Frage an Markus Rainer von Alfred Schmitz, G. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Rainer,
wie stehen Sie persönlich und auch öffentlich zitierfähig (bitte nicht die Parteimeinung) zur generellen Zwangsmitgliedschaft aller Unternehmen in den Industrie- und Handelskammern / Handwerkskammern?
Wie stehen Sie zur Forderung der grossen Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen (vgl. Umfragen von Markt-Intern, Die Welt, Impulse etc.) und Handwerksbetriebe, den generellen Kammerzwang, sprich den Zwang zur (Pflicht)Mitgliedschaft zu beenden?
Kennen Sie die von den Kammer-Kritikern vorgelegten Alternativen?
( http://www.kammerjaeger.org/pdfs/alternativen05.pdf )
Werden Sie in Kenntnis dieser Argumente und den aufgezeigten Alternativen sich aktiv auf politischem Weg für eine schnelle Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in den Kammern einsetzen?
Vielen Dank und freundliche Grüße aus Germering
Ihr A. Schmitz
Sehr geehrter Herr Schmitz,
ich bin als Rechtsanwalt selbst Zwangsmitglied in der
Rechtsanwaltskammer und kann daher die Bedenken gegen die
Zwangsmitgliedschaft in der IHK sehr gut nachvollziehen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN treten für die Abschaffung der
Zwangsmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern ein. Wir
meinen: Die Kammern müssen sich dem Wettbewerbsgedanken öffnen und auf
die eigene Leistungsfähigkeit vertrauen. Eine Pflichtmitgliedschaft ist
nicht mehr zeitgemäß. Nur wenn die Mitgliedsunternehmen davon überzeugt
sind, dass ihre Beiträge ein sinnvoller Beitrag für eine wirksame
Vertretung ihrer Interessen und für qualitativ hochwertige
Gegenleistungen sind, werden sie auf freiwilliger Basis Mitglieder der
Industrie- und Handelskammern bleiben. Darum aber müssen sich die
Industrie- und Handelskammern bemühen.
Gemeinsam mit der SPD haben wir im Deutschen Bundestag einen ersten
Schritt auf diesem Weg getan. Im Dritten Gesetz zur Reform der
Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften ist jetzt
geregelt, dass Existenzgründer, deren Ertrag pro Jahr 25.000 ¤ nicht
übersteigt, in den ersten zwei Jahren vollständig von den Beiträgen zu
den Industrie- und Handelskammern (Grundbetrag und Umlage) befreit
werden und im dritten und vierten Jahr von der (gewinnabhängigen)
Umlage. Existenzgründer, die Mitglieder der Handwerkskammer sind, sind
für das erste Jahr vom Grund- und Zusatzbeitrag, für das zweite und
dritte Jahr von der Entrichtung der Hälfte des Grundbeitrags und des
vollen Zusatzbeitrags und für das vierte Jahr von der Entrichtung des
(ertragsabhängigen) Zusatzbeitrags befreit, wenn ihr Gewerbeertrag
25.000 Euro im Jahr nicht übersteigt. Die Beitragsbefreiungen gelten nur
für neue Existenzgründungen (nach Inkrafttreten des Gesetzes am
1.1.2004) und nur für Existenzgründungen natürlicher Personen.
So genannte Kleinunternehmer nach § 90 Abs. 3 Handwerksordnung, die
Mitglieder der Handwerkskammern sind, sind vom Beitrag befreit, wenn ihr
Gewerbeertrag 5.200 Euro im Jahr nicht übersteigt (Bagatellgrenze).
In der SPD-Fraktion ist in dieser Frage neue Bewegung entstanden. Der
Abgeordnete Johannes Kahrs hat einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der
IHK-Zwangsmitgliedschaft vorgelegt, den wir unterstützen. Allerdings ist
in der SPD-Fraktion bisher keine Mehrheit für diesen Antrag erkennbar.
Bundeswirtschaftsminister Clement hat sich für den Erhalt der
Pflichtmitgliedschaft ausgesprochen.
Die kritische Haltung vieler Unternehmerinnen und Unternehmer zur IHK-
und HwK-Pflichtmitgliedschaft muss nun verstärkt in der Öffentlichkeit
deutlich gemacht werden, um weitere Erfolge erzielen zu können.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden auf weitere Reformen drängen.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Rainer