Frage an Martina Bunge bezüglich Gesundheit

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Martina Bunge
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Frage von Rainer K. •

Frage an Martina Bunge von Rainer K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Bunge,

überall wird über die Raucher geschimpft. Ich selber bin Raucher und gleichzeitig trockener Alkoholiker. Leider suche ich die Warnhinweise, die auf Tabakwaren verlangt werden beim Alkohol nicht. Besonders wenn man überlegt, wieviel Kinder und Jugendliche bereits alkoholabhängig sind. Warum wird in dieser Beziehung nichts unternommen? Liegt es vielleicht daran, das der Alkohol die Gesellschaftsdroge Nummer 1 ist? Haben Sie schon mal über die Kosten nachgedacht, die den Krankenkassen und Versicherungsträgern als Folgekosten auferlegt werden? Nicht nur die Zigarette ist tödlich, jährlich sterben allein in Deutschland ca. 19000 Menschen am Alkohol. Wo ist da die Relation zu anderen Krankheiten? Warum gibt es eigentlich eine Drogenbeauftragte sowohl in der Regierung als auch in den Landesparlamenten?

In Erwartung auf eine baldige Antwort verbleibe ich mit freundlichem Gruß Rainer Kluth

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Sehr geehrter Herr Kluth,

man kann die Themen Nichtraucherschutz und Gefahren durch Alkohol nicht mit einander gleichsetzen. Bei der jüngsten Debatte um Rauchverbote in Deutschland ging es um den Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher vor dem Schadstoff Rauch. Sie sahen sich bisher in Deutschland vielerorts Tabakrauch ausgesetzt, ohne ausweichen zu können. In vielen Behörden, in Bahnen und in Gaststätten musste man Gefahren für die Gesundheit in Kauf nehmen, auch wenn man selbst nicht raucht. Leider hat es die Bundesregierung ausgelassen über die Arbeitsstättenverordnung, auch in Gaststätten eine einheitliche Regelung zu finden, die besonders dem Schutz der dort Angestellten gedient hätte.

Um eine Diskriminierung oder Beschimpfung der Raucher ging es in den Diskussionen nicht. Jedoch müssen sich Raucherinnen und Raucher dort einschränken, wo andere Menschen dem Qualm nicht ausweichen können.

Beim Alkoholkonsum besteht solch eine direkte Gefährdung anderer nicht. Die negativen (indirekten) sozialen Auswirkungen von Alkoholsucht sind natürlich nicht zu bestreiten. Von Tabak, wie von Alkohol gehen unbestritten große gesundheitliche Gefahren für die Konsumenten selbst aus. Als Genussmittel sind beide sicher nicht aus unserer Gesellschaft zu verbannen. Abhängige aber sollten nicht diskriminiert werden; ihnen sollte Hilfe angeboten werden.

Meines Erachtens sollten Tabak-, Branntwein-, Schaumwein-, Bier- und Alkopop-Steuer zweckgebunden in die Prävention und Suchtbehandlung fließen und nicht der allgemeinen Haushaltsfinanzierung dienen.
Die Linksfraktion setzt sich für ein Werbeverbot für Alkohol ein. Auch das bestehende Tabakwerbeverbot sollte ausgeweitet werden. Dies dient insbesondere dem Schutz von Kindern und Jugendlichen und wäre ein erster wichtiger Schritt. Auch so genannte Flatrate-Parties müssen mit rechtlichen Mitteln zum Schutz der Jugendlichen unterbunden werden.

Wie sie richtig beschreiben, sind die Folgen von Alkoholabhängigkeit für unser Gesundheitssystem groß (laut der Drogenbeauftragten der Bundesregierung sterben gar 42.000 Menschen jährlich durch Alkoholmissbrauch). Dem sollte mit Aufklärung und einer breiten gesellschaftlichen Debatte entgegen gewirkt werden. Das Bild, dass die „legalen“ Drogen wie Alkohol und Zigaretten zum modernen Lebensstil gehören, muss verändert und gesunde Lebensweisen attraktiver werden. Eine große Aufgabe…

Zu ihrer letzten Frage: Auch wenn ich als Oppositionspolitikerin das Verhalten der Regierung in vielerlei Hinsicht beim Thema Nichtraucherschutz kritisiert habe, so hat doch die Drogenbeauftragte die Debatte größtenteils positiv beeinflusst und wiederholt auf offene Probleme hingewiesen. Ähnlich hat Sie auch in jüngster Vergangenheit Diskussionen um Alkohol-Flatrate-Angebote und den Alkoholkonsum in der deutschen Bevölkerung angeregt. Das ist sicher eine „weiche“ Form von Politik, aber oft wirkungsvoller als voreilige gesetzliche Neuregelungen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Martina Bunge