Frage an Marion Butz bezüglich Bildung und Erziehung

Marion Butz
FDP
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Frage von Sabine G. •

Frage an Marion Butz von Sabine G. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrte Frau Butz,

als Elternvertreter der beiden Erdinger Gymnasien haben wir folgend Fragen an Sie:

Fragen an die Landtagskandidaten - Thema: Schulpolitik

1.In der bayerischen Schulpolitik gibt es seit einigen Jahren immer nur punktuelle Veränderungen, um die eklatantesten Mängel zu beheben.
Haben Sie bzw. hat Ihre Partei ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Bildungspolitik?

2.Die soziale Herkunft entscheidet meist über eine erfolgreiche Schullaufbahn. Was sollte getan werden, um das zu ändern?

3.Das bayerische Schulsystem beruht größtenteils auf Auslese. Welche Maßnahmen möchten Sie ergreifen, um den Schwerpunkt auf Förderung statt Auslese zu legen?

4.Wie stehen Sie zur bayernweiten Einführung und Finanzierung der Schulsozialarbeit an allen Schulen?

5.Halten Sie die jetzige Lehrerausbildung für reformbedürftig und wenn ja, in welcher Richtung?

6.Planen Sie, die Klassenstärken an den Gymnasien zu verringern und wenn ja, in welchem Zeitraum?

7.Welche Maßnahmen möchten Sie ergreifen, um den gravierenden Fachlehrermangel z. B. in den Naturwissenschaften und in Latein an den Gymnasien zu beheben? Wir denken dabei an pädagogisch ausgebildete Fachlehrer!

8.Wie möchten Sie eine ausreichende Versorgung mit Ausbildungsstellen bzw. Studienplätzen für den doppelten Abiturjahrgang in zwei Jahren sicherstellen? Eine Verweisung auf Kapazitäten in den neuen Bundesländern ist sicher keine Lösung!

Herzlichen Dank für Ihre Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Dieckmann, Gymnasium Erding II
Sabine Griebel, Anne-Frank-Gymnasium

Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Dieckmann, sehr geehrte Frau Griebel,

vielen Dank für Ihre Anfrage, Sie greifen darin bereits die größten Probleme an unseren Schulen auf.
Auch wenn es schwierig ist, ein so vielschichtiges und komplexes Thema in Kürze abzuhandeln, werde ich versuchen, Ihnen einen Überblick über das Programm der FDP zur Bildungspolitik zu geben, das ich 100%ig unterstütze.

Sollte weiterer Informations- oder Diskussionsbedarf bestehen, können Sie jederzeit wegen eines persönlichen Termins auf mich zukommen.

Die FDP möchte, dass jedes Kind bestmöglich gefördert wird und möglichst alle Kinder einen Schulabschluss bekommen. Dabei sind wir uns bewusst, dass jedes Kind und auch das individuelle Umfeld eines jeden Kindes unterschiedlich ist. Deshalb halten wir weder die Gesamtschule noch das starre momentan existierende dreigliedrige Schulsystem für die richtige Lösung, sondern streben einen Mittelweg aus beiden Systemen an.

Die FDP setzt auf eine längere gemeinsame Schulzeit bis zur 6. Klasse (für besonders begabte Kinder soll es die Möglichkeit zum Übertritt auf ein Gymnasium bereits nach der 4. Klasse geben) um so eine zu frühe Selektion zu vermeiden. Danach folgt der Übertritt auf ein Gymnasium oder eine duale Oberschule, das heißt in eine Schule, in der die heutige Real- und Hauptschule unter einem Dach vereint sind. Diese beiden Schultypen sollen nur noch durch Ausbildungszweige getrennt vertreten sein, ein Wechsel des Zweiges soll je nach Leistung halbjährlich möglich sein. Auch ein späterer Wechsel vom bzw. auf das Gymnasium muss einfacher erfolgen können.

Die FDP hatte sich schon seit langem für die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit ausgesprochen, die Umsetzung in Bayern ist jedoch überhastet und ohne jedes Konzept eingeführt worden. Wir begrüßen die Überarbeitung, ob sich der gewünschte Erfolg einstellt, ist jedoch noch abzuwarten. Wichtig ist uns vor allem, dass die Schüler wie auch die Eltern durch den gestrafften aber zu wenig ausgedünnten Lehrplan nicht überlastet werden. Vielmehr wollen wir ein G8 mit einem ganzheitlichen Bildungsangebot, fächerübergreifendem Unterricht und Projektarbeit. Die Intensivierungsstunden als Kernstück des G8-Konzepts sollen beibehalten werden.

