Frage an Martina Gregersen bezüglich Innere Sicherheit

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Martina Gregersen
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michael R. •

Frage an Martina Gregersen von Michael R. bezüglich Innere Sicherheit

Hallo Frau Gregersen,

ich würde gerne wissen, wie Sie bzw. die Grünen Fraktion zum Thema „Jugendschutz bei PC-Gewaltspielen“ stehen. Mir scheint, wenn ich die Aussagen dazu in den Nachrichten lese, eine ziemliche Unkenntnis seitens der Politiker zu diesem Thema zu bestehen und teilweise sind diese Aussagen nur von dem Bedürfnis geleitet, der Angst und schnellen Lösungssuche bei vielen Mitmenschen nachzugeben. Ich möchte einmal so frei sein und bezweifeln, dass sich die meisten Politiker wirklich mit diesem Thema auskennen. Mir kommen da schon viele Fragen in den Sinn, die bei weitem nicht beantwortet werden können von den führenden Politikern, die über dieses Thema referieren:
1. Warum werden nur Computerspiele unter die Lupe genommen, aber keine Fernsehsendungen, Musikvideos oder Filme?
2. Wann ist etwas „Gewalt verherrlichend“, bzw. wo ist die Grenze? Das Problem sollte auch bei Filmen und anderen Medien existieren, zumal die Grenze nicht einfach festzulegen ist.
3. Wenn ein Computerspiel so einfach etwas manipulieren kann wie einen Menschen – dann ist entweder unsere Entwicklung falsch gelaufen, oder vergisst man ganz einfach viele andere Faktoren, die einen Menschen prägen?
4. Das wir eine FSK haben wird meistens nur am Rande erwähnt. Ich will den Politikern nicht zu nahe treten, aber wer kennt denn tatsächlich die Computerspiele und wer liest die Zeitschriften?
Diese Fragen würden sich unendlich fortführen. Ich will hier nicht alle Aspekte ansprechen, da es ein wirklich kompliziertes Thema ist – damit meine ich Gewalt von Jugendlichen und allen Menschen. Trotzdem würde es mich interessieren, wie weit Sie sich damit auseinandergesetzt haben und welche Ansätze (Lösungen wird es nicht geben können, meiner Meinung nach) Sie haben um zum Beispiel den Extremfall „Amoklauf“ zu verhindern?
Ich schicke diese Anfrage übrigens an alle Vertreter der großen Parteien, damit ich mir einmal die Gegensätze bzw. Übereinstimmungen ansehen kann.
MfG, Michael Raudies

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Raudies,

vielen Dank für Ihre Frage. Sie sprechen ein Thema an, das mich schon länger sowohl als Mensch, Abgeordnete und besonders aber als Mutter sehr beschäftigt. Natürlich lehne ich als Pazifistin heute Kriegsspiele und Töten ab - selbstverständlich also auch auf dem PC.
Trotzdem muss ich ehrlich sein und zugeben, dass ich als Kind auch gern Räuber und Gendarm gespielt habe - zu gern eine Pistole gehabt hätte (was ich nicht durfte) und beim spielen mit Attrappen aus Holzstöcken auf meine Freunde geschossen habe.
Und weiterhin muss ich zugeben, dass ich, als die erste Generation von Telespielen auf dem Markt war, als Jugendliche bei Freunden mit einem Raumschiff über den Bildschirm flog und sich mir in den Weg stellende Gesteinsbrocken wegschoss. Trotz allem bin ich aber ein friedliebender Mensch geblieben, der Gewalt in jeder Form ablehnt.

Es ist sehr wichtig, auch seine eigene Jugend und Entwicklung nicht ganz zu vergessen, wenn man nun über die heutigen Spiele der Jugendlichen nachdenkt. Aber die neue Generation von Spielen hat sich teilweise schon erschreckend weiter entwickelt. Ich finde es sehr bedenklich, wenn nun z.B. die Spielfiguren in den "Killerspielen" wie echte Menschen aussehen, die in Kampfanzügen und bis über die Ohren bewaffnet auf andere Menschen schießen, Granaten auf sie werfen oder das Messer nutzen müssen, um lange im Spiel zu überleben und dadurch einen hohen Punktestand zu erreichen. Natürlich sind das Spiele, die kein Kind spielen darf und von denen man auch Jugendliche so lange wie möglich fernhalten sollte.

Und auch bei Filmen muss ich Ihnen Recht geben. Aber auch diese brutalen Filme gab es schon als ich 16 oder 18 Jahre alt war und ich mich weigerte, diese weiter anzusehen. Kinder und Jugendliche müssen auch vor solchen Filmen geschützt werden. Auch wenn natürlich die meisten Konsumenten von damals heute noch friedliche und sozial engagierte Mitbürger sind. Ich kenne Menschen, die solche Filme guckten, und heute Tiere retten und immer noch kein Auto fahren, um Lebewesen keinen Schaden zu zufügen.

Wie man aber auch in den letzten Jahren in den USA oder Deutschland erleben musste, können Gewalt verherrlichende Spiele direkte Gefahren in sich bergen: Exzessives Computerspielen - insbesondere auch von Killerspielen - war bei vielen Amokläufern zentrale Freizeitbeschäftigung.

Trotzdem gibt es aber Millionen von Menschen, die diese Killerspiele spielen und im realen Leben nie gewalttätig werden. Nicht jeder, der also Gewalt verherrlichende Computerspiele spielt oder sich brutale Filme anschaut, stellt eine Gefahr dar. Die Gefährdetenquote liegt hier wohl eher im Promille Bereich.

"Killerspiele" sind größtenteils also nicht die Ursache von Gewalttaten. Die dürfte eher in einer Persönlichkeitsstörung oder durch Vernachlässigung der psychologischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen liegen. Es ist noch nie jemand zum Mörder geworden, nur weil er ein bestimmtes Spiel gespielt hat, immer kamen auch andere Probleme wie Isolation, Depressionen oder Frustration hinzu.

Daher scheint es mir sinnvoll, so sehr ich einige von den Spielen und Filmen auch verachte, den Ansatz woanders als in einem totalen Verbot zu suchen. Besser fände ich es, in den Schulen gezielt an der Erziehung und dem sozialen Umgang zu arbeiten. Außerdem sollte mit Kindern und Jugendlichen über Themen gesprochen werden, wie seelische und psychische Schwächen, Frustration und Verzweiflung. Nur wenn es gelingt, mit den Kindern und Jugendlichen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und ihre Probleme zu lösen, mag es gelingen Gewalttaten in Zukunft zu verhindern. Dazu bräuchten wir SozialpädagogInnenen oder PsychologInnen, die für solche Aufgaben vor Ort sind und Zeit haben. Denn Prävention ist das beste Mittel gegen mögliche gewalttätige Ausraster!

Außerdem könnte mit den Kindern und Jugendlichen auch gemeinsam über den Grund des Spielens von Killerspielen geredet werden. Ihnen sollte aufgezeigt werden, wie sie ihre Zeit alleine oder mit anderen sinnvoller nutzen können. Eine sinnvolle und abwechslungsreiche Freizeit wäre auch gesünder und macht für das spätere Leben fit.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Martina Gregersen