Frage an Markus Löning bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Portrait von Markus Löning
Markus Löning
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Markus Löning zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas P. •

Frage an Markus Löning von Thomas P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Löning,

zur Entwicklung des Antidiskriminierungsrechts in Europa werden in den Jahresberichten 2005 und 2006 der Europäischen Kommission die länderspezifischen Unterschiede bei der Umsetzung der EU-Richtlinien geschildert. Gemäß dieser Jahresberichte hat "eine bedeutende Anzahl von Mitgliedstaaten ihre neuen Antidiskriminierungsvorschriften nicht auf die in den Richtlinien aufgeführten Merkmale begrenzt. Zusätzlich zur Ausweitung der Liste der verbotenen Diskriminierungsmerkmale, haben verschiedenen Länder durch Hinzufügung einer Formulierung wie ´oder wegen anderer Umstände´, in eine nicht erschöpfende Liste geändert...".

Wäre das nicht auch für Deutschland viel geschickter? Ist es bei der deutschen Umsetzung nicht ausgesprochen tragikomisch, dass das Allgem. Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nur bestimmten Rechtssuchenden hilft und somit selber diskriminierend wirkt?

Denn nur wer wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität unrechtmäßig benachteiligt wird, kann sich auf das AGG berufen, nicht jedoch jemand, der wegen anderer Merkmale wie unattraktives Aussehen, wegen seines Dialekts oder wegen kritischer Äußerungen etc. etc. unrechtmäßig benachteiligt wird. Ist das gerecht, dass Letztere vom Schutzauftrag des AGG ausgeschlossen werden?

Sollte man diesen offensichtlichen Konstruktionsfehler nicht im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft und im Europäischen Jahr der Chancengleichheit 2007 ausmerzen?

Würde man nicht erhebliche Gerichtsprozesse und Bürokratie vermeiden, wenn man auf die Prüfung in jedem Einzelfall verzichten würde, ob nun die AGG-Kriterien erfüllt sind? Kommt es statt auf den Nachweis der AGG-Kriterien nicht vielmehr auf den Nachweis an, dass sachorientierte Verfahren praktiziert werden?

Sollte sich Deutschland nicht um eine Bewertung der länderspezifischen Umsetzungen bemühen, um das Best Practice zu ermitteln?

MfG T.P

Portrait von Markus Löning
Antwort von
FDP

Haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zur Entwicklung des Antidiskriminierungsrechts in Europa.

Die FDP setzt sich seit langem für rechtliche Verbesserungen von Minderheiten ein. Freiheit zu garantieren heißt, die Rechte von Minderheiten zu schützen. Liberale Politik setzt sich dafür ein, dass Jeder seine individuelle Lebensform frei von gesellschaftlichen und staatlichen Zwängen wählen kann. Daher setzt sich die FDP auch dafür ein, dass bestehende Diskriminierungen beseitigt werden. Insoweit begrüßt die FDP-Bundestagsfraktion grundsätzlich europaweite Antidiskriminierungsstandards.

Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt aber eine Ausweitung der Antidiskriminierungsregelungen in Europa ab. Bereits die EU-Antidiskriminierungsrichtlinien sehen weitreichende Regelungen vor. Deutschland ist bei der Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sogar über den Regelungsgehalt der Richtlinien hinausgegangen. Während die entsprechende Richtlinie für den Zivilrechtsverkehr nur die Diskriminierungsmerkmale der Rasse und der ethnischen Herkunft nennt, werden von dem deutschen Umsetzungsgesetz noch weitere Merkmale, wie z. B. Alter, Geschlecht und sexuelle Identität erfasst. Die von Ihnen vorgeschlagene Aufnahme eines Auffangtatbestandes würde zu großer Rechtsunsicherheit führen und damit im Ergebnis gerade nicht zu dem gewünschten Schutz.

Unser Rechtssystem bietet aber bereits heute einen wirksamen Schutz vor Diskriminierung. Weitergehende Forderungen greifen unverhältnismäßig intensiv in die Freiheitsrechte des Einzelnen ein. Der Abbau von Diskriminierungen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sich nicht per Gesetz verordnen lässt. Hierfür ist ein verändertes Bewusstsein notwendig. Toleranz und Akzeptanz müssen durch konkretes Handeln täglich neu gelebt werden. Es wäre bedauerlich, wenn das Ziel, Gerechtigkeit durch Gleichbehandlung zu schaffen und Diskriminierung auch im Privatrecht zu vermeiden, wegen mangelnder Akzeptanz von ausufernden Regelungen verfehlt würde.