Frage an Martin Schwab bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Frage von Adelheid M. •

Frage an Martin Schwab von Adelheid M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Hr. Dr. Schwab,

das umstrittene Bahprojekt Stuttgart 21 zeigt,
dass die Bürger v.a. bei gr. Bauprojekten sich mehr Bürgerbeteiligung wünschen.
Welche Ziele verfolgen Sie bei diesen wichtigen Thema?

Mit freundlichen Grüßen
A. Mundinger

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Sehr geehrte Frau Mundinger,

Ihre Frage berührt zentrale Grundfragen des modernen Demokratieverständnisses. Der Fall Stuttgart 21 hat in der Tat gezeigt, wie man es NICHT machen darf: Das Projekt wurde jahrelang schöngerechnet, selbst dem Parlament wurden wichtige Informationen vorenthalten (nämlich solche, aus denen man Argumente gegen das Projekt hätte herleiten können), und man versucht bis heute, den Bahnhofsneubau mit aller Kraft durchzupauken. Und wenn man nach Berlin blickt, erkennen wir dasselbe Debakel beim zukünftigen Flughafen Berlin/Brandenburg International (BBI): Aus den Akten ergibt sich, daß die Flugrouten von Angang an anders geplant waren als die der Planung des Flughafens zugrunde gelegt wurden. Die wahren Auswirkungen des Flughafens wurden systematisch verschleiert.

Aus diesen Erfahrungen folgt eine wichtige Erkenntnis: Weder den Trägern der Großprojekte noch den Akteuren in Politik und Verwaltung kann man bei der Planung von Großprojekten Vertrauen entgegenbringen. Ich befürworte daher die Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung. Wenn man im Fall BBI bereits bei der Standortfrage die Anwohner besser eingebunden hätte, wäre vermutlich keine Mehrheit für einen Neubau in Schönefeld zustande gekommen. Auch beim Ausbau der A 100 wäre mehr Bürgerbeteiligung wünschenswert. Diese würden den politischen Akteuren nämlich vor Augen führen, daß das Teilstück zwischen Treptow und Neukölln für sich gesehen die Verkehrsströme nur verlagert, in der Summe aber keine Entlastung bring und daß das ganze Projekt nur dann einen Sinn ergibt, wenn man ernsthaft plant, den nächsten Bauabschnitt - nämlich die Verbindung der A 100 zum nordöstlichen Berliner Ring - ebenfalls zu bauen. Letzteres hätte für die Politik Konsequenz, daß sie, wenn sie den Lückenschluß der A 100 zum Berliner Ring wirklich will, den Menschen im Nordosten Berlins klar sagen muß, wen sie zu diesem Zweck enteignen möchte. Ich bin der festen Überzeugung, daß Herr Wowereit bereits jetzt den übernächsten Bauabschnitt von Treptow zum nordöstlichen Berliner Ring plant, dies den Wählern/innen aber verschweigt. Mit diesem Versteckspiel wäre bei einer besseren Bürgerbeteiligung Schluß!

Was die Flugrouten rund um den Flughafen BBI anbelangt, so bin ich im Interesse der Anwohner/innen für ein ausnahmsloses Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr. Zu oft wurde der Gesundheitsschutz wirtschaftlichen Interessen geopfert; es ist Zeit, die Prioritäten umzukehren!

Mit freundlichen Grüßen

Martin Schwab