden. Es handelt sich dabei jedoch um Ja-Nein-Fragen. Selbst wenn man dies bejahen kann, so sagt das noch nichts darüber aus, in welcher Qualität und Häufigkeit dies geschieht oder ob es zur gelebten Pflegephilosophie einer Einrichtung zählt. Der Transparenz auch nicht besonders dienlich ist es, dass es keine bundesweite Internetadresse für die Prüfergebnisse geben soll, sondern in jedem Bundesland eine. Dies trägt nicht gerade zur besseren Übersichtlichkeit für die Versicherten bei. Zudem sin d die Betroffenen selbst, die Selbsthilfe und Verbraucherorganisationen viel zuwenig in die Entwicklung der neuen Prüfsystematik eingebunden worden.

3. Wie denken Sie, Wie denken die Grünen über die Gründung von Pflegekammern?

Antwort: Pflegenden muss künftig eine deutlich stärkere Stellung auch bei politischen Entscheidungen im Gesundheitswesen zukommen. Aus unserer Sicht muss es dabei um eine gebündelte, kraftvolle Vertretung der Pflege und damit um mehr Professionalisierung und Eigenständigkeit gehen. Ob die bloße, gesetzlich Einrichtung einer Kammer dies löst, sehen wir skeptisch. Zudem beinhaltet das Konzept einer Kammer eine Pflichtmitgliedschaft, der wir GRÜNE grundsätzlich kritisch gegenüberstehen. Neben damit verbundenen zu klärenden verfassungsrechtlichen Fragen, kann nur der Berufsstand selbst klären, ob er eine Kammer oder ggf. andere Optionen für die geeignete Vertretungsform hält. Dennoch halten wir es für sehr sinnvoll, diese Debatte konstruktiv fortzuführen.

Ich hoffe, ich konnte unsere Positionen verdeutlichen und verbleibe
Mit den besten Grüßen

Marieluise Beck, MdB