Das Problem des doppelten Abschlussjahrgangs im Jahr 2011 ist auf jeden Fall ein gravierendes. Ich denke, die Hochschulen können sich gezielt darauf vorbereiten, hier müssen zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden, die Gelder dafür sind von der Regierung zur Verfügung zu stellen. Bei den Ausbildungsstellen wird das schwieriger, schließlich haben viele Firmen nicht die Möglichkeit, noch zusätzliche Auszubildende zu betreuen, so dass auch Zuschüsse nicht helfen würden. Ich bin der Meinung, dass man hier in den intensiven Dialog mit der Wirtschaft gehen muss, um Lösungen zu finden.

Um die individuelle Förderung eines jeden Kindes zu gewährleisten, wollen wir die sofortige Verkleinerung der Klassen, wobei man hier natürlich auf das Problem stoßen wird, dass momentan zu wenig Lehrer zur Verfügung stehen (dazu weiter unten mehr), selbst wenn die Finanzierung geklärt ist. Die FDP fordert, dass in Bayern ab sofort jährlich mindestens eine Milliarde zusätzlich in die Bildung investiert wird.

Weiter wollen wir ein flächendeckendes Angebot von freiwilligen Ganztagesschulen, wobei wir hier nicht von "Halbtagesschulen" mit Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung sprechen, sondern von einem "Lebensraum Schule" mit rhythmisiertemen Unterricht, vielfältigen Lern- und Freizeitangeboten sowie differenzierter, individueller Förderung. Gerade für Kinder aus sozial schwachen Familien sehen wir so eine Möglichkeit, die schulischen Leistungen zu verbessern, unerkannte Fähigkeiten (z. B. im musischen oder sportlichen Bereich) zu erkennen und zu förden und auch soziale Kompetenz zu vermitteln.

Um eine Chancengleichheit zu Beginn der schulischen Laufbahn sicherzustellen, setzen wir uns auch für ein verpflichtendes, kostenloses Vorschuljahr ein. Dort sollen Schwächen (beispielsweise fehlende Deutschkenntnisse, Legasthenie oder Dyskalkulie) frühzeitig erkannt und die Kinder gezielt gefördert werden. Wichtig ist hier natürlich auch die verbesserte Aus- und Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher.

Eine flächendeckende Schulsozialarbeit halte ich für absolut notwendig.

Nun zu dem Problem des Lehrermangels und einer Reform der Lehrerausbildung:

Die FDP setzt hier auf ein zweistufiges Modell. Zunächst soll ein fachspezifisches Studium mit einem Bachelor-Abschluss durchgeführt werden, für das noch keine Entscheidung notwendig ist, ob später eine Spezialisierung für das Lehramt angestrebt wird oder nicht. Für die Ausbildung zum Lehrer möchten wir dann, dass an den Hochschulen sogenannte "Professional Schools of Education" eingeführt werden, an denen man einen Masterabschluss für alle Lehrämter erwerben kann. Inhalt dieses Studiums sollen vor allem Didaktik und Pädagogik sein, ergänzt durch Praxixphasen. Die Qualität, Struktur und Dauer des Vorbereitungsdienstes sollte überprüft und der Übergang zu einer systematischen, regelmäßigen Weiterbildung sichergestellt werden. Auch die Weiterbildung der Lehrer sollte über die Schools of Education erfolgen.

Mit Hilfe des Master-Studiengangs für das Lehramt könnte man innerhalb kurzer Zeit Menschen mit einem Hochschulabschluss, die bereits in ihrem Beruf arbeiten, zum qualifizierten Lehrer weiterbilden.

Ich hoffe, sie haben nun einen Überblick darüber wie wir den Defiziten in unserem Schulsystem entgegentreten wollen. Ein Baustein bei der Verbesserung eines Systems ist sicherlich immer das individuelle Engagement der Betroffenen, weshalb ich mich über Ihr Interesse und Ihren Einsatz sehr freue.

Mit freundlichen Grüßen,
Marion Butz