Frage an Martina Bunge von Rainer H. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Runge,
in Ihrer Antwort an Herrn Selbwitz (zum Thema Privatpatienten / Kassenpatienten) haben Sie geschrieben, dass man bei einer Einheitsversicherung für alle mit einem Beitragssatz von 10% auskommen könnte. Mich würde interessieren, wie Sie zu dieser Zahl kommen.
Nach meinen Informationen finanzieren die Gesetzlichen Krankenkassen das Gesundheitswesen z.Zt. mit ca. 150 Mrd. € pro Jahr, für Privatpatienten werden ca. 70 Mrd. € aufgewandt (durch Privatversicherungen, staatliche Beihilfen für Beamte und Selbstzahlerleistungen). Von den ca. 82 Mio. Menschen in Deutschland sind ca. 10 Mio. privat versichert, der Rest gesetzlich.
Gesetzlich Versicherte zahlen z.Zt. durchschnittlich knapp 15% vom Bruttoeinkommen. Eine Absenkung des Beitragssatzes auf 10% für die bisher schon gesetzlich Versicherten würde eine Finanzierungslücke von ca. 50 Mrd. € reißen, die dann zusätzlich zu den bisherigen 70 Mrd. € von den bisher privat Versicherten und sonstigen Menschen mit Zinseinkommen aufzubringen wären, zusammen also 120 Mrd. €. Halten Sie das wirklich für realistisch oder gar gerecht? Oder wollen Sie bei den Gesundheitsausgaben so heftig sparen, dass Krankenschwestern, Ärzte und Arzthelferinnen arbeitslos werden?
Mit freundlichen Grüßen, Rainer Hoffmann
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung soll keine Sparversion einer Krankenversicherung sein. Im Gegenteil durch sie sollen nicht nur die Beiträge deutlich sinken, sondern auch die Leistungen verbessert, Zuzahlungen und Praxisgebühren zurückgenommen werden.
Sie wird damit nicht billiger als die bisherige Krankenversicherung, auch wenn ich denke, dass es einige Einspamöglichkeiten gibt, die nicht zu Lasten einer guten Versorgung gehen, wie beispielsweise eine Positivliste bei den Arzneimitteln, um endlich den uferlosen Ausgabensteigerungen bei Arzneimitteln Herr zu werden.
Die notwendigen Gelder für eine umfassende Versorgung sollen durch die Verbreiterung der Einnahmen erzielt werden.
Beispielsweise werden derzeit zur gesetzlichen Krankenversicherung nur die Lohneinkommen herangezogen. Bei der Bürgerinnen- und Bürgerversicherung würden alle Einkommen herangezogen, auch die Mieteinnahmen, Kapitaleinnahemen etc. Damit würden alle bisher privat versicherten Bürger in die gesetzliche Krankenkasse einbezogen. Zudem gibt es bisher eine Beitragsbemessungsgrenze, die dafür sorgt, dass sich der Versicherungsbeitrag bei Einkommen über 3600 € nicht mehr weiter erhöht. Damit zahlt ein Versicherter, der 7200 € verdient prozentual nur noch die Hälfte an Krankenversicherungsbeiträgen, wie jemand der 3600 € verdient. Dies müsste nach unseren Vorstellungen geändert werden. Weiterhin ist es bislang auch so, dass für ALG II Bezieher nur ein Beirag von 118 € entrichtet wird. Dieser müsste auf den Durchschnitt der Beiträge aller angehoben werden.
Ihre Einschätzungen zu den Privatpatienten kann ich nicht teilen. Meines Erachtens liegen die Versicherungsausgaben bei 17,5 Milliarden Euro (Michael Simon, Das Gesundheitssystem in Deutschland, 2008). Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die privaten Krankenversicherungen mehr für die Versorgung bezahlen, als die gesetzlichen Versicherungen. Beispielsweise zahlen sie den 2,3 fachen Satz der Gebührenordnung. Die Ausgaben würden entsprechend sinken, wenn auch für diese Versicherten der Kassensatz bezahlt würde.
Zusammengenommen ist die Lücke also nicht so groß, wie von Ihnen beschrieben, auf der anderen Seite soll mit der Bürgerinnen und Bürgerversicherung die Einnahmeseite gestärkt werden und damit ein deutlich niedrigerer Beitragssatz möglich werden.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Bunge